Am Ende des malerischen Gsieser Tals wird es ziemlich beschaulich. Eine gut ausgebaute Straße führt durch das 20 Kilometer lange Tal – vorbei an urigen Bauernhöfen und Almhütten. Was diesen Seitenarm des Pustertals so besonders macht, ist die einzigartige Landschaft mit seinen schönen Wanderwegen und sanften Bergkulissen. Hier ticken die Uhren etwas langsamer. Aber nur, wenn es darum geht, mal richtig runterzukommen. Inmitten eines weitläufigen Wandergebietes zwischen Dolomiten und der Rieserferner-Gruppe liegt das Hotel Quelle Nature Spa. Kein alter Kasten mit überbordendem Alpenkitsch, sondern ein modernes Wellnessresort mit Tradition und ganz viel familiärer Natürlichkeit. Ein selbstgenügsamer Ort, um die Reserven wieder aufzuladen.
Text: Birgit Werner
Fotos: Andreas Bienert/Fotos Hotel Quelle
Vom Segen sehender Hände
Julia leistet ganze Arbeit. Mit sanftem Druck bearbeitet die Heil-Masseurin gezielt! die Schmerzpunkte meiner Rückenmuskulatur. Die fließenden Streichbewegungen mit einer wohlriechenden Ölkomposition aus Mandeln, Sonnenblumen und Sesam sorgen für intensive Entspannung. Julia spürt sich akribisch an meine schmerzenden Stellen. Ich genieße jede Sekunde. Dann verteilt sie auf meinem eingeölten Rücken Schröpfgläser. Und bewegt sie von oben nach unten. Mit einer Pumpe wird Unterdruck erzeugt. Das „regt den Stoffwechsel und die Durchblutung an“, erklärt Julia. Kopfschmerzen und Muskelverspannungen lösen sich auf, und so auch meine Gedanken. Aufwachen: Eine Stunde Hingabe ist vorüber.
Ankommen und runterkommen
Kurz nach unserer Ankunft im Resort war das Büroadrenalin merklich abgekühlt. Schon beim Einchecken blieb der Stress wo er hingehörte, in der Garage: Jedes Zimmer hat seinen eigenen Stellplatz mit gleicher Zimmernummer. Und die wird per SMS vor Ankunft auf das Handy geschickt. In unserem Fall, Zimmer Nr. 138. Eine der neuen „Romantic Fire“ Suiten mit Rundbett, Effektkamin und Naturloggia nebst Romantikschaukel. Die riesigen Designersessel sind raumfüllend. Da bleibt leider nicht allzuviel Platz für Kleiderschrank und Ablagen. Dafür ist das automatische Licht beim Begehen des Kleiderschrankes eine nette Spielerei, wie auch der Sternenhimmel über dem Bett, der bei Dunkelheit leuchtet und die Doppel-Regenwalddusche im großräumig, verglasten Bad.
Wir öffnen die Terrassentür und wow: Der Blick auf den Bio-Badeteich, den weitläufigen Garten und die beeindruckenden Berge, ist Balsam für Seele und Augen. Gleich dort beginnt auch der Sinnesspaziergang für müde Füße: ein 100 m langer Natur-Kneippweg mit 24 verschiedenen Untergründen, von Kieselstein über Sand bis Holz. Leise blubbert der Wildbach dazu.
Genug des Müßigganges, wir sind verabredet mit Manuel Steinmair, dem Juniorchef des Hauses. Bei einem Rundgang erzählt er uns, dass sich das Hotel Quelle seit 1950 im Besitz der Familie befindet. Damals gründeten seine Großeltern Benedikt und Elisabeth Steinmair das Gasthaus mit nur sieben Zimmern und einer kleinen Gaststube. Heute fügt sich das Nature Spa Resort aus verschiedenen Gebäudeteilen zu einem harmonischen Hotelareal zusammen, das wie ein alpines Bergdorf anmutet.
Von Heiß auf Eis
Seit diesem Sommer 2017 darf sich das Nature Spa Resort über den 5. Hotelstern freuen. „Im Zuge des Umbaus im vergangenen Frühjahr wurde der Spa Bereich auf 2.500 Quadratmeter erweitert,“ erklärt Manuel Steinmair voller Stolz und zeigt uns als besonderes Wohlfühlerlebnis die erste Schneesauna der Alpen. „Die Kombination aus Saunawärme mit der trockenen Kälte des Schneeraums hat sich als besonders effektiv herausgestellt. Oft wird das angenehmer empfunden als ein Kaltwasserbad.”
Sehr beeindruckend und wie funktioniert das? Der Schnee ist ausschließlich aus Wasser und Luft erzeugt und deshalb besonders flauschig. Mit einer Temperatur von bis zu minus zehn Grad bietet die neun Quadratmeter große Sauna zu jeder Jahreszeit eine schonende und angenehme Abkühlung nach dem Saunagang. Frauen sollten sich drei bis fünf Minuten dort aufhalten, während Männer vier bis acht Minuten im kühlen Schnee verweilen sollten. Ob sitzend oder stehend, ist dabei reine Geschmackssache. Pantoffeln an den Füßen helfen, die empfohlene Aufenthaltsdauer auch bequem einhalten zu können.
Soviel Superlative ist natürlich beeindruckend aber „geht’s auch traditionell“, frage ich Andrea Schenk, die Aufgussmeisterin, die uns beim Rundgang im Wellnessbereich begleitet. „Je nach Geschmack und Hitzeempfindlichkeit bieten wir 10 verschiedene Themensaunen von 40 – 90 Grad.“ Viele Gäste schwärmen vom Aufguss in der Infinity-Eventsauna. „Die richtige Auswahl an duftenden Kräutern und Ölen, passende Musik und vor allem aber der 360 Grad-Blick durch die großen Panoramafenster sind die Zutaten für dieses besondere Wellnesserlebnis,“ verrät Andrea und erklärt uns beim Weitergehen die „Duftreise“, die auf einer Schiefer-Tafel angekündigt wird, als wir bei der Finnischen Sauna ankommen. Jeden Tag stellt die Saunameisterin verschiedene Kräuter und Öle zusammen, die aufgegossen und sanft verteilt werden.
Sie erklärt das Saunavergnügen und vor allem richtiges Saunieren mit so viel Leidenschaft, dass selbst textilaffine Italiener verstehen, warum man die Badehose während des Saunierens besser an den Nagel hängt. Zum ganzheitlichen Spavergnügen zählen auch die sieben verschiedenen In- und Outdorrpools, sowie ein Panorama-Freibad mit Sprudeldüsen und Gegenstromanlage. Die Solegrotte soll dabei helfen, Körper und Geist mit der Urkraft des Salzes zu regenerieren.
Auf der Alm wird Sündigen Groß geschrieben
Nach einer erholsamen Nacht wartet um 7 Uhr das Frühstück auf uns. Das Büffet im Restaurant lässt keine Wünsche offen. Da verwöhnt Elfriede mit der Zubereitung köstlicher Eierspezialitäten oder Waffeln selbst Morgenmuffel. Genau die richtige Stärkung, bevor es mit dem E-Bike zur Uwaldalm geht. Schnell noch einen frisch gepressten Gemüsesaft und ein kleines Biobrötchen mit auf den Weg.
Manuel und Barbara warten bereits an der Rezeption darauf, uns auf die hauseigene Alm zu begleiten. Barbara ist der Fitnessguru des Hotels, wenn es darum geht, neben dem Relaxen auch ein bißchen die müden Musklen zu pimpen. “Ich bin im Hotel Ansprechpartnerin für geführte Wanderungen, Biketouren, Nordic Walken und betreue viele Aktivprogramme, wenn es zum Beispiel um Pilates, Yoga oder Zirkeltraining geht,” betont die ehemalige Biathlethin. Wir schwingen uns also auf unsere E-Bikes und starten direkt vom Hotel. Der Mountainbikeverleih ist übrigens kostenlos, nur für Räder mit Strom fallen 15 Euro an.
Wer die Alm erwandern will, geht vom Parkplatz der Talschlusshütte bequem über den Wegweiser/Forstweg Nr. 12 zu Fuß bis zum Gipfel. Der Weg schraubt sich bis auf 2.042 m stetig bergauf, mit einer mäßigen Steigung, die immer wieder den Blick freigibt auf das malerische Gsieser Tal und die Braxener Dolomiten. Nach 1 Stunde und 15 Min. oben angekommen, erwartet uns ein köstliches zweites Frühstück, das Sahra und Matti immer am Wochenende mit viele Liebe zubereiten. Die Südtiroler Schüttelbrotnudeln und Kaspressknödel mit Kraut haben auf jeden Fall Suchtcharakter. Und wieder grüßen die Dolomiten in ihrer vollen Pracht: Ich kann mich gar nicht satt sehen. Das gehört wohl auch zum Runterkommen. Geöffnet ist die Alm täglich außer Montag vom 27.05. bis 15.10. und im Winter von Dezember bis Ende März.In kaum einer anderen Region Südtirols gibt es eine größere Auswahl an urigen, bewirtschafteten Almen, die alle einen Besuch wert sind. 12 bewirtschaftete Hütten laden von Mai bis Ende Oktober zum Verweilen ein.
Idylle, soweit das Auge reicht
St. Magdalena-Niedertal und Obertal bezeichnen die letzte Ortschaft des Gsiesertales auf einer Meereshöhe von 1.400 m. Einige Höfe liegen hier sogar auf 1.530 m, sie werden umrahmt von den Ausläufern der Rieserfernergruppe und den Defreggeralpen. An der Talschlusshütte in St. Magdalena starten zahlreiche Wanderungen, wie z.B. der Almweg 2000. Dieser führt in einer mehrstündigen Rundwanderung auf einer Meereshöhe von 2000 m von einer Almhütte zur nächsten. Urig, eindrucksvoll und – mit einer Einkehr verbunden – köstlich.
Wir beschließen nach der Abfahrt von der Uwaldalm noch einen Abstecher mit dem Bike auf die Oberbergalm 1.975 m zu machen (täglich geöffnet von Juli bis Oktober). Los gehts von der Talschlusshütte immer dem Forstweg 49 folgend. Der Weg ist leicht ansteigend durch den Wald und an Almwiesen vorbei, zunächst an der Messnerhütte 1.659 m (donnerstags Ruhetag) und der Pidigalm bis hin zur Kradorfer Alm auf 1.704 m (montags Ruhetag). Dort erwartet Kinder ein wunderbarer Spielplatz mit Indianerzelt, Schaukeln und Rutschen. Ist man ohne Kinderwagen unterwegs, verlässt man nach etwa 1 km den Forstweg 49 und biegt links in den Weg 49a ein, der auch als „Eichhörnchenweg“ ausgeschildert ist. Dabei wird der Pidigbach überquert. Nach einer leichten Steigung über einen schmalen Waldsteig gelangt man auf schöne Almwiesen, immer wieder an den hölzernen Eichhörnchen vorbei bis hoch zur Alm.
Bis zur Oberbergalm am Ende des Tals, ist es noch ein Stück. Wir sind jetzt fast alleine. Der Weg zieht sich dann doch ein bisserl und ist zuweilen recht steil. Oben angekommen, begrüßt uns ein freier Blick ins Gsieser Tal. Franz und Maria, die Hüttenwirte der Obernbergalm leisten uns Gesellschaft bei Eiern mit Speck und einem kühlen Bier.
Nach der Jause und zig urigen Gschichten später reißen wir uns von der Idylle, Maria und Franz los und machen uns auf den Heimweg über den Gsieser Talblickweg. Auf diesem Rundweg, der auch als leichter Wanderweg markiert ist, erschliessen sich uns immer wieder grandiose Blicke auf das gesamte Gsieser Tal. Wir fahren mit unserem Bike durch einen harzduftenden Wald, durch blühende Wiesen, vorbei an typischen Gsieser Bauernhöfen und schmucken Dörfern und Weilern. Dieser Talblickweg ist übrigens ein Erlebnis-Rundweg, den man von unendlich vielen Standorten begehen oder erfahren kann. Er ist entsprechend gekennzeichnet und mit weißen Punkten markiert. Nach einer guten Stunde sind wir wieder im Hotel angekommen und stürzen uns in die Fluten des Pools.
Von hier bis unendlich! Mein persönliches Highlight – der neue Infinity-Outdoorpool.
Gourmet-Kick und Gin-Geschichten
Vollständig erfrischt, die Muskeln entspannt, erwartet uns Florian Stamer der Chefkoch der Quelle mit einem siebengängigen à la carte Dinner im Restaurant. Auch er ist, wie die meisten Angestellten des Hotels schon sehr lange dabei. Für Florian “ist Kochen Lifstyle, Kunst, Philosophie und harte Arbeit,” denn schließlich möchte er unvergessliche Geschmackserlebnisse kreieren. Und das gelingt ihm hervorragend. Wir genießen köstliche Schmankerln – heute abend ist es die klassische Tiroler Küche mit Raffinessen à la Florian Stamer. Ein gutes Glas Wein darf jetzt natürlich auch nicht fehlen. Weinakademiker und Sommelier Akos kredenzt uns besondere Tropfen aus Italien und gibt uns faszinierende Einblicke in die Welt des Weines. Selten bin ich nach dem Essen so zufrieden und so faul gewesen.
Zum Abschluss eines gelungenen Tages gehen wir noch an die Hotelbar, denn schließlich müssen die Eindrücke noch ein bisserl nachbesprochen werden. Das geht am besten bei einem entspannten Mai Tai oder einem Gin Fizz. Barmeister Stefan Lecher ist bestimmt wieder für eine Überraschung gut, schließlich gilt seine besondere Passion dem Gin, dem Rum und dem Whisky. Am Ende eines spannenden Tages wissen wir nicht nur viel über das romantische Gsieser Tal sondern auch alles über Ginqualität und feine Cocktails.