Landsberg am Lech. Der Türmer ruft zum Bayertorfest

Landsberg am Lech, Stadt der Türme und Mauern läst zum Fest

Im Salzburger Land stehen deutsche Urlauber stundenlang im Stau. Die Blechlawine reicht zurück bis nach Bayern. Eine Nachricht von vielen. Der erste Tag des Sommers ist an viel Orten der erste Tag des Staus. Dabei gibt es Ziele, auch in Bayern, die man ohne längere Aufenthalte im eigenen Wagen erreichen kann. Gut, wenn die Oma wartet oder das Liebchen, dann nimmt man Staus in Kauf. Aber sonst? Wie sagt der Dichtermund? Warum denn in die Ferne schweifen, sieh, das Gute liegt so nah. Und da sind wir schon in Landsberg am Lech, einem mittelalterliches Gesamtkunstwerk, das sich vor Landshut, Freising, Lindau und den vielen anderen städtebaulichen Perlen des Freistaats nicht zu verstecken braucht, dessen Ruf als belastet gilt, seid ein Gewaltverbrecher hier einmal einsaß. Dabei wäre die Haft, auch gerne lebenslang, nicht das Problem gewesen, es war die Freilassung.


Bayerns strahlende Städte

Bayern hat einige Städte, deren Strahlkraft über das Land hinausgehen. Da ist München, die Hauptstadt, Regensburg die Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches, Nürnberg die freie Reichsstadt, Augsburg die Stadt der Fugger. Aber die mittelgroßen Städte, das sind die authentischen, die sind zunächst und vor allem sie selbst. Damit zurück nach Landsberg und die Augen gerichtet auf das große Bayertorfest vom 4. bis 6. Juli 2025.
In diesen Tagen feiert die Stadt das 600-jährige Bestehen des Bayertors mit einem großen Spektakel, das Musik, Geschichte, Kultur und Kulinarik vereint. Das Bayertor ist ein Wahrzeichen der Stadt, es wurde 1425 als Abschluss des dritten Stadtmauerrings errichtet, gen Osten, mithin gen Bayern, wie einheimische Schwaben nicht müde werden zu betonen. Doch in wenigen Tagen werden alle Besucher seinen Geburtstag feiern.
Wir haben uns dieses Bauwerk, das schon im 30jährigen Krieg als zu schwach erachtet wurde, angesehen. Orientierungstafeln auf jedem Stockwerk neben der Treppe zeigen an, auf welcher Höhe man sich befindet und was es draußen zu bestaunen gibt, und was innen, nämlich die historische Turmuhr, die sich über zwei Stockwerke zieht Ein kurzer Einführungsfilm erzählt Wissbegierigen die Geschichte des Bayertors: Herzog Ernst und seine Frau Elisabeta di Visconti hatten den Bau des Bayertors zusammen mit Herzog Wilhelm finanziert. Als Zeitreisende kommen sie zu Wort bis zur letzten Sanierung 2018.
Auf der Aussichtsplattform hat der Landsberger Maler Hans Dietrich den Blick auf die Berge – bis hin zu den Alpen – und die Stadt in einem Aquarellpanorama eingefangen, das hilft, Gipfel und Gebäude zu erkennen.

Drei Tage lang Programm


Rund um das gelegentlich als kitschig, weil farbenfroh angestrichen, geschmähte Tor erwartet die Besucher ein Programm, das sich über alle drei Tage erstreckt. Auf zwei Bühnen – der Bayertorbühne und der Turmbühne – treten Musikgruppen auf, natürlich die Stadtkapelle Landsberg, die Stadtjugendkapelle dann Pop- und Rockbands wie Cumulo Nimbus, die Funkwelle oder die Schlagerschlampen schließlich Jazz, Soul und Folk mit Bands wie Take4Friends, MilkSnitte oder der 12th Street Jazz Connection. Hinzukommen im Rahmenprogramm Stelzenläuferinnen, Feuershows, Akrobatik und kreative Darbietungen von Künstlern wie Ruven Nagel, die Moving Art Studios oder die Gruppe MagicFlow Art. Ein weiteres Highlight liefert der Ruethenfestvereins e. V. Landsberg am Lech mit Mitmachaktionen und Angeboten für kleine und große Besucher. Der Verein Landsberger Gästeführer am Lechrain e. V. lädt zu historischen Rundgängen ein. Da trifft man Ulrich der Pfeffner oder die Herzoge Ernst und Wilhelm, die über das Leben im späten Mittelalter erzählen.
Auf dem historischen Markt kann man an den drei Tagen historisches Handwerk entdecken und sich mit Souvenirs, Speisen und Getränken eindecken.

Landsberg, immer eine Reise wert


Wer es zum Bayerturmfest nicht schafft. Landsberg ist immer eine Reise wert. Auf unserer Recherche-Tour haben wir im Parkhaus unter dem ehemaligen Schloss geparkt und sind dann zu Fuß weitergezogen, natürlich zuerst zum Bayertor an der Neuen Bergstraße, dann zum Hauptplatz mit Schmalzturm, der auch schöner Turm genannt wird, und zur ersten Stadtmauer gehört. Die Kanonenkugel auf der Innenseite oberhalb des Durchgangs erinnert an die napoleonische Besatzung. Der Name Schmalzturm rührt daher, dass die Marktfrauen in seinem Schatten Schmalz und andere wärmeempfindliche Waren zu verkaufen pflegten..
Auf dem Hauptplatz begrüßt uns eine Marienstatue inmitten eines barocken Häuser-Ensembles. Die mittelalterliche Altstadt ist ein wahrer Schatz, der von gut erhaltenen Stadtmauern und Türmen umgeben ist. Ein Spaziergang durch die malerischen Gassen und entlang des romantischen Lechs bis hin zum Wehr lohnt jeden Schritt. Die Basilika Mariä Himmelfahrt ist ein architektonisches Meisterwerk ebenso das historische Rathaus. Ab 1699 wurde es in mehreren Bauabschnitten als das Neue Rathaus errichtet. Von 1717 bis 1721 wurde das Gebäude aufgestockt und mit einer fein gegliederten, hoch aufragenden Giebelfront neu gestaltet. Die Stuckfassade gehört zu den wichtigsten Schöpfungen des Baumeisters Dominikus Zimmermann, der von 1716 bis 1757 in Landsberg lebte und zeitweilig auch ein Bürgermeisteramt versah. Das Rathaus beherbergte im Erdgeschoß das Brothaus und im Keller die Arrestzelle. In den oberen Geschossen waren die beiden Kammern des Stadtparlaments untergebracht, die kleine Stube im ersten Stockwerk stand dem Inneren Rat zur Verfügung, die größere im zweiten Obergeschoß war dem äußeren Rat zugewiesen. Heute dient es überwiegend kulturellen und repräsentativen Zwecken. So veranstaltet die Stadt hier ihren traditionellen Neubürgerempfang. Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl lädt alle Bürgerinnen und Bürger, die in den letzten Monaten nach Landsberg gezogen sind, “sehr herzlich” ein und “gibt einen Ausblick darauf, was Landsberg so lebens- und liebenswert macht”. Im Anschluss lädt die Tourist-Information zu einer kostenlosen – und lohnenden – Stadtführung ein.
Denn vom 14. bis ins 19. Jahrhundert war Landsberg ein bedeutender Umschlagplatz für den Salzhandel im süddeutschen Raum. Zwischen der Westseite der Altstadt und dem rechten Ufer des Lechs entstanden im Laufe der Zeit mehrere große Salzlagergebäude. Der Salzstadel in der Hinteren Salzgasse und der Lechstadel in der Lechstraße dienten der Zwischenlagerung des Salzes vor Weiterverkauf und -transport. Doch mit dem Bau der Eisenbahn verlagerte sich der Güterverkehr von der Straße auf die Schiene und die Salzstadel verloren ihre ursprüngliche Funktion. Heute dienen sie als Wohnungen, Ladenenheiten, Stadtbücherei und Stadtarchiv.
Keine mittelalterliche Stadt ohne Hexen! In Landsberg ist das Hexenviertel nur eine Gasse, die versteckt vom Schmalzturm in Richtung Schlossberg führt. Doch wir kamen gerne durch diese Gasse, denn die Häuser hier besitzen mit ihren Holzvorbauten ein sehr romantisches Aussehen. Durch die steile Hanglage ist die Gasse nur einseitig bebaut. Oberhalb des Hanges stand einmal das Schloss, welches um 1800 abgerissen wurde. Der Name Hexenviertel tauchte erst im 19. Jahrhundert auf, als Maler dieses romantische Viertel zum Motiv ihrer Bilder wählten. Eine rothaarige Malerin sei für diesen Namen verantwortlich, heißt es. Im Mittelalter hingen hier die Gerber auf den Balkonen die Felle und Häute zum Trocknen auf. Dieses Handwerk zählte zum stinkenden Gewerbe, deshalb die Platzierung an den Stadtrand.
Eigentlich hat uns der Besuch in Landsberg am Lech so neugierig gemacht, dass wir planen, zum Bayertorfest zurückzukommen. Ob der Andrang zu Staus auf den Straßen führen wird, vor allem auf der A 96? Anzunehmen ist es nicht. Jedenfalls nachstehend die:
Öffnungszeiten des Bayertorfestes:

  • Freitag, 4. Juli 2025: 17:00 – 23:00 Uhr
  • Samstag, 5. Juli 2025: 12:00 – 23:00 Uhr
  • Sonntag, 6. Juli 2025: 10:00 – 21:00 Uhr

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Hans-Herbert Holzamer

Autor Kurzvorstellung:

Freier Journalist und Autor

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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