Schon mal auf 2962 Meter gestiegen? Ist wohl zu schwierig und nicht jedermanns Sache? I wo, ist ganz leicht, dauert nur eine kleine Weile. Die Bayerische Zugspitzbahn macht`s möglich – und das seit 85 Jahren.
Wer war denn schon „Top of Germany“, oben auf der Zugspitze? Hand hoch! Ich! Ich hab`s endlich geschafft. Bin einfach mit der Bahn bis Garmisch-Partenkirchen gefahren, und da ich schon in Bayern war, konnte ich das Bayern-Länderticket nutzen – hin und zurück an einem Tag. Super. Wer mitreisen will, zahlt ein paar Euro drauf.
Von Elke Backert
Vom Zugspitz-Bahnhof Garmisch-Partenkirchen geht es bequem mit der Bayerischen Zugspitzbahn nach Grainau. Mit herrlichem Blick auf die verschneite Landschaft. Ab Grainau fährt die Bahn als Zahnradbahn weiter zum Zugspitzplatt. Das ist eine Möglichkeit. Wer jedoch abenteuerlustig ist und keine Höhenangst hat, bleibt noch eine Station bis Eibsee in der Bahn und wechselt dort auf die spektakuläre Eibsee-Seilbahn über dem wildromantischen Eibsee. Das ist eine der erlebnisreichsten Fahrten in einer voll besetzten Gondel über der Tiefe auf die Höhe zu schweben. Zweimal gleitet die Gondel an einem Mast vorbei – man glaubt, sie rammt ihn, nein, sie stoppt kurz, das Gefühl des Fallens geht schrecklich in den Magen, ein unbestimmtes Grummeln ist aus allen Mündern zu hören, aber dann wieder ein Aufatmen, und ruhig geht die Fahrt weiter.
Man sieht die Seile, aber wohin führen sie? Nur schroffe Felsspitzen und weiße Wand vor einem in weiter Ferne. Ah, da kommt einem eine Seilbahn entgegen. Gegenverkehr. Das macht Mut, sie hat es doch auch geschafft, den Zugspitz-Gipfel zu erklimmen. Warum also noch Angst haben. Aber das Herz rast und will sich nicht beruhigen. Wohin führen die Seile, noch immer nicht sieht man ein Ende. Aber dann entdeckt man zwei kleine dunkle Löcher im Fels. Da hinein passt niemals eine Gondel! Doch dann vergrößern sich die schwarzen Löcher und geben die Einfahrt frei. Ein paar Rucke noch, bis die Gondel ihren festen Platz gefunden hat, und die Reisenden sind erlöst. Das Ganze dauert nur zehn Minuten, und doch kommt einem die Prozedur wie eine Ewigkeit vor.
Das gewaltige Panorama entschädigt. Ungezählte Bergspitzen leuchten im gleißenden Sonnenlicht. Es sollen mehr als 400 Gipfel in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien sein. An neun Standorten erklären 23 Schautafeln den 360°-Blick. Vier „Viscope“, Fernrohre, blenden beim Schwenken die Namen der Berggipfel digital ein. Mal was Neues! Zillertaler, Ötztaler, Engadiner Alpen, Ammergebirge, Großglockner, Hintertuxer Gletscher, Olperer, Großer Löffler und und und. Überwältigend.
Doch Vorsicht ist geboten. Der Höhenunterschied und die sauerstoffarme Luft kann manchen Menschen Kreislaufprobleme bringen. Sorgen Sie vor, nehmen Sie Wasser mit.
Ein „PhotoStop“ ermöglicht es dank bedienungsfreundlicher Selbstauslösung den einmaligen Gipfelmoment vor dem goldenen Gipfelkreuz für immer festzuhalten. Wenn es denn funktionierte, könnte das Bild direkt vom Gipfel versandt werden.
In der Gipfelalm, Deutschlands höchstem Restaurant mit „höchstem Biergarten Deutschlands“, könnte man pausieren und sich bayerische Schmankerl einverleiben, während der Blick hinunter ins Werdenfelser Land auf Starnberger und Ammersee geht.
Nur 300 Meter unterhalb des Gipfels liegt der Zugspitzgletscher, der in vier Minuten mit der Gletscherbahn zu erreichen ist. Dort trotzt Wind und Wetter seit mehr als drei Jahrzehnten Deutschlands höchstes Gotteshaus. Joseph Kardinal Ratzinger, der zurückgetretene Papst Benedikt XVI, weihte 1981 die Kirche Maria Heimsuchung ein. Seit der offiziellen Weihung am 11. Oktober 1981 finden bei gutem Wetter an jedem Sonntag zwischen Juni und Oktober katholische, dienstags evangelische Gottesdienste in der Kapelle statt.
Unterhalb der Kapelle warten der gläserne Gletschergarten und das Restaurant SonnAlpin auf Sonnenhungrige. Während die Kinder den Schneehügel vor der Kapelle mit Plastikschlitten hinabrodeln, die sie im AlpinPark ausleihen, gönnen sich die Erwachsenen hier erneut eine Auszeit.
Die historische Ausstellung „Tourismus, Technik, Natur“ verfolgt die Entwicklung der Zugspitze von der Erstbesteigung im Jahr 1820 bis heute.
Ein Stockwerk tiefer heißt es „Willkommen in Tirol“. Hier bringt einen die Tiroler Zugspitzbahn von „Top of Germany“ ins österreichische Ehrwald. Aber dahin wollen die Deutschen heute nicht.
Nach der Entdeckungsreise könnte man von der Zahnradbahn durch den Zugspitz-Tunnel zurück in die Ortsmitte von Garmisch befördern lassen. Man könnte aber auch erneut die Gletscherbahn in Anspruch nehmen und mit ihr noch einmal den Gipfel bezwingen, um dann mit der Eibsee-Seilbahn hinunterzugleiten. Wiederum ein spannendes Erlebnis, denn man fährt senkrecht ins Nichts, in eine Wolkendecke oder in Nebelschwaden hinein, ohne etwas zu sehen. Senkrecht hinunter, so scheint es jedenfalls. Ein zweiter Adrenalin-Kick ist einem gewiss.
Fotos Elke Backert