Die schönsten Wochenendtouren
Heidi Siefert
Landpartie – Deutschland mit dem Auto entdecken – die schönsten Wochenendtouren
Gräfe und Unzer Verlag, München, 2017
176 Seiten + Extra: Großer Deutschland-Straßenatlas 1:850.000
19,90 EUR
ISBN 978-3-8342-5139-8
36 Kurztrips durch ganz Deutschland abseits der ausgetretenen Pfade und großen Metropolen zu sehenswerten Städten, extravaganten Läden, köstlichen Adressen, außergewöhnlichen Produzenten und besonderen Menschen. Zwischen großer Kultur und eindrucksvoller Natur lässt sich Bekanntes und Unerwartetes entdecken. Zu jeder Tour gibt es Tipps und Empfehlungen zu Einkehr, Hotels und Wohnmobilstellplätzen und für viele Regionen Ideen, wie man diese aktiv erleben kann: zu Fuß, auf dem Fahrrad, mit Kajak oder SUP. Ein Buch, das Lust machen soll, einmal vor der Haustür auf Entdeckungstour zu gehen.
Erhältlich beim Buchhändler Ihres Vertrauens oder unter:
www.holiday-reisebuecher.de/produkt/landpartie
Leseprobe
Kapitel 35
Von Wasserburg bis nach Glonn
Es ist ein kulturträchtiger Landstrich – barocke Lebensart, bayerische Lebenskunst, abwechslungsreiche Landschaft und historische Gebäude zeichnen die Strecke von der Innstadt Wasserburg bis ins ländliche Herrmannsdorf aus. Letzteres thront aussichtsreich auf einem Hügel über dem Glonntal. In einem weiten Bogen geht es um den mächtigen Wendelstein. Wer weniger bergaffin ist, kann die Runde auf der Höhe von Bad Feilnbach abkürzen und die sanftere Variante ins Leitzachtal wählen, das er in Hundham erreicht.
Tourist-Info:
Marienplatz 2, 83512 Wasserburg am Inn, Tel. 080 71/105 22,
www.wasserburg.de/de/touristik
1 Bierkatakomben, Wasserburg am Inn
Es sind spannende Geschichten, die man in den Tiefen Wasserburgs erfährt. Geschichten aus Zeiten, in denen Gastronomen nicht einfach am Regler drehen konnten, um ihre Vorräte zu kühlen. Damals entstand am Südufer des Inns eine Reihe von Sommerbierkellern. Per kurfürstlichem Verbot durfte zwischen Georgi (23. April) und Michaeli (29. Sept.) kein Bier gebraut werden. So musste man sich schon im Winter um das Sommerbier kümmern, das doppelt gehopft und deshalb länger haltbar war. Dennoch sei es oft zu Engpässen gekommen, erzählen die von Witgar Neumaier initiierten »Kellerfreunde«, die mit Führungen durch die alten Anlagen Bau und Braukunst der Ahnen im Gedächtnis halten wollen. Von 1785 bis Mitte des 19. Jh. wurden die Bierkatakomben gebaut und ausgebaut. Bis ins 20. Jh. kamen die Durstigen, um hier frisches Kellerbier zu trinken. Ein Teil der sieben unterirdischen Räume, die wie ein Labyrinth miteinander verbunden sind, dient heute musealen Zwecken. Oberirdisch gefällt die Innstadt mit ihren mittelalterlichen Häusern samt Türmchen, Zinnkronen und Treppengiebeln. Seinen Beinamen »Bayerisches Venedig« verdankt Wasserburg dem Fluss, der sich in einer weiten Schleife um die Stadt legt.
Marienplatz 2, 83512 Wasserburg/Inn, Tel. 080 71/105 22 (Info und Anmeldung zu Führungen),
www.wasserburg.de/bierkatakomben
2 Schloss Maxlrain
Die vier von Zwiebeldächern gekrönten Ecktürme von Schloss Maxlrain lassen an die Burg denken, die das eigenwillige Gebäude ursprünglich war. Heute lockt vor allem das Ensemble aus Brauerei, Schlosswirtschaft und Bräustüberl mit dem größten Biergarten im weiten Umkreis. Mächtig stolz ist man hier, im Jubiläumsjahr des Bayerischen Reinheitsgebotes als »Deutschlands Brauerei des Jahres 2016« ausgezeichnet worden zu sein. Vom Biergarten schaut man über Glasrand und Teller direkt auf den Wendelstein. Besondere Konzentration ist bei Golfern gefragt, die sich nicht vom Bergpanorama hinter dem alten Baumbestand ablenken lassen dürfen.
Aiblinger Str. 1, 83104 Maxlrain/ Tuntenhausen, Tel. 080 61/907 90,
www.maxlrain.de
Tipp: Egal ob die Sonne scheint, der Nebel über die Wiesen wabert oder Schnee liegt, die Sterntaler Filze bei Bad Feilnbach haben immer etwas Magisches, Geheimnisvolles. Auch wenn sich heute niemand mehr vor umherirrenden Seelen und schaurigen Moorleichen fürchtet. Dafür kann man in der bayernweit einzigartigen Moorerlebnisstation Libellen beobachten, einen Blick auf den Eisvogel mit seinem strahlend blauen Gefieder erhaschen und mit den ziehenden Wolken die Gedanken schweifen lassen. Vom Torfstadel aus geht es auf einem 650 m langen, barrierefreien Bohlenweg zu gut beschilderten Stationen, an denen man viel Wissenswertes von der Entstehung des Torfs bis zum lange üblichen Torfstechen erfährt und warum es wichtig ist, dass man das Moor schützt. Zwischen Totholzbaum und Vogelbeobachtungshütte mit dem Blick auf Frästorffelder und Bergpanorama gibt es viel zu entdecken. Ausgangspunkt ist am Ortsrand von Bad Feilnbach, Flyer mit allen Daten zum Bad Feilnbacher Moorerlebnis gibt es bei der Kur- und Gästeinformation.
Bahnhofstr. 5, 83075 Bad Feilnbach, Tel. 080 66/887 11,
www.bad-feilnbach.de
3 Wendelstein, Brannenburg
Markant überragt der Aussichtsberg Wendelstein (1838 m) das Mangfallgebirge. Da er vor Jahrmillionen aus einem afrikanischen Korallenriff aufgeworfen wurde, findet man auf dem Geo-Park-Lehrpfad unterm Gipfel noch allerlei Fossilien. Unterirdisch wird in Deutschlands höchstgelegener Schauhöhle Erdgeschichte greifbar. Man kann am Wendelstein in den Himmel gucken, wie es Wissenschaftler in einem der weltweit führenden Observatorien tun (Juni–Sept., Fr 14 und 15 Uhr nach Anmeldung, www.wendelstein-observatorium.de/fuehrungen.html) oder einfach das Panorama genießen: Inn, Chiemsee, Watzmann, Großglockner, Zugspitze. Man kann den Berg mit Deutschlands höchstgelegener Kirche (Mai–Okt. So 11 Uhr Messe) mit ausreichend Zeit und guter Kondition zu Fuß erklimmen, von Osterhofen aus die Gondel nehmen oder von Brannenburg mit der denkmalgeschützten Zahnradbahn von 1912 fahren. Sogar heiraten ist auf dem Wendelstein möglich. Und wer hinunter nicht denselben Weg nehmen möchte wie hinauf, den bringen die Busse der Wendelstein-Ringlinie wieder zum Ausgangspunkt zurück. Landschaftlich reizvoll ist die Fahrt über die Mautstraße am Tatzelwurm, die von Brannenburg aus am Sudelfeld vorbei führt.
Zahnradbahn-Talbahnhof, Sudelfeldstr. 106, 83098 Brannenburg,
www.wendelsteinbahn.de
Seilbahn-Talstation, Osterhofen 90, 83735 Bayrischzell, Tel. 080 34/30 80,
www.wendelsteinbahn.de
4 Dorfbad Tannermühl, Bayrischzell
Im wohlig-warmen Wannenbad sitzen, während einem die kalte Gischt vom Wasserfall ins Gesicht sprüht, ist ein besonderes Erlebnis. Aus acht Metern stürzt das Wasser vom Fels. Rundherum ist nichts. In der einstigen Leinmühle des Tannerbauern hat sich der Bayrischzeller Peter Kirchberger einen Traum erfüllt und die absolut kitschfreie bayerische Version eines Day Spas eröffnet. Wer hierher kommt, taucht für ein paar Stunden in eine andere Welt ein. Der Alltag bleibt draußen. Nicht einmal Uhren gibt es, stattdessen knisterndes Kaminfeuer, eine Sauna mit Blick auf den Bach und wohltuende Anwendungen auf der in einer 150 Jahre alten Hobelbank versteckten Massageliege.
Tannermühlstr. 23, 83735 Bayrischzell, Tel. 01 72/568 56 98,
www.almbad.de/tannermuehl
Übernachten
Hotel Tannerhof, Naturhotel & Gesundheitsresort
Das ist ein besonderer Ort direkt am Hang, eigentlich ein ganzes Dorf: Völlig kitschfreie traditionsreiche Gebäude wurden mit moderner Architektur kombiniert – darunter vier Türme. Allein die Anlage ist eine Schau, doch auch das Biorestaurant kocht ausgezeichnet und die umliegende Bergwelt lädt sowieso zum Austoben ein.
Tannerhofstr. 32, 83735 Bayrischzell, Tel. 080 23/810
www.tannerhof.de
Campingplatz Wolfsee
Der kleine Platz im Leitzachtal ist von Dauergästen geprägt, doch die Touristenplätze liegen direkt am Wasser – für Kinder eine Riesengaudi.
Wolfsee, 83730 Fischbachau, Tel. 080 28/868, April–Okt.,
www.wolfsee-camping.de
5 Obermoser Biokäse, Irschenberg
So stellt man sich Landidylle vor: Ein Bauernhof mit dunklem Holz und üppig blühenden Geranien am Balkon, mit
Obstbäumen im Garten und Kühen auf der Weide. Die geben die Milch für die Käseköstlichkeiten, für die der Obermoser Hof bekannt ist. Vor zehn Jahren entschieden sich die Grundbachers, ihren eigenen Weg zu gehen und sich gegen das in der modernen Lebensmittelindustrie vorherrschende »Wachsen oder Weichen« zu stemmen. Seitdem verarbeiten sie ihre in Bioqualität erzeugte Milch zu »Heublumenkäse«, »würzigem Oberlandler«, »Camembär« und anderen Käsespezialitäten. Doch auf dem Obermoserhof gibt noch weit mehr als Käse und die Kräuter und Heilpflanzen aus Bäuerin Josefas Garten. Die Grundbachers sind außerdem leidenschaftliche Theaterspieler und Musikanten. Das geht so weit, dass der Hof immer wieder zur Bühne für hochkarätiges Volkstheater wird. Keine Schenkelklopfer, sondern Theater um ernste Themen, bei denen man auch mal
nachdenken muss. Zuletzt wurde mit der Deutschlandpremiere von Felix Mitterers »Märzengrund« ein großes Stück vor großartiger Kulisse aufgeführt.
Obermoos 1, 83737 Irschenberg, Tel. 080 25/79 62, Fr 9–18 Uhr und nach Vereinbarung,
www.obermooser-biokaese.de
www.irschenberger-theater.de
Tipp: Die Wallfahrtskapelle Birkenstein sowie das kleine Kloster, der Freialtar und die monumentale Kreuzigungsgruppe bilden einen besonderen Ort, weit weg von der alltäglichen Welt. Eine erste, kleinere Kapelle wurde im Jahr 1673 gebaut, als der Fischbachauer Pfarrer Mayer beim Beten eingenickt und ihm im Traum die Mutter Gottes erschienen war. »Hier an diesem Ort will ich verehrt werden, und denen, die mich hier anrufen, meine Gnade mitteilen«, ist die überlieferte Botschaft. Die heutige Kapelle stammt stammt aus dem Jahr 1710. Tausende Wallfahrer kommen jedes Jahr hierher, um der Gottesmutter ihre Sorgen anzuvertrauen oder einfach nur, um die Kraft des Ortes im Wald über dem Leitzachtal zu spüren. Wer mehr darüber erfahren möchte, schließt sich einer Führung von Schwester Eresta an, die Birkenstein mit ihren Kolleginnen von den Armen Schulschwestern betreut.
Kapellenweg 11, 83730 Fischbachau, Tel. 080 28/830,
www.maria-birkenstein.de
Feste und Events
April
– Palmwochenende: Kunst & Garten auf Gut Herrmannsdorf
www.herrmannsdorfer.de
Juni
– Fronleichnam: Maxlrain, Auftakt zur dreitägigen ADAC Bavaria Historic mit großem Oldtimer Festival »Oldie Feeling«
www.bavaria-historic.de
August
– 1000-Lichter-Fest in Bayrischzell
www.bayrischzell.de
Oktober
– Apfelmarkt in Bad Feilnbach
November
– 1. Sa: Leonhardifahrt in Hundham,
www.trachtenverein-fischbachau.org
6 Gasthaus Kreuzmair, Holzolling
Wegen der hausgemachten Spätzle kommen manche Gäste von weit her. Andere genießen den lauschigen Gastgarten. Und manch einer kehrt vielleicht nur deshalb ein, um sich als Wegzehrung noch ein paar hausgemachte Pralinen zu kaufen. Es gibt viele Gründe, bei Elisabeth und Herrmann Buschak, die den Gasthof in fünfter Generation betreiben, bayerische Küche »mit weitschweifendem Blick über freistaatliche und kontinentale Grenzen hinaus« zu genießen. Vom hausgemachtem Nußzopf und Striezln zum Kaffee über Kräuterküche aus dem Garten bis zur »Karibischen Nacht« unter bayerischem Sternenhimmel reicht das Angebot. Eine besondere Attraktion gibt es in kalten Wintern. Bei »Eiszapfenwetter« lädt Herrmann Buschak zur Eisskulpturenausstellung. Dann schnitzt der Hausherr mit dem Faible für das kalte Hobby wochenlang, bis sein Kühlhaus voll mit Kunstwerken ist, die dann stimmungsvoll beleuchtet im Gastgarten inszeniert werden.
Westerhamer Str. 12, 83629 Holzolling, Tel. 080 63/324, Mi/Do ab 17.30, Fr–So und Feiertage ab 11.30 Uhr,
www.gasthaus-kreuzmair.de
7 Herrmannsdorfer Landwerkstätten, Glonn
Jeder kennt die Bedeutung von WWW. Wirklich? Das muss nicht zwangsläufig »World Wide Web« heißen. Wenn in Herrmannsdorf davon die Rede ist, geht es um Weide, wühlen und Würmer. Das nämlich dürfen die hiesigen Schweine genießen: Sie haben Auslauf, Beschäftigung beim Futter suchen und nach einem schönen Schweineleben nebenbei auch noch ein äußerst wohlschmeckendes Fleisch.
Das kann man direkt vor Ort kosten. Wer mag, sucht sich im »Schweinsbräu« das beste Stück aus dem Fleisch-Reifeschrank. Oder lieber doch eine Kostprobe aus der ersten bayerischen Wurstbar? Hier ist das Tier nicht Industrieprodukt, sondern Lebewesen, für das der Mensch Verantwortung trägt. Das wird sehr plastisch bei Tier- und Hofführungen vermittelt. Die von Karl Ludwig Schweisfurth vor mehr als 30 Jahren gegründeten Herrmannsdorfer Landwerkstätten sind aber noch viel mehr: eine Bäckerei, Käserei und Brauerei; es wird Kaffee geröstet und Schnaps gebrannt. In der Handwerkstatt lernt man selber, wie es geht: Von der sachgerechten Zerteilung von Schaf und Schwein über die Zubereiten von Bratwürsten und Weißwürsten, das Brezndrehen und Brotbacken bis zum Brauseminar. Schön sind die Hofmärkte, wenn sich allerlei Künstler einfinden und ihre Kreationen verkaufen.
Herrmannsdorfer Landwerkstätten, Herrmannsdorf 7, 85625 Glonn, Tel. 080 93/909 40 Hofmarkt, Tel. 080 93/90 94 34, Mo–Fr 9–18, Sa 8.30–14 Uhr, bei schönem Wetter Gartencafé
Schweinsbräu, Tel. 080 93/90 94 45, Mi–Fr 12–14.30 und 17.30–21.30, Sa 12–21.30, So 12–17 Uhr,
www.herrmannsdorfer.de