Aschersleben, oft auch als “Tor zum Harz” bezeichnet, gilt als Geheimtipp für einen Städtetrip. Lange stand die reizvolle Stadt im Schatten von Quedlinburg oder Wernigerode. Doch mittlerweile ist Aschersleben mehr als ein Ziel für ein Wochenende. Viel ist geschehen seit meinem letzten Besuch vor vielen Jahren. Damals herrschte Verkehrschaos in Aschersleben, überall waren Baustellen. Ganz anders heute: Die Stadt präsentiert sich mir jetzt völlig entspannt. Aschersleben, die älteste Stadt-Sachsen-Anhalts, lädt zum Besuchen und Entdecken ein. Die Internationale Bauausstellung, die Landesgartenschau 2010 und nicht zuletzt über 20 Jahre alte Stadtsanierung haben dem historischen Stadtkern von Aschersleben neues Leben eingehaucht. Verwoben mit Architektur des 21. Jahrhunderts macht diese besondere Mischung Aschersleben heute sehens- und lebenswert. Und, die Stadtväter haben erkannt, dass die Stadt von innen nach aussen entwickelt werden muß. Nicht auf Teufel komm raus Bauen auf der Grünen Wiese, sondern schaffen von Wohnungen in altehrwürdigen Gebäuden. wenn es sein muss, auch mit architektonisch interessanten Lösungen für Lückenbebauung.
Aschersleben – älteste Stadt Sachsen-Anhalts
Dem Gast wird es einfach gemacht. Er muss nur den ausgeschilderten Routen rund um die Stadtbefestigung, durch Gärten und Parks oder quer durch die Altstadt mit ihren wertvollen Architekturdenkmalen folgen. Dank eines übersichtlichen Fußgängerleitsystems entgeht ihm keine Sehenswürdigkeit. Aschersleben biete jede Menge Attraktionen. Und ich lerne engagierte und sympathische Menschen kennen, wie den Chef der Kulturanstalt, Matthias Pöschel, ein gebürtiger Aschersleber. Pöschel, der mein Sohn sein könnte, kam viel in der Welt herum und ist dabei, seine Heimatstadt auch überregional bekannter zu machen. Noch stehen andere Städte in Sachsen-Anhalt vorneweg, wenn ich an Wernigerode, Quedlinburg oder Halberstadt denke. Aschersleben war der Sitz der Askanier. Im 12. Jahrhundert wurde Aschersleben unter dem Askanier Albrecht dem Bären zum Mittelpunkt des späteren Fürstentums Anhalt. Albrecht der Bär hat seine letzte Ruhestätte im benachbarten Ballenstedt gefunden. Im späten Mittelalter gehörte Aschersleben zur Hanse. Als eine von wenigen Städten Deutschlands besitzt sie eine sehr gut erhaltene Stadtbefestigungsanlage und eine weitgehend intakte Innenstadt aus dem Mittelalter.
Kriminalpanoptikum in altem Knast
Pöschel empfängt uns am Rande der mittelalterlichen Stadt, am Kriminalpanoptikum. Zeit um hineinzuschauen haben wir nicht. Anschaulichkeit wird im Aschersleber Kriminalpanoptikum groß geschrieben. Tatwaffen, Folterinstrumente, historische Gefängnisausstattung, kriminalistische Untersuchungsmittel, Uniformen, Helme, Masken und viele andere Raritäten sind zu sehen. Eine Sammlung historischer Räuber- und Gendarm-Handpuppen rundet die Ausstellung ab. Die Raritäten, Kuriositäten und exotischen Exponate rund um authentische Kriminalfälle geben einen lebendigen Aufschluss über die Methoden der Ermittler, aber auch der Kriminellen. Die Exponate stammen aus der in Aschersleben beheimateten Fachhochschule der Polizei Sachsen-Anhalt, der Association International Police und von Steffen Claus.
Nächste Station ist das Graue Kloster. Liebevoll wurde das Areal hergerichtet. Man kann gut essen und trinken in den alten Gemäuern.
Rund um die Altstadt an einem grünen Promenadenring erheben sich die Türme der früheren Stadtbefestigung und wenige Meter weiter am kleinen Fluss Eine locken die ehemaligen Parks der Landesgartenschau 2010, die seitdem zu den „Gartenträumen“, dem Verbund historische Parks in Sachsen-Anhalt, gehören. Die architektonische Vielfalt von der Gotik über Fachwerkbauten, Barock, Renaissance, Jugend- und Heimatstil vom Architekten Hans Heckner bis hin zu moderner Architektur des 21. Jahrhunderts verleihen der Altstadt von Aschersleben ihr besonderes Erscheinungsbild und machen Lust zum Flanieren.
Das Wahrzeichen der Stadt, die 500 Jahre alte Sankt Stephanikirche, hat ihre Türen für Besucher geöffnet. Wir gehen hinein und kommen aus dem Staunen nicht heraus. Die St.-Stephani-Kirche (15./16. Jahrhundert) ist eine gotische Hallenkirche und beherrscht das Stadtbild. Sie ist Hauptsehenswürdigkeit und Wahrzeichen der Stadt.
Markt mit den Ziegenböcken
Schon als Kind hat mich das Rathaus von Aschersleben fasziniert. Auch heute beeindruckt das Rathaus mit seinen Giebeln und Türmen aus drei Jahrhunderten. Den letzten Anbau errichtete man 1935 auf der Marktseite. Der Entwurf stammte vom Stadtbaumeister Hans Heckner. Der Kern der ganzen Anlage ist der aus gotischer Zeit stammende Hauptturm, der nach 1518 erhöht wurde. Das Uhrwerk im Turm des Rathauses stammt von 1580. Es stellt eine Besonderheit dar. Zwei vergoldete Ziegenböcke, die bei jeder Viertelstunde mit den Hörnern zusammenstoßen, sollen dem Stadtrat symbolisieren, dass man sich bei Ratssitzungen nicht die Hörner abstoßen solle. Im Neubau von 1935 an der Marktseite wurden Dachgiebelfenster mit Fresken und Darstellungen aus der Stadtgeschichte eingearbeitet.
Ein besonderer Tipp für Kunstinteressierte: Im Riegelbau des Bestehornparks (einem ehemaligen Fabrikgelände) ist das grafische Werk des in Leipzig geborenen und in Aschersleben aufgewachsenen Malers Neo Rauch zu sehen. Regelmäßig finden dort Ausstellungen statt. Noch eine Rarität hat Ascherlsben: einen Zoo mit weißen Tigern. Um mehr über die Stadtgeschichte zu erfahren, besuchen wir das Stadtmuseum (gegenüber dem Rathauses). Es befindet sich m Gebäude der Freimaurerloge. Wie die Museumsleiterin berichtet, ist es der einzige öffentlich zugängliche Logentempel in Deutschland.
Eine Stadt – Dein Museum
Überhaupt scheint dasMuseum ein Motor für verschiedene Aktivitäten in Ascherlsben zu sein. Überall im Stadtbild macht das ambitionierte Projekt „Eine Stadt – dein Museum“ durch einzigartige Aktionen auf die vielfältigen Sammlungen im Museum in Aschersleben aufmerksam. Ein Projektbaustein sind die Pop-up Schaufenster.
Dazu verlassen ausgewählte Fundstücke das Museum und werden in den Schaufenstern leerstehender Läden der Stadt ausgestellt. Die Schaufensterfläche wird zur Pop-up Vitrine, die Bevölkerung wird zum spontanen Museumsbesucher. Ein leerstehender Laden öffnet seine Türen, ist mit altem Werkzeug bestückt und bietet die Möglichkeit traditionelles Handwerk selbst auszuprobieren, Das Projekt „Eine Stadt – dein Museum“ wird gefördert aus dem Fonds Stadtgefährten der Kulturstiftung des Bundes.
Filmpalast Aschersleben
Schon wieder eine Rarität, die wir entdecken. Sehenswert ist der „Filmpalast Aschersleben“, der am 14. November 1930 mit einer Gala-Vorstellung des Tonfilms „Die Drei von der Tankstelle“ eröffnet wurde und auch heute noch als Kino genutzt wird. Wir erfahren, dass das Gebäude im Stile des Nach-Bauhauses gestaltet wurde. Die sanierte Fassade ist vom streng komponierten und gegliederten Architekturstil der Moderne geprägt, das Foyer und Treppenhaus im Inneren sind im Art-Déco-Stil gehalten. Im Innern ist das Treppenhaus noch originalgetreu erhalten. Ein engagierter betreiber will soviel wie möglich vom Ursprungszustand wiederherstellen. Das Kino wird angenommen von den einwohnern. Auch ich habe dort als Teenager Filme geschaut.
Brunnen von Aschersleben
Aschersleben verfügt im Stadtkern über mehrere bemerkenswerte Brunnenanlagen. Als 1902 der damalige Ratsherr Henne für die Stadt eine Stiftung gründete, war ein Teil des Geldes für einen Brunnen auf dem Markt bestimmt. Dieser Hennebrunnen zeigt eine durch einen Baldachin überdachte gegliederte Säule, auf der acht eigenartige Bronzeputten sitzen. Das Ganze wird von einer becherartigen Brunnenschale umrandet. Der Brunnen wurde von Georg Wrba aus Dresden entworfen und im Mai 1906 feierlich eingeweiht.
Der Holzmarktbrunnen steht auf dem Holzmarkt und zeigt einen kleinen Mann mit einer Holzkiepe auf dem Rücken. Am Rande der mittelalterlichen Stadt lag der Holzmarkt. Auf diesem kleinen Platz wurde der gesamte Brennholzverkauf durchgeführt. Daran erinnert der kleine Brunnen, der 1914 vom Berliner Bildhauer Frydag geschaffen wurde.
Als man zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf dem Platz vor dem Hohen Tor Häuser abgerissen wurden, empfand man den Platz als zu leer. So entschloss man sich im Jahre 1904 zum Bau eines Brunnens, den der Seifenfabrikant Kuntze spendete. Weiterhin gibt es den Kuntzebrunnen, nach dem Beruf des Stifters und dem stöpselartigen Aussehen wurde der Brunnen im Volksmund Seifenstöpsel genannt. So weiß es jedenfalls Wikipedia. Noch zwei weitere Brunnen befinden sich im Stadtgebiet. Als Margarethenbrunnen wird der kleine, 2003 aufgestellte Brunnen unweit der St.-Margarethen-Kirche bezeichnet. Er besteht aus einem Bronzeguss und zeigt die Figur der heiligen Margarethe. Der Brunnen auf der Herrenbreite ist in Form eines Dreiecks angelegt und bildet das Zentrum der Herrenbreite. Er wurde in den 1970er Jahren gebaut und hat verschiedene Wasserspiele.
Informationen zu Aschersleben findet ihr hier
- Museum Aschersleben (direkt neben dem Kino)
- Markt 21, 06449 Aschersleben
- Tel. 03473 958430
- www.aschersleben-tourismus.de
- geöffnet:
- Dienstag – Freitag: 10 – 16 Uhr, Samstag: 14 – 17 Uhr, Sonntag: 10 – 16 Uhr
Wer mehr über die alte und dennoch moderne Stadt Aschersleben in Sachsen-Anhalt erfahren will, der klicke auf diesen Link.
Die Recherche in Sachsen-Anhalt wurde unterstützt von der IMGS Sachsen-Anhalt
Weitere Texte von mir, auch zu Sehenswürdigkeiten in Sachsen-Anhalt, findet ihr unter einfachraus.eu.