In den Niederlanden kann man sich auf Spurensuche zum Thema Frieden und Freiheit, Demokratie und Migration begeben und entdeckt dabei eine Tradition der Toleranz, die nicht verloren geht. In Den Haag und Rotterdam gibt es dazu beeindruckende Entdeckungen.
Johan Rudolph Thorbecke (1798-1872) war ein bedeutender Wissenschaftler und Staatsmann in den Niederlanden des 19. Jahrhunderts. Er war Doktor der Philosophie und ein glühender Deutschland-Verehrer, studierte, habilitierte in und reiste durch Deutschland. In Gießen und Göttingen war er als Dozent tätig und schrieb 1823 sein bahnbrechendes, geschichts-philosophisches Werk „Über den organischen Charakter der Geschichte“, bevor er wieder zurück in sein Heimatland ging. Thorbecke gilt noch heute als der Begründer der parlamentarischen Monarchie in den Niederlanden und als der bedeutendste Staatsmann des Landes im 19. Jahrhundert. Auch wenn er als strenger, manchmal streitlustiger Geselle galt, der selbst einer Auseinandersetzung mit König Wilhelm III. nicht aus dem Wege ging, Thorbecke entwarf 1848 die niederländische Verfassung, die bis heute die Grundlage des Rechtsstaates darstellt. Er führte in seiner politischen Karriere schließlich drei Kabinette an und starb 1872 in Den Haag.

Denkmal für Thorbecke in Den Haag
Kein Wunder also, dass man ihm zu Ehren hier am Lange Voorhout ein großes Demokratie-Denkmal an der beeindruckenden Kastanienallee dieses imposanten Platzes findet, der zu den schönsten seiner Art im ganzen Lande gehört. Eine Marmorstatue zeigt Thorbecke hinter seinem Schreibtisch sitzend und vom Voorhout auf den Turm des Premierministers blickend, ganz so als gäbe er Acht auf die niederländische Demokratie. Der zweite Teil des Denkmals von Thom Puckey aus reflektierendem Metall zeigt drei Menschen, die auf und an einem Tisch sitzen. Beide Teile berühren sich und sind mit zwei offenen Türen verbunden. Mehr Symbolik geht kaum. In einer seiner letzten Notizen schrieb Thorbecke kurz vor seinem Tod: „Als kleines umtriebiges und nicht herrschsüchtiges Volk müssen und können wir in einem monarchisch-konstitutionellen System das freiste Volk der Welt sein.“ So verwundert es nicht, dass in seine Amtszeit 1863 die Aufhebung der Sklaverei in Niederländisch-Westindien fiel. Der liberale Geist eines Johan Rudolph Thorbecke ist noch heute in Städten wie Den Haag und Rotterdam zu spüren, ein internationales Flair und eine Weltoffenheit im Alltagsleben, die auch in schwierigen Zeiten sich nicht versteckt.

Freiheit in Den Haag
Die Freiheit ist einer der wichtigsten Werte der Niederlande. Sie prägt die Geschichte und die Gegenwart des Landes, die Kultur und das tägliche Leben. In diesem Jahr wird die Freiheit in den Niederlanden besonders gefeiert als Meilenstein von „80 Jahren Freiheit“. In diesem Jahr kann man an zahlreichen Orten erleben, wie Freiheit heute durch inspirierende Geschichten und Momente im ganzen Land zum Ausdruck kommt: Von der Eröffnung des FENIX in Rotterdam über Den Haag als internationales Friedenssymbol bis hin zum anhaltenden Engagement für Inklusion und Gleichberechtigung. In diesem Jahr können Reisende die Niederlande und die Freiheit entdecken, mitfeiern und teilen. Und das sind die Orte, an denen man das besonders authentisch erleben kann.

Oranjehotel in Den Haag
Das Oranjehotel war der Spitzname für das Scheveninger Gefängnis während des Zweiten Weltkriegs. Zwischen 1940 und 1945 waren hier über 25.000 Menschen zu Verhören und Prozessen inhaftiert. Inhaftiert wegen Handlungen, die die deutschen Besatzer als Straftaten ansahen. Widerstandskämpfer, aber auch Juden, Kommunisten, Zeugen Jehovas und Schwarzmarkthändler. Es handelt sich um einen Komplex von Zellenbaracken, der 1918 an der Stelle des Strafgefängnisses von 1885 errichtet wurde und an den Dünen liegt. Der Name Oranjehotel bezieht sich auf das Hotel d´Orange, das es tatsächlich gab und das sich am Boulevard von Scheveningen befand. Gleichzeitig bezieht er sich auf die königliche Familie, die Oranjes, und ist eine Hommage an die Widerstandskämpfer, die hier von den Nazis inhaftiert wurden. Auch wenn es einem bei der Besichtigung kalt über den Rücken läuft, ist es ein wichtiges Zeitzeugnis und führt jedem vor Augen, wie wichtig Frieden und Freiheit sind.

Das Mauritshuis in Den Haag
Im Jahr 2025 gedenkt das Mauritshuis der Befreiung der Niederlande vor achtzig Jahren. Die eingelagerte Kunstsammlung, Propagandaausstellungen, musikalische Darbietungen und Arbeitseinsatzflüchtlinge – das Mauritshuis erlebte während der deutschen Besatzung eine bewegte Zeit. Das Museum lag mitten im politischen Machtzentrum der Nazis: Alle wichtigen Organisationen der deutschen Verwaltung befanden sich buchstäblich um die Ecke. Direktor Wilhelm Martin hatte viele Sorgen, unter anderem den Schutz der weltberühmten Gemäldesammlung und den Umgang mit der von den Deutschen angestrebten propagandistischen Rolle des Museums. Anhand von Gemälden, Objekten, Fotografien, Film-und Tonaufnahmen führt die Ausstellung „Huis in de Storm“ in die Zeit des Zweiten Weltkriegs im Mauritshuis zurück.

Den Haag: Stadt des Friedens und der Gerechtigkeit
Seit mehr als 100 Jahren wird in Den Haag an internationalem Recht gearbeitet. Die Stadt ist Sitz von über 500 internationalen Organisationen, darunter der Internationale Gerichtshof, der Internationale Strafgerichtshof, der Ständige Schiedsgerichtshof und Europol. Hier kooperieren sie miteinander und tauschen ihr Wissen aus. Hier arbeiten sie an neuen Ideen, um globale Probleme zu lösen. Und um eine nachhaltige Zukunft aufzubauen. Der Spaziergang „Stadt des Friedens und des Rechts“ durch Den Haag führt vorbei an den Wahrzeichen der reichen Geschichte Den Haags und an den Institutionen, die heute in der internationalen Stadt des Friedens und des Rechts tätig sind. Dazu zählt vor allem auch der Friedenspalast in Den Haag als ein internationales Symbol für Frieden und Gerechtigkeit. Dieses Gebäude beherbergt wichtige Institutionen wie den Internationalen Gerichtshof der Vereinten Nationen und den Internationalen Schiedsgerichtshof, die sich für eine friedliche Konfliktlösung einsetzen. An ausgewählten Tagen ist es möglich, das Innere des Palastes mit einem Führer zu besichtigen. Bei diesem Rundgang kommen die Besucher an der Großen Halle der Gerechtigkeit, der Kleinen Halle der Gerechtigkeit und der Japanischen Halle vorbei. Auch die Kunstwerke, die von verschiedenen Ländern gestiftet wurden, sind zu sehen. Ein Besuch des Palastgartens mit Kunstwerken ist ebenfalls möglich.

Rotterdams Stadtteil Katendrecht
Nirgendwo in Rotterdam sind die Geschichten von Aufbruch und Ankunft so sichtbar und greifbar wie im Rotterdamer Stadtteil Katendrecht. Die Stadt zieht seit Jahrhunderten Menschen aus aller Welt an, über 200 Nationalitäten leben heute in Rotterdam. Am Kap kann man sich die Geschichten zu Gemüte führen, von Europas erstem Chinatown, osteuropäischen Landgängern, griechischen Parawanern, surinamischen Jazzmusikern, kapverdischen Seeleuten bis hin zu den heutigen Flüchtlingen. Eine lebendiger Rundgang durch das Viertel, begleitet von nachkommen der Einwanderer, macht das Schicksal der Einwanderer besonders lebendig.

Museum Rotterdam mit neuer Ausstellung
Die Bombardierung Rotterdams liegt mehr als ein Dreivierteljahrhundert zurück, aber sie hallt in der Hafenstadt immer noch nach. Die Ausstellung im Museum Rotterdam „40 – 45 NU“ versetzt einen mit persönlichen Geschichten, eindringlichen Bildern und überwältigendem Sound mitten in das Rotterdam des Mai 1940. Wie fühlt es sich an, wenn das eigene Leben plötzlich auf den Kopf gestellt wird und die vertraute Umgebung in Scherben liegt? Wenn die Bomben fallen und alles in Schutt und Asche verschwindet …

Neues Rotterdamer Highlight Fenix
Fenix ist das neue Kunstmuseum zum Thema Migration, das am 16. Mai 2025 in Rotterdam eröffnet wurde. Es ist in restaurierten, monumentalen Lagerhallen aus dem Jahr 1923 untergebracht, die an den Docks der Abfahrt und Ankunft in der Stadt Rotterdam stehen. Quais, an denen für Millionen von Menschen ein neues Leben begann. Auf dem Weg in die Vereinigten Staaten oder nach Kanada oder aus China, den Kapverden und Griechenland kommend. An diesem Ort gibt Fenix mehr als hundert Künstlern aus allen Kontinenten Raum. Sie zeigen, dass Migration zeitlos und universell ist. Neben der internationalen Kunstsammlung ist auch ein Kofferlabyrinth aus zweitausend von Privatpersonen gespendeten Koffern zu sehen. Im Erdgeschoss befindet sich der Plein, ein 2.000 Quadratmeter großer überdachter Stadtplatz, auf dem die Rotterdamer gemeinsam mit Fenix Veranstaltungen gestalten. Das größte Kunstwerk und der Blickfang von Fenix ist der Tornado, eine doppelt gewundene Treppe im Herzen des Gebäudes. Die Treppe öffnet sich zu einem Panoramadach und wurde vom chinesischen Architekturbüro Mad Architects entworfen, das erste chinesische Architekturbüro, das ein Museumsgebäude in Europa eröffnet und das ideale Sinnbild für eine geeinte Welt, auf der wir letztlich alle Reisende und Migranten sind.

Weitere Informationen
Übernachtungstipp Den Haag
Court Garden Hotelwww.hotelcourtgarden.nl/de/
Übernachtungstipp Rotterdam
Hotel The Usualhttps://theusual.com/
Mauritshuis Den Haag www.mauritshuis.nl/de
Haagse Bos Den Haag www.staatsbosbeheer.nl/uit-in-de-natuur/locaties/haagse-bos
National Monument Oranje Hotel Den Haag www.oranjehotel.org/de
Freiheitspalast Den Haag www.vredespaleis.nl
Fenix Rotterdam www.fenix.nl/en
Geführte Tour durch Katendrecht Rotterdam www.uitagendarotterdam.nl/en