Der kleine mediterrane Ort, eine gemütliche Seilbahnfahrt oberhalb von Meran, ist Namensgeber einer alpinen Region. Noch im vergangenen Jahrzehnt galt er als Synonym für alpenländische Weinseligkeit und Massentourismus. Jetzt wandelt sich Dorf Tirol an vielen Ecken zum Urlaubsort für Individualisten und Feinschmecker.
Der Plastikblumenplunder wird auf den Müll geworfen und die Holzherzschnitzereien werden ergänzt durch zeitgenössisches Design, Architektur und Lifestyle. Zusätzlich besinnt man sich auf eigene Werte und Traditionen und bläst kräftig den Staub des vergangenen Jahrtausends von den Wänden. Denn sonst – das haben die Verantwortlichen des Tourismusvereins auch gemerkt – fahren die Gäste von heute lieber weiter nach Mailand oder an den Gardasee.
Eine Weinregion denkt um
Wer eine Weinregion wie das Meraner Land kennenlernen will, kann das gut in der Meraner Weinkellerei tun. Da erfährt er so manches über die besten heimischen Rebensäfte und nach dem einen oder anderen Probierglasl auch einiges über die Region. Und spätestens beim Gewürztraminer taut Richard Dosser auf. „Es entsteht gerade eine neue Konkurrenz der Meraner Urlaubsregionen“, erzählt der Präsident der Meraner Weinkellerei frei von der Leber weg.
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„Früher haben die Wirte hier einfach morgens auf- und abends wieder zugesperrt. Doch irgendwann blieben die Gäste aus. Jetzt sind unsere Leute beim Umdenken. Sie organisieren Events, Modenschauen, Verköstigungen und machen mehr mit den Gästen gemeinsam – zum Beispiel gehen sie mit ihnen mindestens einmal die Woche zum Wandern.“
Das Bild des Ortes hat sich deutlich gewandelt
Einer der treibenden Kräfte unter den Erneuerern ist Florian Gartner, Inhaber des avantgardistischen Hotels Gartner, einem von zwei neuen architektonisch und kulinarisch herausragenden Häusern in Dorf Tirol. Eigentlich sollte der Jurist die Kanzlei seines Vaters übernehmen, der nur nebenbei seit 1961 eine Pension in Dorf Tirol betrieb. Doch gemeinsam mit seiner Frau Barbara entschied er sich dazu, die Pension zu einem Designerhotel umzubauen und fortan seine Zeit für Gäste statt für Paragrafen zu investieren.
„Das Bild des Ortes hat sich deutlich gewandelt, wir werden authentischer. Der Alpenbarock gerät in den Hintergrund, es wird nicht mehr an jeder Ecke gejodelt und gedudelt“, sagt Florian Gartner. „Trotzdem tragen unsere jungen Leute voller Stolz die Tracht und ab und an sieht man sogar schon mal jemanden mit einem Nasenring oder Tätowierungen.“
Statt Schunkelabenden mit Fasswein gibt es jetzt auch Veranstaltungen wie den Kulturfrühling, Jazzfestivals und als Höhepunkt im Oktober das „viniculti“ – ein bäuerliches Festtagsmenü – begleitet von ausgewählten Kultweinen und dezenten heimischen Musikeinlagen am romantischem offenen Feuer – auf den historischen Muthöfen in 1647 Meter Höhe (www.viniculti.it).
Schräge Volksmusik gehört zum Kulturfrühling in Dorf Tirol
Im Frühjahr gastieren in Restaurants aber auch an imposanten Schauplätzen wie Schloss Auer oder Schloss Tirol noch Bands, Ensembles und Kapellen unter dem Motto „Tiroler Kulturfrühling: Echte „alte“ und neue „schräge“ Volksmusik an besonderen Schauplätzen und in verschiedenen Gaststätten. Der Kulturfrühling verbindet Elemente der guten alten Volksmusik mit modernen Stilrichtungen zeitgenössischer Musik. Ein „musik-kurioses“ Crossover talentierter, experimentierfreudiger Bands und Tiroler Blasmusikkapellen, eine Rückbesinnung auf Heimat und alte Werte in gut verträglicher Verschmelzung zeitgenössischer Weltmusik. Da trifft Stubenmusik auf Bauernjazz, Tanzlmusik auf Musikkabarett, Nostalgisches auf Modernes. Auch bei diesen Veranstaltungen kann man sich bodenständige regionale Köstlichkeiten schmecken lassen, wie etwa Tortelli mit Fondutafüllung auf Blattspinat und Steinpilzen.
Im Sommer zählen die Soireen auf Schloss Tirol zählen zu den beliebtesten Veranstaltungen in Südtirol. In der eindrucksvollen Kulisse von Schloss Tirol werden musikalische Werke des Mittelalters, der Renaissance und des Frühbarock von spezialisierten Ensembles des In- und Auslandes dargeboten.