Text und Fotos: Udo Haafke
„Nun, es ist wie eine Befreiung, ein Neuanfang, wir verspüren keine Trauer über den Verlust, wie es andere Künstler wohl tun würden, wenn ihr Gemälde, ihre Skulptur, ihr Werk zerstört wird.“ So wie Jordi Palanca, der 41-jährige Fallas-Künstler, denken die meisten seiner Kollegen. „Es ist eher ein Moment voller Stolz und Freude darüber, dass das Objekt, für das man so viel Zeit, Energie und Kreativität aufgebracht hat, pünktlich fertig wurde und vom Publikum die entsprechende, meist sehr euphorische Anerkennung erfährt.“ Dieser Augenblick, den Jordi beschreibt, ist das grandiose Finale der Fallas von Valencia, wenn in der Nacht vom 19. auf den 20.März knapp 400 kunstvoll gestaltete, bunte und opulente Objekte und Figuren, die Monumente, auf Plätzen und Straßenkreuzungen in Flammen aufgehen.
Die Legende, auf welche der Ursprung der Fallas beruht, berichtet von der Schreinerinnung, die bereits im 15. Jahrhundert eine Art Kehraus zum Ende der kalten Winterzeit und zur Huldigung ihres Schutzpatrons St.Joseph betrieb. Die Werkstätten wurden von allem Unrat, Holzresten und dergleichen gesäubert. All dies stapelte man auf großen Scheiterhaufen und entzündete es. Auch die galgenähnlichen Öllampen, die Parots, die zur funzeligen Beleuchtung der Werkstätten dienten, ereilte dies Schicksal. Ein Lehrling soll, so heißt es, beim Meister in Ungnade gefallen sein und bekam demzufolge seinen Lohn nicht. Erzürnt hängte der junge Mann daraufhin ein Schild an eine dieser Lampen, auf dem er in übelster Weise seinen Chef beschimpfte. Die Mitteilung verbreitete sich bevor alles in Flammen aufging, der Ruf des Meisters war nachhaltig geschädigt. Im Folgejahr beschimpften die Tischler auf gleiche Weise den Bürgermeister, mit dem gewünschten Effekt. Fortan gerieten die Scheiterhaufen zum Frühlingsbeginn immer mehr zur populären Kritikbörse in Form von Figuren und Theaterdarstellungen. Zum 18.Jahrhundert lässt sich dann das Brauchtum als Vorläufer der jetzigen Fallas erkennen.
Hightech hat bei Jordi Einzug gehalten. Das kleine Modell der Falla aus Ton wird dreidimensional gescannt, auf die Endgröße umgerechnet und mittels Computerprogramm wie ein Schichtkuchen aufgeschnitten. Ein Laserstrahl schneidet anschließend die einzelnen Schichten millimetergenau aus großen Styroporplatten heraus, die dann zur gewünschten Endform zusammengeklebt, geschliffen, grundiert und bemalt werden. Arbeitsgänge, die früher mehrere Wochen dauerten, führt er nun in wenigen Tagen durch. Holz wird in erster Linie noch für die Unterkonstruktion eingesetzt, die eine gewisse Stabilität erfordert, damit grazile wie üppige Figuren in Form bleiben und keinen Schaden durch Wind und Wetter nehmen. Hier liegt ein weiterer Vorteil gegenüber der Pappmaché, die bei Feuchtigkeit aufweicht und schnell unansehnlich wird.
Etwas weniger laut, dafür umso schöner anzusehen, sind die festlichen Umzüge der Fallasgruppen. Falleras und Falleros der diversen Vereinigungen, gekleidet in traditionellen Trachten, ziehen, angeführt von ihrer jeweiligen Fallas-Königin und deren Hofstaat, stolz und voller Würde, Groß und Klein, durch die Straßen, um auf dem Platz vor der Kathedrale Blumen der Schutzpatronin, der Virgen de los Desamparados (Jungfrau der Schutzlosen), zu kredenzen. Diese Blumen werden von behenden Kletterern in ein überdimensionales Raster eingefügt, aus dem nach und nach ein riesiges Blütenmosaik entsteht. Andere Umzüge sind bestimmten Themengebieten gewidmet, die ebenso durch kunstvolle Kostümierungen brillieren. Gegen Abend gibt es kleinere Feuerwerke in der ganzen Stadt, während das erwartungsvolle Fieber ganz auf Mitternacht und den großen, den besonderen Moment ausgerichtet ist.
Schließlich ist es soweit. Atemlose Stille, die Atmosphäre zum Zerreißen gespannt. Welch Gegensatz zum infernalischen Getöse des Mittags. Alle Fallas werden, mit Ausnahme des zum 1.Preis gekürten Motivs, welches ins Staatsmuseum überführt wird, nahezu zeitgleich entzündet. Erst langsam und zäh, dann mit unbarmherziger Macht frisst sich die Feuersbrunst durch die kunstvollen Kreationen, erzeugt eine immense, kaum erträgliche Hitzeentwicklung. Schwarzer Rauch steigt rasend schnell in die Höhe. Nur wenige Minuten dauert es und die mühevolle Arbeit von knapp einem Jahr, die Arbeit der zahllosen Künstler und Handwerker liegt in Schutt und Asche. Ergriffen beobachtet die Zuschauermenge dieses ungewöhnliche Schauspiel, wenn lachende Gesichter, üppig gebaute Blondinen, fantasievolle Kunstfiguren ein Raub der Flammen werden. Beifall brandet auf und hält noch lange an, während die emsigen Feuerwehrleute bemüht sind mögliche Übergriffe der Flammen auf umstehende Gebäude zu vermeiden. Der berauschende Ausnahmezustand hat im grandiosen Finale sein Ende gefunden, doch Jordi und Frederico planen bereits für den nächsten Rausch.
Information:
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Termine:
Ab 1. März Mascletas auf dem Rathausplatz um 14.00 Uhr, 15. März Aufbau der Fallas-Monumente, ab 16. März Blumenumzüge, 19. März Crema – Verbrennung der Kinder-Fallas um 22.00 Uhr, 20. März 1.00 Uhr Crema – großes Finale
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Kontakt Udo Haafke:
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