Nach intensivem Umbau meldet sich der Öschberghof in Donaueschingen eindrucksvoll zurück: als Hideaway der Luxusklasse – mit hoch gesteckten Zielen.
Als „Filiale 53“ wurde 1976 unter der Obhut von Aldi-Gründer Karl Albrecht der Grundstein gelegt. Heute ist der Öschberghof auf dem besten Weg, in die Haute Hotellerie Deutschlands aufzusteigen. „Es ist keine Wiedereröffnung, sondern eine Neueröffnung“, bringt Hotelchef Alexander Aisenbrey die jüngste Metamorphose auf den Punkt. Einer fünfjährigen Projektphase folgten dreieinhalb Jahre des Umbaus – mit einem Investitionsvolumen von rund 55 Millionen Euro. Das Team ist von 220 auf 380 Mitarbeiter gewachsen und kümmert sich um 126 statt 73 Zimmer und Suiten. Der Spa-Bereich ist mit opulenten 5000 Quadratmetern doppelt so groß wie zuvor. Golf-Aficionados können ihre Bälle nun auf zwei großen und einem kleinen Parcours in 45 Löchern versenken – und für wohligen Schlaf sorgen die Daunenbetten und -Kissen der niederbayerischen Manufaktur Mühldorfer, die Luxusherbergen rund um den Globus versorgt.
240 Gäste feierten das Grand Opening, darunter Bayern Münchens Präsident Uli Hoeneß, Fußball-Weltmeister Philipp Lahm, Schalke-Aufsichtsratsboss Clemens Tönnies, Sportkommentator Marcel Reif, und die Fernsehmoderatorin Eva Brenner. Durch den Abend führte Reinhold Beckmann, der auf ein Honorar verzichtete und stattdessen um Spenden für seine Stiftung „Nestwerk“ bat, die Jugendliche in sozial schwachen Stadtteilen Hamburgs durch Sport- und Freizeitangebote fördert.
Das Gourmet-Dinner kredenzten die mit insgesamt fünf Michelin-Sternen ausgezeichneten Spitzenköche Alfons Schuhbeck, Boris Rommel (Le Cerf, Wald- und Schlosshotel Friedrichsruhe), Christoph Rüffer aus dem Restaurant Haerlin im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg und Lokalmathador Manuel Ulrich. Schuhbeck, wie immer um kein Wort verlegen, brachte die Zubereitung seiner Bratwurstsuppe („die ist zum niederknien“) so auf den Punkt: „Du musst die Bratwurst so sanft behandeln wie eine Frau, sonst fährt sie aus der Haut.“
Mit Manuel Ulrich setzt Hotelchef Aisenbrey auf einen ebenso leidenschaftlichen wie ambitionierten Küchenchef, der schon seine Ausbildung im Öschberghof absolviert hat. Er verbrachte seine Wanderjahre in Oberlech am Arlberg, im „Vier Jahreszeiten“ in Hamburg und bei Torsten Michel in der Schwarzwaldstube. Im August vergangenen Jahres ist er in seine Heimat zurückgekehrt. Seit Dezember wirkt er im Gourmetrestaurant Ösch Noir. Besonders geprägt haben ihn Christoph Rüffer und Torsten Michel, der die drei Michelin-Sterne von Harald Wohlfahrt in der Schwarzwaldstube auf Anhieb verteidigte. Seinen Stil beschreibt der 32-Jährige als klassisch-französisch mit modernem, frischem Twist.
Wo immer es geht, verwendet er saisonale und regionale Produkte. Seine Lieferanten kennt er persönlich. „Jede Komponente auf dem Teller soll das Gericht aufwerten, es muss etwas rüberkommen“, sagt Ulrich im Gespräch mit dem Autor dieser Zeilen. Ein Beispiel ist seine Tranche vom wildgefangenen bretonischen Steinbutt mit einer in Champagner pochierten Pléiade Poget Auster – ein kraftstrotzendes Duo, dem er die Erbse in dreierlei Texturen zur Seite stellt: Als Crème, Knusper und glasiert. Zum technisch tadellosen Tellerkunstwerk wird diese Kreation dank eines geflämmten und marinierten Kopfsalatherzes und Kopfsalatcrème.
Ulrich liebt das Spiel mit den Texturen, doch nicht als Spielerei um seiner selbst willen, sondern als aromenstarke Erweiterung seines kulinarischen Kosmos. Das zeigt er auch beim Dessert, wo er Rhabarber als Kompott, roh mariniert, in Form eines Chips und als Gel präsentiert. Dazu Erdbeere, Jivara-Schokolade als Ganache und Kiesel sowie Ricotta. Alles passt zusammen, alles ist wohlproportioniert, Ulrich schafft einmal mehr das Kunststück einer Präsenz ohne Penetranz. Der junge Küchenchef sprüht vor Energie und brennt für sein Projekt, nach den Sternen zu greifen. „Wir wollen uns mit den Besten messen“, lautet ganz unverhohlen die Marschroute von Hoteldirektor Alexander Aisenbrey.
Sein Vorbild ist das Hotel Traube Tonbach in Baiersbronn, dessen Schwarzwaldstube seit gut einem Vierteljahrhundert mit drei Sternen ausgezeichnet wird. Dort hat er unter der Regie von Inhaber Heiner Finkbeiner sein Hotelmanger-Handwerk verfeinert. „Durch Sie bin ich das geworden, was ich heute bin“, richtete Aisenbrey seinen Dank an seinen früheren Chef, der voller Respekt retournierte: „Mein Eindruck ist grandios, es wurde mit viel Geschick Wunderbares geschaffen.“ Mit dem Gourmetrestaurants Ösch Noir hat Aisenbrey nun seine „eigene Schwarzwaldstube“ – und schwärmt: „Manuel ist ein Koch-Verrückter und es wäre ein Traum von uns, einen Stern zu erkochen“, schwärmt Öschberghof-Gastgeber Aisenbrey. Lange werden die Michelin-Inspektoren nicht auf sich warten lassen.