Eine schöne Frau. Manuela Gorza. Klassische Tänzern einst. Mit aufregenden Jahren in Padua, New York und Mailand. Doch das Lächeln, das ihr Gesicht gerade überzieht, ist von etwas Spott durchzogen. Vielleicht sogar einem Hauch Verbitterung. Denn sie erzählt gerade, wie ihre Familie einst in diese Gegend kam – und ihr nichts als Steine in den Weg geworfen worden waren. Dies drückt der Hauch Verbitterung in diesem Moment vermutlich aus. Doch dass sie es trotzdem geschafft hätten. Gegen alle Widerstände. Und nun fabelhaft da stünden. Dies drückt wohl der leise Spott in ihrem Lächeln aus – das jenen Einheimischen unten im Tal gilt, welche sich so sehr gegen ihre Familie aus Feltre in der Provinz Belluno gestellt hatten. Das, was momentan so fabelhaft läuft, ist: das kleine, aber ausgesprochen feine Skigebiet Porta Vescova Dolomiti Resort bei Arabba in der an Südtirol angrenzenden Region Venetien. Es ist das einzige Wedel-Resort von ganz Italien in Privatbesitz. In Gorza-Besitz.
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ABGEFAHREN! Die Ski-Reporter von Reise-Stories.de unterwegs im Schnee. Jede Woche wieder! Um aktuell zu schildern, wie es auf den Pisten von ……. gerade aus sieht. Dieses Mal: So war es am 17. Januar 2015 in Arabba / Venetien / Italien.
Foto oben:
Selbst bei miesem Wetter eine fabelhafte Aussicht im schönsten Gebirge der Welt, den Dolomiten – hier von einer Porta Vescovo-Piste aus.
Fotocredit & Copyright aller Fotos dieses Reports:
Jupp Suttner. Sämtliche Bilder wurden aufgenommen am 17. Januar 2015.
Text:
Jupp Suttner
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Signora Gorza erzählt an diesem Abend aus der in den 60iger-Jahren mit ihrem Vater Luigi Gorza beginnenden Vergangenheit. Temperamentvoll schildert sie im Restaurant Viel dal Pan, der höchstgelegenem Gourmetstätte (2.478 m) der gesamten Sella Ronda, das Einst. Im Viel dal Pan, integriert in die Porta Vescovo-Bergstations-Hütte, steigt jede Woche einmal ein Gala-Dinner – sechs Gänge…
…des Meisterkochs Ivan Matarese für 95 Euro inklusive Bergfahrt (19.30 Uhr) und Talfahrt (23.30 Uhr). Wobei die Bergfahrt mit Amusegoeules und einem Glas Franciacorta in der Gondel sich als ausgesprochen genussreich entpuppt. Nach dem Dessert ist es den Gästen möglich, an der Teleskopstation den Sternenhimmel zu betrachten.
Nicht jedoch uns. Wir sind bei unserem ABGEFAHREN-Besuch in eine Schlechtwetterfront geraten. Die bereits Frühmorgens mit einem Chaos begann. Ausgelöst durch Theo. Denn: Theo ist ein ewiger Trödler…
Wir wissen das schon. Aber das jetzt – ist wirklich zu viel: 14 (vierzehn!) Minuten zu spät! Was erlauben Theo? Der gesamte Skifahrplan der deutschen Gruppe kommt damit durcheinander! Was ja noch ginge. Aber: Wir fahren heute Ski gemeinsam mit italienischen Freunden – was sollen die von den pünktlichen Germanias denken?!?
Wir feuern den Taxifahrer, der uns von Corvara, wo wir im wunderbaren 5-Sterne-Hotel Sassongher abgestiegen sind, ins 1.600 m hoch gelegene Arabba hinauf kutschiert, feurig an – schneller!, schneller!, avanti!, avanti! Dann sind wir da. Nur knapp zu spät. Und die Italo-Freunde? Befinden sich Gott sei Dank noch nicht vor Ort: Blamage vermieden! Wir atmen erleichtert durch und auf. Und schließen rasch die Schnallen unserer Schuhe. Allerdings etwas zu früh. Weil…
Um es kurz zu machen: Unsere italienischen Skibegleiter(innen) dieses Tages erscheinen – 50 Minuten NACH uns. Fröhlich und unbeschwert. Ohne jegliche Gewissensbisse. Man habe doch Urlaub, erklären sie, nur keinen Stress bitte. Und dann reden sie und reden sie und reden sie – statt endlich los zu carven!
So ist das eben gelegentlich mit Skifahren südlich des Brenners: Man trifft dort auf Menschen, denen Lebensgenüsse wichtiger als absolvierte Pisten-Kilometer erscheinen. Und vielleicht sollte man von dieser Mentalität ja ein klein wenig annehmen. Aber andererseits: Ist derlei auf den elf Pisten des Porta Vescovo Resorts überhaupt möglich? Und wünschenswert? Denn man möchte – zumindest bei guten Sichtverhältnissen – hier die Kanten auf den insgesamt 21 Pisten-Kilometern möglichst intensiv zum Glühen bringen.
Vor allem, wenn es auf die schwere Strecke Nr. 03 geht, die 2,8 km lange Pista Fodoma mit 805 m Höhendifferenz – ein schwarzer Genuss der feinsten Art: nicht ZU schwarz-intensiv – aber schwarz genug, um eine wahre Challenge zu bieten. Vor allem bei den heutigen Sichtverhältnissen. Gottseidank kennen wir
diesen „Klassiker“ der Sella Ronda bereits von früheren Visiten her, als Kaiserwetter herrschte, so dass wir in ungefähr noch wissen, wie es jeweils weiter geht.
Natürlich kann man diesem schwierigen Part auch aus weichen: Indem man von der Bergstation aus die rote 01, die Salere-Abfahrt, bis zur blauen 04 hinab schwingt, die dann gemütlich zur Gondel (insgesamt neun Aufstiegshilfen am Berg) führt. Freerider finden ihr Glück vor allem auf der Skiroute 46, genannt Grande Guerra, in Erinnerung an den 1. Weltkrieg, der hier einst tobte.
Die Sella Ronda hatten wir bereits erwähnt – Porta Vescova offeriert sicherlich den rassigsten Part im Rahmen der berühmtesten Skirunde der Welt. Jene führt wie ein Marathon 42 Kilometer lang rund um den Sellastock und ist perfekt ausgeschildert: Wer den orangefarbenen Markierungen folgt, bewegt sich mit dem Uhrzeigersinn, genießt mehr Sonne und trifft unserer Meinung nach auf die attraktiveren Hänge. Gegen den Uhrzeigersinn muss man die grünen Hinweistafeln beachten.
Für die Sellarunde trifft voll zu, was Reinhold Messner immer zu sagen pflegt: „Wir haben in meiner Heimat nicht die höchsten – aber die schönsten Berge der Welt.“ Die Sella Ronda gilt deshalb als Muss in jedem Skifahrer-Leben. Inklusve Porto Vescova mit ihrer Pista Fodoma.
Jene ist ihrer Schwarzheit wegen meist ziemlich leer – vor allem bei miesem Wetter wie heute. Trotzdem stürzen wir uns bereits zum vierten oder fünften Mal in sie, können einfach nicht von ihr lassen. Doch irgendwann ist es endlich genug und wir wünschen uns für die nächste Stunde nur noch eines: reden und reden und reden wie die Italiener – statt fahren und fahren und fahren. Wir werden doch nicht etwa zu Genießern werden?
Und wir wissen jetzt schon, dass wir auf Theo in den nächsten Tagen nicht unbedingt warten müssen, wenn wir nach dem Lunch vor der Hütte unsere Ski anschnallen, um auch am Nachmittag noch ein paar Schwünge zu ziehen. Er wird nicht kommen. Sondern wird bei Dolce und Vino und Espresso die italienische Art des Skispaßes zelebrieren. Fast können wir ihn verstehen.
Vor allem jetzt, Stunden später, am Abend, beim gerade fünften Gang des Gala-Dinners auf 2.478 m Höhe. Mit der schönen Frau Gorza als Erzählerin.
Jupp Suttner
Infos über das Skigebiet: www.dolomitiportavescovo.it
Infos über die Sellaronda: www.dolomitisuperski.it
Infos über die Region: www.infodolomiti.it
Infos über das Land: www.enit.it