„Was – spinnst du? Jetzt, wo es bei uns endlich warm ist, fliegst du nach Alaska in die Kälte?“ So waren die Reaktionen von Freunden, als ich im Juni ins Flugzeug nach Fairbanks stieg! Aber: falsch gedacht – der Sommer ist in Zentral-Alaska genauso angenehm warm wie bei uns, er ist nur wesentlich kürzer. Außerdem erwarteten mich rund 21 Sonnenstunden am Tag – zur Sommersonnenwende geht die Sonne gar nicht erst unter!
Viele Unternehmungen waren also geplant: Fairbanks auf Herz und Nieren erkunden, zu den Eskimos in den Norden fliegen, in die tiefste Bergwelt zu den heißen Quellen fahren und natürlich den weltberühmten Denali Nationalpark erkunden. Unangenehm nur, dass zwar ich in Fairbanks ankam, mein Gepäck jedoch leider nicht! Einkaufen?? Eher schwierig! In den wenigen Shopping- Malls, die zwar rund um die Uhr geöffnet haben, rechnet man dann doch weniger mit europäischen Gardemaßen von 1,80 Körpergröße und bei den Kosmetika war ich schon dankbar Zahnpasta und Deo vorzufinden. Make up? Fehlanzeige!
Mit einem um zwei Uhr morgens erstandenen T-Shirt und einer 10 cm zu kurzen Jeans geht es also auf den Schaufelraddampfer am Chena River. Der Kapitän erzählt den Gästen via Lautsprecher über das einstige Leben der Indianer am Fluss. Ein krasser Gegensatz zu den riesen Villen, die heute das Ufer säumen. Vor ihnen stehen „ mein Auto, mein Flugzeug, mein Boot!“
Ebenso innovativ zeigt sich auch das Morris Thompson Center in der Stadt: eine Mischung aus Tourist-Information um von hier aus Ausflüge zu organisieren und zugleich Kulturzentrum. Echt sehenswert ist dagegen das University Museum of the North, in dem man alles über die Ureinwohner des Landes erfährt, heimische Kunst und zudem die größte Goldausstellung des Landes bewundern kann. Im schön angelegten Pioneers Park erfahre ich anschließend Goldgräber-Geschichte hautnah. Eine Theater-Show erzählt vom ersten Gold-Fund 1902 durch den Italiener Felix Pedro und dem nachfolgenden unfassbaren Goldrausch! Im Park kann man den ganzen Tag verbringen und sich zwischendurch mit gegrilltem Lachs und baked potatoes in einer Art „amerikanischem Biergarten“ stärken.
Nach so viel Kultur freue ich mich auf meine Fahrt rund 60 Meilen östlich zu den Chena Hot Springs. Durch riesige Wälder, vorbei an Flüssen und unberührter Natur geht es bis tief in die Berge. Hier entspringen so heiße Quellen, dass man den Naturteich erst um einige Grad kühlen muss um dann im angelegten Becken nebenan baden gehen zu können. Die dabei gewonnene Energie wird zum Heizen, für Treibhäuser und zum Kühlen einer pfiffigen Eisbar genützt. Zunächst erkunde ich die Gegend bei einem Ausritt und nehme auch gern die Gelegenheit zu einer Schlittenhunde-Tour an. Musher ist eine junge Lady, die mir stolz ihren Husky-Nachwuchs zeigt und erklärt, was man beim korrekten Einspannen der Hunde beachten muss. Nach einem wilden Kart-Race freue ich mich auf ein heißes Bad in den Quellen. Sehr angenehm und herrlich entspannend. Auch am nächsten Morgen gehe ich zeitig schwimmen und sehe Besuchern bei ihrem Frühstück zu: Moose (Elche) fressen gerne die Algen, die sich im warmen Wasser bilden.
Bevor es wieder zurückgeht in die Stadt, muss ich unbedingt noch das liebevoll gestaltete Aurora Ice- Museum mit seinen glitzernden Schönheiten ansehen. Wer will, kann hier auf Karibu-Fellen auch die Nacht im Ice-Bungalow verbringen oder einen Apple-Martini an der Bar genießen. Ein echt „cooles“ Erlebnis!
Zurück in Fairbanks, gibt es nachmittags im Wedgewood Resort nach einem Spaziergang im Vogelareal Creamers Field, noch einmal Beautys ganz anderer Art zu bestaunen. Das private Fountainhead Museum birgt rund 60 nordamerikanische Oldies aus der Zeit zwischen 1898 und 1936 und dazu, zeitlich abgestimmt, die passende Mode – eine tolle Idee! Ein traumhaftes Charleston-Kleid und ganz besonders den orangen Auburn hätte ich wirklich zu gerne mitgenommen!
Sehr zeitig aufstehen heißt es am nächsten Morgen. Um fünf Uhr geht es per Shuttle auf den berühmten Dalton Highway Richtung Norden. Die Straße wurde in den 70ern im Vorfeld der Pipeline gebaut, die ganz Alaska von der Prudhoe Bay im Norden 1287 km lang Richtung Valdez im Süden durchzieht. Wegen des Permafrostes ist sie zu großen Teilen oberirdisch auf Stelzen verlegt – ein eigenwilliges Bild! Aber man ist – optisch gesehen – dankbar um diese lange Raupe, denn neben riesigen, oft stellenweise (absichtlich) brennenden Wäldern und weiter Tundra gibt es hier absolut nichts. Übrigens: auch keinen Handyempfang!!!
Nur Wildnis und Abgeschiedenheit pur. Ganz gelegentlich kommt uns ein Truck entgegen, manchmal sogar ein Camper. Highlights sind die Überquerung des Yukon und des Polarkreises, an dem zur Sommersonnwende die Sonne nicht unter- und zur Wintersonnwende nicht aufgeht. Beim Trucker-Stopp in Coldfoot, einer ehemaligen Goldgräberstadt, steige ich in eine Chesna um. (Gott Lob – die Alternative wäre gewesen vier Stunden zwischen rund 50 einsamen Truck-Fahrern zu verbringen!) Ziel ist der Anaktuvuk Pass bei der Brooks Range.
Unser Pilot fliegt uns zum Nunamiut Inuit village, einem Dorf, in dem heute rund 300 Eskimos wohnen, gewachsen aus sieben Familienstämmen, die sich hier einst niederließen. Dahin ist sie nun, meine Vorstellung vom Eskimo-Iglu aus Eis! Wo um 1960 noch wenige Holz-Lehmhütten standen, sind heute Häuser mit Elektrizität und allem Komfort errichtet. Mickey Paneak, unser Guide zeigt mir stolz Internet und Fernsehen, eine Kirche, eine Polizeistation und ein Hospital mit Krankenwagen – ach ja, und da wären noch die Toiletten, die dann schon mal – praktischer Weise – außen am Haus angebracht sind! Dem Öl und der Pipeline sei Dank, sie brachten Reichtum und Wohlstand. Ob man deshalb heute glücklicher lebt…?
Über wie marmoriert wirkende Berge, weite Tundra und von unzähligen Flüssen und Seen durchzogene Landschaft, geht es zurück nach Fairbanks.
Noch einmal steige ich am letzten Tag ins Auto – diesmal Richtung Süden. Nach zweieinhalb Stunden auf dem Highway erreiche ich den Denali Nationalpark. Vom Visitors Center aus hat man Gelegenheit zu verschiedenen Bustouren in den Park. Hinein kommt nur, wer angemeldet ist! Der 24 585 qkm umfassende Park beeindruckt mit sensationeller Fauna und Flora. Wer Glück hat trifft auf Elche, Dall-Schafe, Wölfe, Braunbären, Karibus oder Grizzly-Bären. „Mein Grizzly“ ist rund 1 Km von mir entfernt, worüber ich relativ glücklich bin! Oft lassen sich die Objekte der Fotohungrigen sehen, aber eine Garantie gibt es nicht. Was jedoch sicher in Erinnerung bleibt, sind die endlosen Weiten, gesäumt von blau-lila schimmernden Bergketten und der sich majestätisch daraus erhebende schneebedeckte Mount McKinley. Denali, „der Hohe“ nannten ihn schon die Athabascan Ureinwohner. Mit seinen 6194 Metern ist er der höchste Berg Nordamerikas.
Erfüllt mit grandiosen Eindrücken von unberührter Natur kehre ich zurück zu meinem Hotel. Abends, rund 12 Stunden vor meinem Rückflug, steht plötzlich mein Koffer vor der Tür. Ich schmunzle und lasse ihn verschlossen – für Alaska braucht man kein Make up!
www.explorefairbanks.de
Text und alle Fotos: Adelheid Wanninger
Von Gerhard Fuhrmann In zahlreichen österreichischen Tourismusregionen wird die Wintersaison mit einem Ski-Opening eröffnet – in Obertauern beim Rock meets ... Weiterlesen