Lachend sitzt Stefan Pramstrahler mit einem Glas Wein in der Hand in der Stube seines Hotels in Südtirol. Und gut Lachen hat der Sternekoch, Hotelier, Genießer, Naturfreund, Sport-Reiter und Kunstliebhaber tatsächlich.
So viele Eigenschaften, wie er auf sich vereint, so zahlreich sind auch die Facetten, die seine Gäste bei ihm geboten bekommen. Hier in Völs, am berühmten Berg Schlern, der als steinernes Wahrzeichen von Südtirol gilt. Ich lausche dem Meister, der sich gar nicht als solcher gibt, sondern bescheiden, aber seiner Fähigkeiten durchaus bewusst daher kommt. Der Reiter des berühmten Wolkenstein-Ritts, benannt nach dem mittelalterlichen Querkopf, Ritter und Minne-Dichter Oswald von Wolkenstein, der seine Burg unweit von Völs hatte, lässt es heute ruhiger, aber keineswegs untätig angehen. Und sein Haus zeugt von der Energie, die er noch immer in die Burg mit seinen 5 Türmen steckt.
Einst waren hier Gericht, Kerker und Wehrturm zu Hause, bevor eine Gaststätte und schließlich ein Hotel einzogen. Auf 800 Jahre Geschichte blickt das Gemäuer zurück und fügt sich extravagant in die jetzt herbstlich-spätsommerliche Landschaft rund um den Schlern ein. Just werden schon die Kühe von der Alm getrieben, das Jahr neigt sich dem Ende zu. Genau die richtige Jahreszeit, um hier hoch über den Tälern auf knapp 1000 Metern Höhe die Natur in und um das Haus herum zu genießen.
Die Kunst des Genießens oder der Kunstgenuss im Turm
Und zu erleben gibt es wahrlich eine Menge.Stefans Vater Karl war ein begeisterter Kunstliebhaber. Staunend wandle ich durch die Hallen des Gemäuers und passiere ein Werk nach dem anderen, fast 2000 an der Zahl. Namhafte Künstler wie Otto Dix, Josef Beuys, Pablo Picasso, Paul Klee oder Salvador Dali geben sich hier die Ehre. Eine Sammlung unschätzbaren Ausmaßes eröffnet sich mir als Gast, die seines Gleichen sucht.
Der Wirt mit dem Vogel
Dass Stefan Pramstrahler einen Vogel hat, gibt er gerne zu. Sogar vier an der Zahl. Er blickt in sein Glas Rotwein und lächelt schelmisch unter der Büste von Ritter Oswald. Ja, der Vinum, der Wein und die Vögel, das alles hängt hier zusammen. Wein ist Poesie in Flaschen, erklärt er mir. Vögel begleiten ihn seit seiner Kindheit. Uhu Olga und Kolkrabe Rocky waren seine Haustiere in der Kindheit und Falke Hermine kam später dazu. Und weil er diese Liebe zum Vogel an seine Gäste weitergeben, sie mit ihnen teilen will, benannte er just seine vier Hausweine nach diesen Vogelarten und etikettierte sie entsprechend. Jeder Wein besitzt eine Komplexität, die dem Charakter des entsprechenden Vogels nachkommt.
Damit aber nicht genug. Es braucht einen schrägen Vogel, der diese edlen Tropfen Vinums im Hotel ausschenkt. Ein lachender Sommelier mit roter Brille und krausen Haaren, in seiner Art ein Charakter, der seines Gleichen sucht, tritt an unseren Tisch und stellt mir die vier Vögel vor. Manuel, der Haus-Sommelier weiß, wovon der spricht. Wie Stefan. Wie alle, die hier im Haus den Gast umsorgen. Die positive Atmosphäre ist spürbar, erlebbar, genießbar. Es ist die Symbiose, die hier alles bestimmt. Die Kunst, der urwüchsige Charakter des Hauses, die Art, sich Gedanken zu machen, was dem Gast gefallen kann.
Respekt auf ganzer Linie oder die alte Kuh von Völs
Diesen Respekt, dem Gast und seinem Team gegenüber zollt Hotelier Stefan auch der Natur. Er kauft alte Kühe, die keine Milch mehr geben können, lässt sie ein bis zwei Jahre auf der Weide oberhalb von Völs grasen und führt sie dann dem Gourmet in seinem Restaurant zu, wohl wissend, dass die alte Kuh das zarteste Fleisch bringt, abgehangen am eigenen Knochen, eigentlich unbezahlbar für den Gast und daher so selten wie alles andere, was hier in den teils unbehandelten Mauern in Völs zu finden ist. Elitär will man hier nicht sein, individuell schon. Ehrlichkeit und Originalität sind Stefan wichtiger als hochgeschraubte Illusionen, er will einfach ein guter Gastgeber sein.
Ich blicke hinaus auf die noch immer sattgrünen Weiden der Almen rund um den Schlern. Der Herbst lässt sich in diesem Jahr lange bitten und gibt den letzten Sonnenstrahlen des ausgehenden Sommers die Gelegenheit für ein letztes Stelldichein. Die nahe Seiser Alm lockt mich zum Wandern, vorbei an den roten, prallen Äpfeln, die nun weithin leuchten und so markant für Südtirol sind, eine Gruppe Motorradfahrer saust auf der Kurvenreichen Straße hinauf an mir vorbei. Ein Paradies für Biker und Oldtimer-Fahrer, die recht oft in der Region zu finden sind, ob der malerischen Natur und den traumhaften Möglichkeiten, ihre Maschinen zu fordern. Genuss steht auch hier im Vordergrund. Die Dolomiten mit ihren zahlreichen Möglichkeiten für Wander- und Kletteraktivitäten bieten besonders im Herbst nicht nur ein besonderes Naturschauspiel, sie locken auch zahlreiche, motorisierte Gäste an, die um die Berge herum und durch sie hindurch fahren.
Kulinarischer Herbst in Südtirol
Die weit ausrollenden Weinlagen in ganz Südtirol von Meran bis Tramin, von Bozen bis in den Vinschgau zeigen, wie vielfältig und reichhaltig das Land gesegnet ist mit flüssigen Freuden, dabei vor allem Blauburgunder, Cabernet Franc und Sauvignon, Merlot, Lagrein, Vernatsch, der Gewürztraminer, Süditroler Mavasier oder Rosenmuskateller.
Leichte Gerichte und schwere Küche gehen im Herbst Hand in Hand. Die Kastanie findet sich als Frucht in fast jedem Gericht wieder. Wild wie Hirsch mit Preisselbeeren, Reh und Wildschwein stehen gerne auf der Karte, Rind von der alten und auch jüngeren Kuh gehören immer auf den Menüplan wie auch seltener das Schwein als Spanferkel.
Und wie zu Beginn gerne eine Suppe aus Gerste oder die berühmten Südtiroler Knödel mit Frischkäse in den drei Varianten Speck, Rote Beete und Spinat dazugehören, gesellt sich am Ende eines reichhaltigen Menüs wie selbstverständlich eine Auswahl an Strudeln zum Dessert, der Apfelstrudel gehört untrennbar zu Südtirol. Eine Variation an Käsen rundet ein gelungenes Mahl in den Abendstunden ab. Ob Ahrntaler Graukäse, Butterkäse, Gorner Spitz, Heublumenkäse, Hochgall oder eine der zahlreichen und schmackhaften weiteren Sorten, die es auf den dutzenden Almen gibt, es sind Genüsse in Milch gegossen.
Modern entspannt im Tal – Latsch oder der Genussmoment im Vinschgau
Nach so vielen Hochgenüssen oben auf dem Berg zieht es mich weiter, quer durch Südtirol in den Vinschgau bei Meran, nahe der Schweizer Grenze in das Örtchen Latsch. Wo mich Johanna, die Tochter des Hauses, in dem ich Station mache, begrüßt. Auch hier steht der Vinum im Zentrum des Schaffens und die Erholung in Form von ausgiebigem Wellness auf dem Programm. In den fast 900 Jahre alten Gemäuern der sonst rundherum sehr modern und so ganz anders als in Völs daherkommenden Bleibe mit einer völlig verschiedenen und meist aus Stammgästen bestehenden Besucherschaft, genieße ich einige Stunden zu zweit in einem Private Spa im sogenannten Schlössel. Wohltuende Massagen gehen hier einher mit einem Bad in alten Bottichen, wie ich es schon in Völs erfahren durfte. Statt Heubad dort setzt man hier auf Aromatherapie.
Ich erfahre von Johanna, dass man sich hierorts erst spät zum Wein bekannt hat, erst vor wenigen Jahren beschloss die Inhaberfamilie, sich vom Apfelanbau zu verabschieden und sich dem Weißburgunder, Pinot Grigio und Sauvignon zuzuwenden.
Nachhaltigkeit ist das Zauberwort der Gegenwart. Kein Wunder also, dass man auf den eigenen Anbau beim Obst und Gemüse setzt, das kenne ich inzwischen ja als Völs. Die Authentizität des Hauses liegt in der Kontinuität, erklärt mir Johanna, ehrliche Gastfreundschaft und Genussmomente statt Illusion predigt mir die Juniorchefin und mir ist, als hätte ich diese Worte in den vergangenen Tagen schon anderswo vernommen.
Ein Schloss wie ein Märchen soll es sein – über den Wolken von Eppan
Noch einmal zieht es mich hinauf auf den Berg. Ich bewege mich von Bozen in Richtung Eppan durch grüne Lagen der Weinberge, die Trauben leuchten schon von weitem, in den Reben herrscht geschäftiges Treiben, die Lese ist in vollem Gange, das schöne Wetter wird genutzt, den Stoff der edlen Tropfen heimzuholen zur Verarbeitung. Am römisch-antiken Örtchen Missian, der übersetzt soviel wie Landgut bedeutet, geht es vorbei, steil hinauf in Serpentinen zur Burg, die hoch über den Ortschaften thront und einen Weitblick bis nach Bozen über das ganze Land eröffnet. Wahrlich, hier lässt es sich königlich residieren und leben wie ein Prinz. Die überraschende Wärme der groben Burgmauern im Inneren und die prunkvolle Ausstattung mit Kunstschätzen beeindruckt mich. Friedrich Dellago nennt sich nun der Juniorchef, der mich willkommen heißt und mich sogleich auf eine Weinführung im Schloss seiner Familie mitnimmt. Ich erfahre, dass die Weine des Hauses bereits olympische Ehren tragen und der Vinum mehrfach in den letzten Jahrzehnten die Spiele an verschiedenen Orten in der Welt begleitet hat. Die Vielfalt in den Rebsorten ist bedeutender als einzelne Favoriten erklärt mir Friedrich.
Und so wechselvoll die Geschichte er Burg ist, die ich auf meinem Weinrundgang erfahre, so prägend sind auch deren Hinterlassenschaften. Ein Bunker aus dem letzten Krieg hat endlich eine friedliche und sinnvolle Bestimmung gefunden. Als Weinbunker und Veranstaltungsort einzigartiger Konzerte dient das wenig erbauliche Gemäuer. Sinnlichkeit kommt auf, genießt man in den alten Gewölben den oft jungen Wein von ausgesuchter Qualität. Der Zweigelt Rosé Sekt ist zum Markenzeichen des Hauses geworden und findet in den alten Kriegsgemäuern seine Heimat für eine hochqualifizierende Lagerung.
Erhebend ist die Geschichte dieser Stätte der Erholung, über mir kreisen nur noch die Adler und auf einem Felsvorsprung weit oben steht die Ruine der hochmittelalterlichen Burg Boymont, besiedelt war jener Hügel bereits in prähistorischer Zeit. Wechselvoll ist auch die Geschichte der Wohnburg, des heutigen Hotels. Was der Graf von Eppan schuf, der Sekretär des Herzogs erhielt, rettet am, Ende der Weinbauer Fritz, dessen Sohn mich heute durch die in den 70er Jahren wiederaufgebaute Anlage im alten Stil führt. Königlich fühle ich mich und fürstlich ist der Aufenthalt. Hochklassig aber auf ganz andere Art, als ich es in Völs kennen gelernt habe.
Nach Völs hinüber zum Schlern blicke ich an diesem Abend, ein Glas Wein genießend entspannt über die weite Ebene des Südtiroler Landes. Wie weit und vielfältig diese viel geschundene und vom Mutterland Tirol entrissene Region doch ist und wie aktiv und geschäftig sich die Menschen doch jahraus jahrein bemühen, das beste aus der Region und ihrem Fleckchen Erde herauszuholen. Um es sich und dem Besucher so schön, so genussvoll wie möglich zu gestalten und Südtirol zu einem Ort der Passion, Ruhe und Leidenschaft zu machen. Zu jeder Jahreszeit, aber besonders im Herbst.
Kurz notiert
Wie kommt man hin?
Nach Südtirol reist man am bequemsten mit dem Auto ab Deutschland über Österreich.
Der nachhaltigste Weg ist sicherlich die Bahn, aber vor Ort kommt man ohne Auto nicht leicht von Ort zu Ort.
Wer schnell sein möchte, kann auch mit der Fluggesellschaft skyalps von zahlreichen Flughäfen, wie Düsseldorf, Berlin, Hamburg oder Kassel nach Bozen fliegen.
Unterkünfte
Stilvoll und hochklassig wohnen kann man in Südtirol in den Häusern der Vinum Hotel Gruppe
Drei davon sind
Romantik Hotel Turm in Völs
Schloss Hotel Korb in Eppan
Hotel Matillhof S in Latsch
Diese Reise wurde durchgeführt mit freundlicher Unterstützung der Vinum Hotels
Text und Bilder: Philip Duckwitz