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Sich Martin Luther wandernd zu nähern, wie es uns die Thüringer Tourist Information anbot, erschien ein probates Mittel zu sein, um all diejenigen auf das Lutherjahr 2017 vorzubereiten, denen es eine Freude ist, Reisen mit dem Anfachen von Bildungs- und Kulturresten im eigenen Hirn zu verbinden.
Und um die Glut unter der Asche zum Glimmen zu bringen, vergegenwärtigten wir uns, dass es sich am 31. Oktober 2017 zum 500. Mal jährt, dass der Reformator seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg schlug. Zwar ahnte damals niemand, was er damit auslöste, und Wittenberg liegt auch in Sachsen Anhalt und nicht in Thüringen, aber irgendwo muss man ja anfangen.
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Lutherstube auf der Wartburg
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Und wir begannen im Augustinerkloster zu Erfurt. Wandern war das noch nicht. Aber am 2. Juli 1505 befand sich der Studiosus Martin Luther auf dem Marsch von seinen Eltern in Mansfeld nach Erfurt, wo er an der Universität Jura studierte. In der Nähe des heutigen Stotternheim geriet er in ein heftiges Gewitter. Und in Todesangst tat er den Schwur:” Hilf Du, Heilige Anna, lässt du mich leben, will ich ein Mönch werden.” Und zwei Wochenspäter trat er in das Augustinerkloster ein, in dessen Hof wir uns all dies erzählen lassen, und er blieb hier bis 1511.
Heute ist das Kloster ein Baudenkmal mittelalterlicher Ordensbaukunst mitten in der Stadt, und wer ein Gefühl dafür hat, dass sich in der Nähe die Synagoge und andere Orte jüdisches Leben befinden, dem werden plötzlich die kulturhistorischen Dimensionen dieser Stadt bewusst, die eben nicht am Domberg oder der Zitadelle enden, wo Napoleon einen seiner historischen Auftritte hatten. Aber wir bleiben im Augustinerkloster, das heute auch eine international bekannte Tagungs- und Begegnungsstätte ist. Und wer sich mit dem Küchenchef gut versteht, der erfährt auch die Geschichte von einem lokalen “Heiligen”, der Puffbohne. Mit ihr wurden die katholischen, weil Mainzer, Herren aus den umliegenden Dörfern versorgt. Bonifazius war schließlich nicht nur Erzbischof von Mainz, sondern errichtete auch das Bistum Erfurt. Heute findet man die Puffbohne als Maskottchen und als Spezialität – eben im Augustinerkloster. Hinter ihr musste sogar Till Eulenspiegel, der in Erfurt einen Esel das Lesen lehrte, als Imageträger in die zweite Reihe treten. Man könnte sich mit Luthers Spuren in Erfurt, der Luthermeile, schon zufrieden geben. Langweilig würde es nicht.
Aber wir wollen in ganz Thüringen seinen Schritten und Tritten folgen. Und da muss man kräftig ausschreiten. Der Reformator muss nicht nur Sprach- sondern auch Bewegungs- begabt gewesen sein. Man hat das ganze “Reise- und Wanderland Thüringen” mit einem Netz an Lutherwegen versponnen, die alle “geschichtsträchtigen Lutherorte” miteinander verbinden. Das mit einem grünen “L” gekennzeichnete Wegenetz umfasst insgesamt 1 010 Kilometer, man mag es kaum glauben, und verteilt sich auf vier geografisch angelegte Routen. Unter dem Motto „Gehen, schauen, beten, zur Ruhe kommen“ marschiert man los, natürlich abschnittsweise, besser häppchenweise. Und unser Häppchen war auffallend klein.
Aber wer sich etwas vornehmen will, bis sich 2017 das Lutherjahr und die Lutherdekade ihrem Ende zuneigen, der kann sich mit Hilfe der Tourist Information rüsten lassen, auf Tuchfühlung mit der Historie und den Wirkungsstätten des Reformators zu gehen. Das kann bis zur persönlichen Betreuung gehen, Lutherfinder stehen bereit zu erklären, zu helfen und zu erzählen. Die überaus reizvollen Thüringer Landschaften und auch den ganzen Rest des an Fürstentümern, Städten, Schlössern, Burgen und Erinnerungsstätten der wechselhaften deutschen Geschichte überaus reich beschenkten Landes bekommt der Lutherpilger als Draufgabe hinzu.
Natürlich wollen auch andere am Luther-Hype teilhaben, vor allem Sachsen-Anhalt mit der Lutherstadt Wittenberg, wo mit dem Anschlag der 95 Thesen an die Türe der Schlosskirche die Reformation in Deutschland ihren Anfang nahm. Daher haben sich drei Bundesländer, Sachsen, Sachsen- Anhalt und Thüringen zu einer Aktion zusammengefunden. Unter dem Titel „Eine Reise durch Mitteldeutschland im Zeichen der Reformation“ lassen sich mittels Pilgerpass die verschiedensten Stationen entlang des Weges aller drei Bundesländer abstempeln.
Aber Thüringen hat eine Sonderstellung. Hier lassen sich überall Luthers Spuren entdecken: In Schmalkalden legte er 1530 seine Glaubensgrundsätze vor, in Eisenach auf der Wartburg übersetzte er das Neue Testament, in Erfurt lebte er für sieben Jahre im Augustinerkloster und in Möhra befindet sich das Stammhaus seiner Familie. Alles abzulaufen kommt für uns nicht infrage. Von Erfurt aus besuchen wir einige ausgewählte Abschnitte des Lutherweges: Im Glasbachgrund bei Steinbach wurde Luther einst gefangen genommen. Zwischen Schmalkalden und Tambach-Dietharz machte er im Tammichgrund Station, als ihn ein Nierenleiden plagte. Die Legende besagt, dass der Genuss des reinen Wassers am “Lutherbrunnen” die Heilung Martin Luthers bewirkte. Auf einer anderen Teilroute von Saalfeld nach Rudolstadt statten wir der Stadtkirche St. Johannis in Saalfeld einen Besuch ab: Das Chorgewölbe nimmt uns gefangen mit einer farbenprächtige Darstellung einer “Himmelswiese”, auf der etwa 80 Blumen und Pflanzen aus dem Mittelalter zu entdecken sind. In den Sammlungen des Stadtmuseums im Franziskanerkloster, so erfahren wir, befindet sich ein Gebetsbuch Martin Luthers mit handschriftlichen Anmerkungen.
Aber vorher, in Erfurt, mussten wir noch einige Stationen einlegen. Zum einen im Collegium Maius, dem Hauptgebäude der Alten Universität in Erfurt, die von 1392 bis 1816 bestand. Ein ab 1998 im alten Stil errichteter Neubau befindet sich in der Michaelisstraße im sogenannten „Lateinischen Viertel“. Das neue, alte Gebäude hat seit 2011 prominente Mieter: das Landeskirchenamt der 2009 durch Fusion entstandenen Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Die Geschichte des Collegium Maius ist mit dem “tollen Jahr”, als sich im Jahre 1510 Studenten und Landsknechte um die Finanzierung der Universität prügelten und als Zentrum des Aufbruchs in der Wendezeit überaus reich an Geschichte und Geschichten. Der Student Luther ist da eigentlich nur eine – wenn auch welthistorische – Figur am Rande. In der Michaeliskirche, der Universitätskirche der Universität Erfurts, verharren wir in Andacht, weil Luther hier predigte. Aber wie so oft: Die Reformation ist nur eine der prägenden und heute noch erlebbaren Epochen. Die Kirche liegt an der Via regia, in unmittelbarer Nachbarschaft des jüdischen Viertel von Erfurt.
Martin Luther, der zwischen 1501 und 1505 in Erfurt studierte, besuchte regelmäßig die Messen in der Michaeliskirche. Er predigte hier am 21. Oktober 1522, nachdem 1520 der erste evangelische Gottesdienst stattgefunden hatte. Bonemilch hatte Luther 1507 (wahrscheinlich am 3. April) im Dom zum Priester geweiht. Luthers Freund Johannes Lang, der Reformator Erfurts, predigte ab 1530 in der Michaeliskirche und wurde 1548 hier begraben. Im Dom St. Marien treffen wir, “sein” Jahr ist gerade vorüber, Lucas Cranach. Er, der Ältere der beiden Cranach, war Luthers Weggefährte und Propagandist in der Reformation. Im Angermuseum sind seine Werke zu besichtigen, und eben hier im nördlichen Seitenschiff des Doms St. Marien, stehen wir staunend vor der ” Verlobung der Heiligen Katharina”.
St. Marien wurde 1117 erstmals urkundlich bezeugt. Sein Bau ging schnell voran, da man bei den Bauarbeiten 1154 die Überreste der heiligen Bischöfe Adolar und Eoban entdeckt zu haben glaubte. Die Kirche war daher bereits 1170 benutzbar, was sich glücklich fügte, da in diesem Jahr Ludwig III., der Sohn des Landgrafen Ludwig des Eisernen von Thüringen, dort von Kaiser Friedrich I. Barbarossa zum Ritter geschlagen wurde. Und dann geht es, per Pkw, zum Lutherstein in Stotternheim bei Erfurt, eben an die Stelle, wo Luther von dem Unwetter überrascht wurde, dass ihn zum Mönch werden ließ.
Dann sind wir wirklich im Thüringer Wald, der eben nicht nur den Rennsteig sein eigen weiß, nicht nur das UNESCO-Biosphärenreservat Vessertal, nicht nur den Goetheweg, nicht nur das verwunschene Dorf der ungetreuen Wilderer und vieles andere mehr, sondern nun auch den Lutherweg. Der Wald, mal lichter Mischwald, mal finsterer Tann, weiß mit allem umzugehen. Die Furchen, welche die Köhler zogen und die Wege, die moderne Touristiker anlegten, nimmt er in gebotener Gelassenheit hin.
Wir wandern bis Schmalkalden den Weg von 17 Kilometern, der in Teilen dem historischen Reiseweg Luthers im Jahre 1537 entspricht. Luther wohnte ab dem 7. Februar 1537 im Hause Balthasar Wilhelms in Schmalkalden, dem heutigen Lutherhaus, und predigte zwei Mal in der Stadtkirche St. Georg. Hier veröffentlichte er seine berühmten Schmalkaldischen Artikel, die als Glaubensbekenntnis der evangelisch-lutherischen Kirche ihren Weg in die Welt nahmen und auf die noch heute viele evangelische Pfarrer weltweit ordiniert werden. Aufgrund eines Nierenleidens, das ihm unerträgliche Schmerzen bereitete und er sich dem Tod nahe glaubte, konnte Luther keinen Einfluss auf die Verhandlung seiner Glaubensgrundsätze nehmen und reiste noch vor Ende der Bundestagung am 26. Februar 1537 ab.
Die Fahrt ging über den Rennsteig nach Tambach und weiter über Gotha nach Wittenberg. Kurz vor Tambach genoss er dann den rettenden Schluck an der Quelle, die wir schon gesehen haben. Nach dem Abschnitt im Wald erreichen wir das am 26. September 2015 wiedereröffnende Lutherhaus in Eisenach zu einer Vorbesichtigung. Die neue Dauerausstellung “Luther und die Bibel” rückt die Bibel in den Mittelpunkt, zeigt einzigartige Texte und erklärt ihre Kraft und Bedeutung. Neben klassischen Exponaten wie Gemälden, Dokumenten und sakraler Kunst warten auch moderne Medienstationen auf die Besucher, an denen Informationen abgerufen werden können. Ein Erweiterungsbau ermöglicht einen Rundgang durchs Museum. Das Lutherhaus ist ein beeindruckendes Fachwerkhaus aus dem 14. Jahrhundert und gilt als eines der ältesten Gebäude in ganz Thüringen. Der Überlieferung nach wohnte Martin Luther während seiner Schulzeit von 1498 bis 1501 bei der Patrizierfamilie Cotta, der dieses Bürgerhaus gehörte.
Etliche Jahre kehrte später kehrte Luther nach Eisenach zurück und übersetzte er auf der Wartburg das Neue Testament. Damit schuf er nicht nur, was man heute einen Bestseller nennen würde, sondern auch die Grundlage der deutschen Schriftsprache. Zur Wartburg gingen wir natürlich zu Fuß, um in den Genuss zu kommen, die Teufelsschlucht zu passieren. Luther hätte da wohl nichts zu beanstanden gehabt, auch wenn wir nicht mit einem Tintenfass bewaffnet waren.
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Information:
Auskünfte, auch zu den Lutherfindern, Karten und der Pilgerpass sind erhältlich bei der Thüringer Tourismus GmbH unter der Telefonnummer 0361 – 37420 oder per E-Mail über:
service@thueringen-tourismus.de
sowie in der Tourist Information Thüringen (Willy-Brandt-Platz 1, 99084 Erfurt).
Weitere Informationen zum Lutherweg stehen auf den Internetseiten:
www.wandern.thueringen-entdecken.de
www.lutherweg.de/ bereit
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