Eine leichte Brise kommt vom Meer, und über der Ostsee strahlt ein stahlblauer Himmel. Eisschollen schieben sich vor dem Strand übereinander. Nur wenige Spaziergänger genießen diesen herrlichen Wintertag auf der Insel Rügen. Warm eingepackt unternehmen sie lange Strandwanderungen in der jodhaltigen Luft, deren wohltuende Wirkung Menschen mit Atemwegbeschwerden Linderung verschafft. So punktet Deutschlands größte Insel bei ihren Gästen. Dabei genießen sie das ständig wiederkehrende Spiel der Wellen. Vielleicht entdecken sie einen der Schätze Rügens: den Bernstein, meist gut versteckt zwischen all den andern Kieseln. Verlockend ist anschließend der Besuch eines gemütlichen Lokals, wo man sich mit Grog nach dem ausgiebigen Winterspaziergang aufwärmt. Auch sollte man sich einen frisch geräucherten Fisch nicht entgehen lassen.
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Foto oben: Aussicht vom Königsstuhl auf die Ostsee
Text: Monika Hamberger,
Fotos: Rainer Hamberger
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Mehr Sonnenstunden als anderswo „Das Clima ist rauh und hart, für den Fremden voll Tücke, für den Einheimischen gesund.“ Diese Feststellung stammt von einem Chronisten anno 1837. Die frische und reine Luft des Küsten- und Inselklimas wissen die Besucher des Archipels zu schätzen. An windschwachen, heiteren Sommertagen bildet sich eine tagesperiodische Land-Windzirkulation aus, hervorgerufen durch die unterschiedliche Erwärmung von Land und Meer, die vor allem dann auftreten, wenn der Wind schwachablandig weht. Übrigens steht Rügen bei den gemessenen Sonnenscheinstunden mit ganz oben in Deutschland. Die Hauptsaison liegt zwischen Juni und August. Für Wassersportaktivitäten ist die Ostsee um diese Zeit am wärmsten. Viele Gäste zieht es jedoch in der Vor- bzw. Nachsaison, und vor allem in der ruhigen Jahreszeit im Winter auf die Insel, um die einzigartige Kultur- und Naturlandschaft in aller Ruhe zu erkunden.
Deutschlands größte Insel liegt vor der pommerschen Ostseeküste. Sie ist durch den Rügendamm und eine Brücke über den 2 Kilometer breiten Strelasund mit dem Festland verbunden und gehört zu Mecklenburg-Vorpommern. Zahlreiche Halbinseln und Meeresbuchten geben der ungefähr 926 Quadratkilometer großen Insel ihre markante Form. Eine der herausragenden Sehenswürdigkeiten Rügens ist im doppelten Sinne des Wortes der Nationalpark Jasmund mit den berühmten Kreidefelsen. Wer kennt nicht das Bild von den imposanten Kreidezacken, die der berühmte Maler Caspar David Friedrich 1816 auf seiner Hochzeitsreise einst malte. Der kleinste Nationalpark Deutschlands befindet sich auf der Halbinsel Jasmund und umfasst den größten zusammenhängenden Waldkomplex Rügens, in dem vor allem die Rotbuche vorherrscht. Der dazugehörige Königsstuhl ist mit 118 Meter der höchste der Kreidefelsen.
Mit Volldampf voraus
Ein schriller Pfiff, eine graue Rauchfahne entweicht aus dem Schornstein, und schon setzt sich der „Rasende Roland“ am Bahnhof in Bewegung. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von ca. 30 Kilometer in der Stunde zuckelt die Schmalspurbahn zwischen Lauterbach und dem Ostseebad Göhren hin und her. Allen Widrigkeiten zum Trotz fährt die Rügensche Kleinbahn seit 1895. Dem Modelleisenbahner-Verband der damaligen DDR ist es zu verdanken, dass das nostalgische Beförderungsmittel zum „Technischen Denkmal der „Verkehrsgeschichte“ erhoben wurde. Seit 1996 befindet sie sich in privaten Händen. Außer den Endstationen hält der Zug noch an folgenden Bahnhöfen: Putbus, Binz, Sellin und Baabe. Bedarfshaltestellen sind Serams, Jagdschloss Granitz und Garftitz. Auf ein Zeichen hält der Lokführer auch mal zwischendurch zum Aus- oder Einsteigen, wie in der sogenannten guten alten Zeit.
Für die Haut, nicht für die Schultafel
Schon früh erkannten dieMenschen auf Rügen, dass Schlämmkreide ein natürliches Heilmittel gegen Rheumatismus und Hauterkrankungen war. Das 1824 in Sassnitz eröffnete Kreideheilbad gehörte zu den ersten in Deutschland. Heutzutage wird den Kreidebädern, bei einer vierprozentigen Konzentration von Kreide im Wasser oder Meerwasser z.B. Stutenmilch beigefügt, was nicht nur eine heilende, sondern auch entspannende Wirkung für den ganzen Körper hat. Im alten Kreidebruch bei Gummanzer fährt man auf dem Kreidelehrpfadallerlei Interessantes über den Naturstoff, desgleichen im Kreidemuseum. Dieses befindet sich an einem Originalschauplatz des Kreideabbaus auf der Insel. Die Ausstellung ist in der restaurierten Werkhalle des alten Kreidewerks Gummanz untergebracht und sogar im Winter zu bestimmten Zeiten geöffnet. In dem Backsteingebäude wurde noch bis 1962 gearbeitet. Das Kreidewerk war ab 1854 in Betrieb. Zum Museum gehören ein Kreide-und Naturlehrpfad sowie Außenanlagen. Während eines Gesundheitsurlaubs auf Rügen wendet man auch Thalasso-Kuren an. Bei dieser Therapie werden neben der Kreide gesundheitsfördernde Stoffe aus dem Meer verwendet, beispielsweise vitaminhaltige Mineralien. Algenpackungen oder Peelings mit Meersalz fördern die Durchblutung der Haut. Gesunde Speisen, die in Wellnesshotels angeboten werden sind Teil des Gesundheitskonzepts. Fisch sowie viel frisches Obst und Gemüse sind eine Wohltat für den Körper. Oftmals ergänzen gemeinsame Gymnastikübungen am Strand die Anwendungen.
Badeleben einst und heute
Binz galt Ende des 19. Jahrhundert als eines der bekanntesten Ostseebäder. Strikt getrennt in Damen- und Herrenbereiche begab sich die vornehme Gesellschaft während ihrer Sommerfrische in die Fluten, zusätzlich geschützt vor lüsternen Blicken durch hoch gezogene Segel. Der Herr kniete im Wasser und ließ mehrere Wellen über sich ergehen. Damit war das Bad für ihn beendet, und er kehrte in die sichere Strandregion zurück. Die Damen dagegen, wesentlich mutiger, tauchten mehrere Male in die Fluten, bevor sie sich wieder an Land begaben. Verheiratete Frauen trugen schwarze lange Beinlinge, Kittel aus Leinen, sowie einen Haarschutz. Etwas freier gekleidet durften sich die Jungfräuleins ins Wasser wagen. Mit diesen Anforderungen braucht sich der moderne Badegast nicht mehr zu befassen. Vielleicht sollte der FKK-Anhänger jedoch bei Betreten eines streng reglementierten Freikörperkultur-Sonnenplatzes doch besser sich der Sandalen und des Sonnenhutes entledigen, damit er nicht auffällt.
Informationen:
Auf der Seite www.ruegen.de wird Deutschlands größte Insel detailliert dargestellt mit den Rubriken: unsere Insel, Übernachten, Aktivitäten, Erlebnisse, Service. Auf Rügen gibt es lange, feinsandige Strände, wie z. B auch bei Binz und Sellin.
Reisebeispiel:
Kurzreisen-Erlebnis inklusive 2 Übernachtungen im Doppelzimmer mit Halbpension und einem Rasul-Bad für zwei Personen im Cliff Hotel Rügen (4 Sterne, direkt am Strand gelegen) in Sellin/Rügen bei eigener Anreise. Preis pro Person ab EUR 195, Verlängerungsnächte ab EUR 89 (Übernachtung mit Halbpension). Hier gibt es z. B. Anwendungen mit der Rügener Heilkreide in einem großzügigen Wellnessbereich. Nähere Informationen dazu unter www.dertour.de
Literaturhinweis:
Im Kunth Verlag in München erschien der Band „Unterwegs in Deutschland“; eine Beschreibung von 21 Reiserouten, deren Verlauf meist bekannten deutschen Ferienstraßen folgt; es gibt Stadtpläne der wichtigsten Metropolen, Tourenkarten mit Piktogrammen und einen 116-seitigen Deutschland-Atlas im Maßstab 1:340.000 mit ausführlich dargestelltem Verkehrsnetz für die perfekte geografische Orientierung. 544 Seiten, 957 Abbildungen; Format 26,6 x 18,5 cm; Flexobroschur, ISBN 978-3-95504-311-7; 19,95 €
www.kunth-verlag.de/unterwegs-in-deutschland