Bonn – ist nicht tot, und die Oper lebt auch!

BU: Szene aus der Ausstellung: “Die Oper ist tot! Die Oper lebt!” in der Bonner Kunsthalle; Copyright: hhh

Bis zum 5. Februar 2023 kann man in Bonn, unserer Stadt mit Herz, der Beethoven- und der Bundesstadt eine bemerkenswerte Ausstellung in der Bundeskunsthalle besuchen. „Die Oper ist tot, die Oper lebt“. Die Kuratoren haben recht: „Wie kein anderes Genre spricht die Oper unsere Sinne an: In ihr verbinden sich Musik, Gesang, Poesie, bildende Künste, Theater  und  Tanz  zu  einem  spektakulären  Gesamtkunstwerk. Sie lebt von dramatischen Extremen, vom Magischen und Irrationalen. Als Kunstereignis ist sie einmalig und vergänglich.“ Ja, aber warum soll sie denn dann  tot sein? Es ist richtig, nach jeder Vorstellung fällt der Vorhang. Aber er geht auch wieder hoch.

Die ganzen Geschichten, die die Oper geschrieben hat. Sie sind nicht vorbei, Händel lebt, Verdi auch. Friedlich bevölkerten ihre Fans vor Jahren Münchens Straßen, um sich vor dem Nationaltheater zu treffen. Und all die anderen, Mozart, Beethoven, Puccini, Rossini, sie sind nicht tot. Und die Opernhäuser, sie sind nicht zu Staub verfallen.  La Fenice in Venedig, die Mailänder Scala, der Wiener Hofoper oder die New Yorker Met. Alle noch da.

Und sie leben, gerade auch in der Ausstellung der Bundeskunsthalle. Begleitet von Einspielungen zahlreicher Opernwerke, erzählen  Gemälde und Kostüme, Plakate und Bühnenbildmodelle,  Karikaturen und Programmhefte bekannte und unbekannte Geschichten. Und jeder, der die Ausstellung besucht, kann sie lesen.

An der Oper reibt man sich anscheinend gerne. „Geliebt, gehasst und trotzdem treu“ hieß eine umjubelte Performance des Münchner Nationaltheaters, eine „Gefühlsathletik“ zum 40. Jubiläum der Zauberflöten-Inszenierung von August Everding im Jahre 2018. Das Kollektiv „Frl. Wunder AG“ erforschte, „welche Erfahrungen und Gefühle die Kunstform Oper ermöglicht“.  In Bonn gibt es einen deutlich ruhigeren Parcours der Emotionen, der voraussetzt, dass man zu Schwingungen bereit ist, welche die Oper auslöst. Geliebt, gehasst, jedenfalls treu. Das geht an. Aber tot? Schwingt da etwas anderes mit? Sollte es in Wirklichkeit heißen: Bonn ist tot, lebt Bonn?

Nach dem Einigungsvertrags 1990, als Berlin Hauptstadt des geeinten Deutschlands wurde und auch Regierungs- und Parlamentssitz, sahen viele schon den Untergang Bonns voraus, als Kölner Vorort könnte es vielleicht in kummervoller Leere überleben. Doch wer heute durch Bonn schlendert, wird positiv überrascht. Bonn lebt, es wird gebaut. Denn im Bonn-Berlin-Gesetz aus dem Jahre 1994 sicherten sich Rheinländer Arbeitsplätze, einige Bundesbehörden und Ausgleichszahlungen in Milliardenhöhe. Sie sollten Bonn als Kultur- und Wissenschaftszentrum stärken. Aber da der Drang nach Berlin gewaltig ist, leerten sich die Büros der in Bonn verbliebenen Ministerien. Der Deutsche Bundestages hatte beschlossen, seinen „Sitz und den Kernbereich der Regierungsfunktionen“ nach Berlin zu verlagern, Die „entkernte“ Bundesstadt Bonn barmte um ihre Zukunftsaussichten, dabei hatte sie einige Hochkaräter in ihre Mauern bekommen, so LIFE & BRAIN, das Hochleistungszentrum für medizinische Forschung und Entwicklung und die Stiftung Center for Advanced European Studies and Research (CAESAR), die auf dem Gebiet der Neurowissenschaften forscht. Doch als die einstige Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) einem dubiosen Investor für den Bau des Bonner Kongresszentrums WCCB auf den Leim ging , schien der Tod der Stadt nicht mehr aufzuhalten. Aber, da es im Rheinland nicht nur so kommt, wie es kommt, sondern auch alles gut wird, muss Diekmann nun nur eine Million Euro Schadensersatz an die Stadt Bonn zahlen, und ihr Stadtdirektor auch. Das hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden. Dieckmann hatte die Vorwürfe im Prozess zurückgewiesen. Alle im Rat seien informiert gewesen, sagte sie. „Gerade das Wissen darum, in welch großer Verantwortung wir bei diesem Projekt waren, hat uns zu sehr präziser Arbeit angehalten.“ Die Verhandlung über das Leuchtturmprojekt, das zum Finanzdebakel wurde, fand im Kölner Gürzenich statt, wo sonst der Karneval zu Hauses ist.

Und in einem Positionspapier vom 8. Juli 2021 erwartete die Region nun, dass sich die neue Bundesregierung uneingeschränkt zum „Berlin/Bonn-Gesetz“ bekennt und mit ihr die Verhandlungen „über eine verbindliche Gesamtstrategie für eine zukunftsfähige Fortentwicklung der Stadt Bonn als zweites bundesdeutsches Verwaltungszentrum und Kompetenzcluster für Nachhaltigkeitspolitik zügig aufnimmt.“ Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) will noch in diesem Jahr eine Zusatzvereinbarung zum Bonn-Berlin-Gesetz vorlegen. „Bonn bleibt der Sitz von Bundesministerien. Es geht ja nicht um eine Änderungsvereinbarung, sondern um eine Zusatzvereinbarung. Wir verhandeln also darüber, was Bonn und die Region noch zusätzlich bekommen”, sagte Geywitz. Der Bund habe im Haushalt zehn Millionen Euro eingeplant für die Frage, wie Bonn und die Region weiterentwickelt werden könnten. Bonn hat die Frage schon beantwortet. Wer durch das ehemalige Regierungsvierel geht, findet zwischen Langem Eugen und dem Bundeshaus den UN-Campus und Dieckmanns WCCB als hässlichen Klotz mittendrin. Hier wird zwar nichts mehr entschieden, aber als Bühne steht man bereit. Das muss langen. Und als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 18. Juli zum Tag der offenen Tür in die Villa Hammerschmidt, seinem zweiten Amtssitz,  einlud, kam er selbst am Nachmittag – immerhin – vorbei, begrüßte die Gäste und zog sich in den Park zurück.

Machtlos aber trotzdem großes Theater, große Bühne. Hauptsache Bonn, die Bundes- und UN-Stadt lebt. Und wer sich nach dem Besuch der Bundeskunsthalle vor dem Luxushotels Kameha Grand auf die Terrasse setzt, dorthin wo früher einmal eine Zementfabrik war, und vergisst, dass es auch vor der Pleite stand, und auf den Rhein schaut, den Posttower, den Langen Eugen, den Venusberg und wohin auch immer, der freut sich, dass es neben dem Alten Zoll nun einen weiteren Treffpunkt in der Stadt gibt .  Der freut sich auch auf das neue kulturelle Angebot der Stadt, Beethovens Geburtshaus, die Beethoven-Halle, das Theater und die Oper, natürlich. Die lebt auch. Die neue Spielzeit bringt neben anderen Werken „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ von Kurt Weill. Der Opernregisseur Volker Lösch will in seiner Inszenierung an die Katastrophe des Ahrtals erinnern. So bekommt die angeblich tote Oper eine aktuelle und schmerzhafte Relevanz.  Das Ahrtal ist nicht weit von Bonn.

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Hans-Herbert Holzamer

Autor Kurzvorstellung:

Freier Journalist und Autor

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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