“Between the Sheets”, Bunker, Merlot und kein Sprengstoff: einige Eindrücke aus Belek*

Belek 1

Der verdiente Abklang nach einem langen Golf-Tag in Belek auf perfekt gepflegten Fairways und Greens in totaler Ruhe: ein Negroni oder “Between the Sheets” an der Bar, danach ein variantenreiches, mehrgängiges Nachtessen, dazu ein guter lokaler Merlot. Um mich herum gut und sportlich aussehende Frauen und Männer und sehr sehr aufmerksame Kellner und Kellnerinnen. Kein verschleiertes Gesicht, keine Sprengstoff-Westen in Sicht.

Was, meinen Sie vielleicht, wie kommt der Autor denn nun auf diesen Gedanken, wo doch alles so gut scheint. Nun, leider scheinen etliche Golf Freunde skeptisch zu sein, sobald sie das Wort “Türkei” hören, denn viele meiden die Türkei, genauer: Belek, am Golf von Antalya. Doch nach einer Woche dort scheinen mir diese Sorgen etwas unbegründet. Auch wenn man Sorgen anerkennen und respektieren muss: wer aus ethischen Gründen nicht in die Türkei möchte, sollte dann als Alternative aber auch nicht an die Arabische Halbinsel, die meisten südostasiatischen Länder, die meisten Mittelmeer-Anrainer und wohl 80% der Welt reisen.

Belek 3Ich meine jedenfalls: wer “überall Kopftücher”, Chaos, Schmutz, Menschenmassen, “nirgends Alkohol”, massenhaft Aggression, unfreundliche Menschen und ähnliches erwartet, würde in Belek und Antalya bitter enttäuscht sein.

So schlimm es für den lokalen Tourismusbetrieb auch sein mag, dass auch Russen weniger Geld für Auslandsreisen ausgeben können, dass auch sehr viel weniger Europäer, vor allem deutsch-sprechende, derzeit in die Gegend kommen, und auch “Covid” für viele eine berechtigte Sorge ist: für die, die dennoch kommen, ist es eine Wohltat.

Gerade jetzt in der Winter- oder Vorsaison bieten viele Reiseveranstalter extrem günstige Reisen an, mit vielen “All-inklusive” Angeboten. Und günstig heisst nicht “billig”, denn die Gegenleistung ist erstaunlich. Ich hatte solche Opulenz und so guten Service nicht erwartet. Belek 3

Online hatte ich eine Last-Mute Reise ab Basel gebucht, anderthalb Tage vor Abflug. Das Problem fing damit an, dass es nicht nur ein echtes Last-Minute Flug mit Hotel Angebot gab, sondern gleich mehrere. Die Qual der Wahl. Ich entschied mich für das Gloria Golf Hotel, vielleicht, weil das Wort “Golf” im Namen den Eindruck weckte, näher an Golf-Anlagen zu sein. Nun, wie diejenigen wissen, die vielleicht schon öfters in der Gegend waren: Eigentlich ist jedes Hotel dort in der Nähe oder direkt an einer Golfanlage.

Ein Golfplatz reiht sich dort an den anderen. Jedes Hotel hat “seinen” Golfplatz, zu denen man entweder geht, oder den kostenlosen hoteleigenen Shuttle benutzt und bei denen man ermässigte Green-fees zahlt. Aber man kann eigentlich überall spielen, und alle sind leicht erreichbar. Von einem Ende der Golf Zone zur andern sind es maximal 15 Kilometer und es erwarten einen 11 Clubs, 12 18-Loch Anlagen, 2 27-Loch Anlagen, 3 9-Loch Kurse. Und alle, die ich mir kurz ansehen konnte, sahen ähnlich gut gepflegt aus.Belek 4

Wiegesagt, meine Hotelauswahl war eher zufällig. Aber einmal dort, stellte ich fest, dass auch der Türkische Golfverband das Hotel und den Gloria-Golfclub nutzte. Der Verband hatte dort das Trainingslager für die Jugend Nationalmannschaft (die meisten zischen 15 und 18 Jahre alt), erst die jungen Damen und danach die jungen Herren. Das wird seinen Grund gehabt haben.

In der Tat fand ich die Übungsanlage im Gloria exzellent, abgesehen von der Freude, den jungen Damen beim Training zuzusehen und sich mit den netten Trainern zu unterhalten: die Schwünge hatten nichts übermenschliches an sich, aber die Konsistenz war schon beneidenswert.

Einen Trackman kann ich mir nicht leisten, aber eine Trainingseinheit fand ich als Amateurgolfer doch interessant und nachahmenswert: ein Par-2 Wettbewerb an und um einem Pitching green. Rund um eine der grossen, und schwierig ondulierten Übungsgrüns waren in unterschiedlichen Abständen vom Green Stationen aufgebaut. Jeweils zwei der Teenager traten gegeneinander an, um den Ball mit 2 Schlägen ins Loch zu bekommen (Par), das Ergebnis zu notieren und dann an die nächste Station zu treten. Ganz generell wurde eigentlich jeder der vielen Schläge nicht 1000 Mal wiederholt. Lediglich beim individualisierten Driver-Training wurde jedes Mädchen individuell mit Trainer und Trackman für vielleicht 20 Minuten betreut.

Ach ja, gespielt habe ich ja auch noch. Eine Abschlagszeit zu bekommen war kein Problem. Während in der Hauptsaison werde pro Tag oft 600 Spieler auf den 2 18-Loch und einer 9-Loch Anlage des Gloria Clubs durchgeschleust. Diesmal schätze die Maximalanzahl an Golfern in der letzten Januar-Woche dort auf 20 oder 30 pro Tag.

Ich war jedenfalls allein, weder vor mir noch nach mir irgendein Flight. Genug Zeit also, versprengte Bälle unterhalb der vielen Pinien zu suchen, mehrfach zu versuchen, aus Bunkern mit hellem, weichen Sand zu schlagen, oder mysteriös verschwundene Bälle hinter schwierigen Greens als aufgegeben zu betrachten, oder mich zu freuen, einen Ball nicht im vielen Wasser verschwinden zu sehen. Erst nachher las ich in einem Golfbericht: wer Wasser nicht mag, sollte nicht den Gloria “new course” spielen. Nun, “Championship” Plätze haben das halt so an sich, dass sie herausfordernd sind.

Ich denke, ich komme wieder, und Golfen ist nur einer von vielen Gründen, das zu tun.

Manavgat
Manavgat (in der Nähe von Belek)


* – (Leicht redigierte Version eines Artikels, der erstmals 2017 in “swissgolfnetwork” veröffentlicht wurde.)

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Gregor C. Heinrich

Autor Kurzvorstellung:

In Argentinien geboren, in 10 Ländern aufgewachsen und/oder gearbeitet, wohne ich seit vielen Jahren in der Schweiz. Reiseartikel schreibe ich seit ca 1988.

Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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