Passend zum Wetter lacht mich Luca Bini bei strahlendem Sonnenschein auf der Terrasse seines Weinhauses in Isera nahe der malerischen Stadt Rovereto an. Hier in der Vallagarina, dem südlichsten Abschnitt des Etschtales an der Grenze von Trient, parallel zum Gardasee gelegen, ist die ganze Umgebung im Tal vom Weinbau geprägt.
Die Vallagarina gilt als das Tor zu Italien, der erste richtige Anlaufpunkt für Reisende, die Italien in seiner aufrichtigsten und authentischsten Form sehen möchten. Für alle, die von Norden aus Südtirol kommen ist es das erste Gefühl des „Italianismus“.
Hier treffen die Charakteristika der venezianischen Einflüsse auf die Eigenarten der Südtiroler Region um Bozen.
Was liegt da näher, genau an diesem Punkt ein Weinhaus zu gründen, das in seiner Gastlichkeit zum Treffpunkt der Kulturen und Reisenden wird.
Und Luca Bini ist Gastfreund aus Leidenschaft. Er gilt als der Gastfreundschaftsbotschafter seines Weinhauses, das er zusammen mit seiner herzlichen Partnerin Diletta Neri führt.
Luca Bini tritt mir direkt, dynamisch, zielstrebig und lebhaft entgegen. Es ist ihm ein Anliegen, mir seine Gegend der Vallagarina zu zeigen, bevor ich die Genüsse seines Hauses kennenlernen soll.
Hoch hinauf in Serpentinen geht es auf eine terrassenartige Plattform, die in den Berg getrieben wurde und unterhalb der sich ein großer Gemüsegarten befindet. Auf der Plattform liegt eine kleine Lodge, von der Terrasse sich ein atemberaubender Blick über den Ort Isera, das Tal Vallagarina, bis hinunter nach Rovereto eröffnet. Die Hänge sind gesäumt von Weinreben, aus denen vor allem der prickelnde Genuss des für die Region typischen TrentoDOC gewonnen wird.
Zahlreiche Schaumwein-Produzenten laden zu einem Besuch ein.
Wie gut, dass ich bei Luca Bini genau an der richtigen Adresse in Sachen Genuss in der Region Trentino bin.
Das Weinhaus von Luca Bini ist ein einzigartiges Projekt in Italien, das in einem wunderschönen Herrenhaus namens „Palazzo de Probizer“ entstand, als es vor 20 Jahren von der Gemeinde Isera gekauft wurde. Mehr als 30 Erzeuger aus der Region sind Mitglieder dieses Projekts, der Gast und Kunde kann hier ein umfassendes Genusserlebnis regionaler Spezialitäten wie etwa Wein, Schaumwein, Käse, Gemüse, Salami, Fleisch, Fisch und viele andere Lebensmittel verkosten bei herrlichem Ausblick mit Übernachtungsmöglichkeit in einem besonderen Ambiente.
Doch damit nicht genug, denn das Weinhaus ist auch Treffpunkt der Kultur, jede Woche finden hier thematische Veranstaltungen statt, meist rund um das Thema Wein. Gastfreundschaft ist eine Leidenschaft betont Luca. Und das funktioniert nur wenn man diese Leidenschaft auch liebt. Nur dann kann man die Genüsse der Region anderen vermitteln, erläutert mir der lebhafte Luca und schenkt mir den einzigartigen TrentoDoc, den edlen Schaumwein vom Gardasee in die eigens von ihm entwickelten Wein-Sektgläser ein. Erstaunt blicke ich auf den Boden des Glases und sehe die perlenden Stränge die an die Oberfläche dringen. Ausgelöst wird dies von kleinen Wölbungen die in den Boden des Glases eingelassen sind.
Der Grundwein für die Herstellung des TrentoDOC wird überwiegend aus Chardonnay und Spätburgunder Trauben gewonnen, die Richtlinien für die Herstellung erlauben aber auch die Verwendung von Weißburgunder und Schwarzriesling. Die Weinstöcke werden häufig in der Pergolaerziehung angebaut, diese Reberziehung sorgt in der Tat für eine optimale Sonneneinstrahlung und eignet sich perfekt für den engen Berganbau im Trentino. Davon konnte ich mir bereits auf der Plattformterrasse von Luca ein eingehendes Bild verschaffen.
Wie bei fast allen prickelnden Weinen beginnt auch der TrentoDOC in der Weinlese relativ früh, hierbei ist das Ziel, den Säuregehalt der Trauben und demzufolge die frischen Noten im Wein zu bewahren. Das Ergebnis ist ein prickelndes Vergnügen, romantisch, klar, aber auch anspruchsvoll und aufwendig.
Der anspruchsvollste Schritt wartet in der Kellerei. Denn der TrentoDOC wird nach der sogenannten „klassischen Methode“ hergestellt, das ist nichts anderes als die „Methode champanoise“, welche in Frankreich für die Herstellung des weltbekannten Schaumwein verwendet wird. Schwerpunkt ist dabei natürlich die Flaschengärung, während der Wein seine vielen, langhaltenden und feinen Perlen entwickelt. Die offiziellen Richtlinien für die Erzeugung von TrentoDOC besagen, dass das Herstellungsverfahren für den „Brut“ 15 Monate Flaschengärung, 24 Monate für den Jahrgangssekt und 36 Monate für den „Riserva“ betragen muss. Meist wird diese Phase jedoch von den Winzern verlängert um den Konsumenten das beste Bouquet und die elegantesten Perlen zu bieten.
Viel lerne ich von Luca über die prickelnden Freuden, während ich mich gleichzeitig den kulinarischen Genüssen der Region Trentino widme.
Bodenständig-alpenländische Küche
Die Küche in Trentino ist alpenländisch geprägt von Käse und frischen Gemüsen, Pasta, Speck, Äpfeln, und zahlreichen Bergkräutern.
Knödel, das sind meist Brotkugeln mit Speck Butter Milch und Käse, bilden nicht selten den ersten Gang. Anstelle von Knödeln werden diese Gerichte auch gerne als Spinatspätzle und Kartoffelpuffer, torta di patate, zubereitet. Klassischerweise werden diese mit Spinat vermischt und viel Parmesankäse und geschmolzener Butter in Zwiebel gewürzt serviert.
Auch die Gerstensuppe die eigentlich aus Südtirol stammt, kommt gerne auf den Tisch. Sie besteht aus Perlgraupen, Gemüse, und geräuchertem Schweinefleisch.
Als nächstes erwartet mich Tiroler Gulasch. Das ist ein Eintopf aus Rindfleisch, Paprika und Kreuzkümmel.
Zum Nachtisch gibt es gerne einen Strudel, mit Apfel und Puderzucker bestäubt. Auch die Buchweizentorte die mit einer Schicht Johannisbeermarmelade in zwei Hälften geteilt wird, bildet eine besondere Spezialität der Region zum Abschluss nach einem guten Essen. Fehlen darf dann aber nicht ein Grappa, dessen berühmteste Variante aus dem Ort Rovereto stammt und sich Grappa der 18 Monde nennt.
Die flüssigen und kulinarischen Freuden der Region, gepaart mit der gewinnenden Art von Luca Bini motivieren mich, in dieser frühlingshaften Zeit höher hinauf in die Berge zum Monte Baldo zu streben, um die Blütenpracht der Alpen kennenzulernen.
Blühende Matten auf steilen Hängen
Der Monte Baldo liegt zwischen Gardasee und Etsch und ist ein etwa 30 km langer Berg gucken, der zum Gebirgszug der Gardaseeberge zählt.
An diesem Vormittag schieben sich dunkle Wolken in die schroff anmutenden Bergeshöhen. Einladend für eine Wanderung ist dieses Wetter nicht gerade, denke ich bei mir, während ich mich im Nieselregen bergauf auf den Weg mache. Ich erreiche das Plateau von Brentonico, das auch „die Blume des Baldo“ genannt wird. Es ist der erste Berg, dem man bei Ankunft im Trentino begegnet. Er wird der Garten Italiens, „Hortus Italiae“ genannt.
Hier kann man im Sommer wandern, Mountainbiken und im Winter auf den Pisten von Polzer, San Valentino und San Giacomo Skifahren.
Da ich mich trotz des fast winterlichen Wetters im Frühling befinde, entschließe ich mich heute zu wandern und die Blütenpracht des Monte Baldo zu erkunden, denn für Botaniker stellt der Monte Baldo eine wahre Fundgrube von Arten dar. Auf 500 bis 2000 m. Ü. d. M. Kann man hier wandern, die Botanik der Region erkunden. Mit einer Oberfläche von rund 390 Quadratkilometern bietet sich eine riesige Vegetationsfläche.
Viel entdecke ich an Blumen, Arnica, Lilien, gelbe Enziane, Orchideen aber auch Pflanzen wie goldener Boden und Silbergeranien. Vor allem die Globusblume, die sich in Matten über die Alm ausrollt und einen farbenfrohen Kontrast zu den grauen Wolken, die in den Bergen hängen, bildet. Auf dem höchsten Punkt des Plateaus befinden sich Reste einer alten Festung aus dem ersten Weltkrieg, von der herab man einen atemberaubenden Blick über das ganze Tal rund um Rovereto genießen kann.
Ein Rothirsch springt die Alm entlang und entschwindet rasch in den unteren Lagen zwischen den dichten Bäumen. Ich erfahre, dass hier nicht selten Steinböcke anzutreffen sind. Auch zahlreiche Höhlen von Murmeltieren entdecke ich, die sich aber ob meine Anwesenheit sehr rasch in den Untergrund geflüchtet haben. Aber wer genau hin hört und alleine unterwegs ist, kann den hohen Pfeifton, den eines der Murmeltiere ausstößt, wahrnehmen und schwupps sind alle anderen Artgenossen gewarnt und verschwinden ebenfalls in ihrem Bau. Über mir kreisen zwei Adler, das hohe Pfeifen der Alpendohlen trinkt an meine Ohren, während sich einige krächzende Krähen dazu gesellen. Der Wind pfeift sein einsames Lied dazu und versetzt die Globusblumen in wiegende Tänze, die sich in Gänze zu Wellen formen, welche über die Alm zu rollen scheinen.
Stundenlang könnte ich in dieser blühenden Einsamkeit auf dem Plateau von Brentonico weiter wandern.
Doch mich zieht es zurück in die Zivilisation.
Trento – alpin-lebhafte Metropole im Etschtal
Nach so viel Natur und kulinarischen Freuden, möchte ich auch etwas vom Stadtleben in Trentino in mich aufsaugen und da bietet die Stadt Trento, oder Trient auf Deutsch, die beste Möglichkeit, Kultur und Genuss miteinander zu verbinden.
Umgeben von den Bergen im Etschtal liegt direkt an der Etsch nur 100 Kilometer nördlich von Verona die Stadt Trento. Die von den Kelten gegründete und von den Römern später eroberte Stadt, bietet noch heute zahlreiche Monumente aus allen Epochen, nicht zuletzt aber deutlich sichtbare, venezianische Prägung.
Unter wechselnden Herrschaften, sei es Bayern, Tirol, Napoleon und seit 1918 Italien, hat sich die Stadt zu einem kulturellen und architektonischen Mix entwickelt, der seinen heutigen Charme ausmacht.
Die kleine Großstadt mit ihren knapp 120.000 Einwohnern bildet die Hauptstadt der Region Trentino.
Sehenswert sind daher das Castello del Buonconsiglio, die Kirche Santa Maria Maggiore, der Domplatz mit der Kathedrale San Vigilio aus dem Jahr 1145, das Dante Denkmal sowie der Neptunbrunnen. Rund um den Marktplatz findet donnerstags ein großer und lebendiger Markt statt, auf dem man alle kulinarischen Genüsse der Region, aber auch Kleidung und Haushaltswaren findet. Wer ein modernes Museum sucht, sollte sich das Museum für moderne und zeitgenössische Kunst von Trient und Rovereto, das MUSE, anschauen. Und wen es reizt, sich die Stadt Trento einmal von oben anzuschauen, dem sei direkt hinter dem Bahnhof die Seilbahn zur Ortsteil Sardagna ans Herz gelegt, um hier einen traumhaften Blick auf die Stadt genießen.
Ich schlendere durch die zahlreichen Gassen der Altstadt und begebe mich auf die Suche nach kulinarischen Angeboten, aber auch zahlreiche kleine Boutiquen mit Designerbekleidung aus der Region entdecke ich dabei. Trento ist eine kleine, aber feine und gemütliche Stadt, die man sich in einigen Tagen anschauen kann, aber auf keinen Fall verpassen sollte. Im Juni findet hier jährlich das Festival dell‘ economia statt, bei dem über die ganze Stadt verteilt Veranstaltungen abgehalten werden.
Bei meinem Bummel durch die Gassen entdecke ich einen Laden ausschließlich für Ziegenkäse, ich stoße auf eine Pastamanufaktur, einen Pralinenhersteller, der sich unweit eine Eisboutique mit besonderem ruf für biologische Eissorten befindet. Einen Bogen mache ich um einen selbsternannten Genussladen unweit der Kathedrale, bei dem mir der Verkäufer am Eingang schon zu ruft, dass hier „typisch, typisch Trentino“ alles angeboten wird was dem Reisenden den Geldbeutel erleichtert, ohne entsprechende Qualität. Wer kein Veganer ist, dem schlägt auch das Herz bei der zentralen Metzgerei Höhe, die alle Arten von Spezialitäten von Speck bis Wurst aus der Region in Spitzenqualität offeriert.
Der Platz um den Neptunbrunnen am Domplatz ist beliebt um sich bei herrlichem Frühlingswetter einem Glas köstlichen TrentoDOC zu widmen und die Atmosphäre der Stadt in sich aufzusaugen.
Ende Mai erlebt man hier zudem ein besonderes Spektakel. Denn dann werden die Jahrgänge der Universitäten von Trento verabschiedet und die Stadt ist gefüllt von feiernden jungen Leuten, die mit Lorbeerkränzen geschmückt die Gassen der Altstadt rund um die Universität erobern. Die Atmosphäre im Frühjahr könnte nicht ausgelassener sein, wenn die erste Wärme die Menschen ins Freie lockt.
Wie es fast immer in so einer lebhaften und genussvollen Region der Fall ist, könnte man hier noch Tage und Wochen verbringen und würde nicht müde, etwas neues, erstaunliches, genussvolles und Einzigartiges zu entdecken. Grund genug diese Region bald wieder zu besuchen, nicht etwa auf der Durchreise zum im Sommer völlig überfüllten Gardasee, sondern bewusst um die Region Trentino und ihr Genusserlebnis aufzunehmen.
Kurz notiert:
Wie kommt man hin?
Die umweltfreundlichste Variante ist sicherlich die Anreise mit dem Zug. Das geht von Deutschland aus über München und Innsbruck sehr gut direkt nach Trento und Rovereto. Auch mit dem Auto über den Brenner lässt sich die Region nach Durchquerung von Südtirol gut erreichen.
Restaurant und Unterkunft:
Unbedingt besuchen sollte man die „Casa del Vino della Vallagarina“ von Luca Bini im Isera. www.casadelvino.info
Auf dem Monte Baldo bildet das Hotel San Giacomo einen entspannten, luxuriösen und zentralen Ausgangspunkt für Wanderungen auf dem Berg sowie auch eine exzellente Restauration.
Www.hotelsgiacomo.it
Ausgezeichnet und regionaltypisch essen kann man auch in der Gegend im Restaurant Maso Palu
www.masopalu.com/it/
Im Trento übernachtet man zentral und gut im Hotel America direkt am Fuße der Altstadt.
www.hotelamerica.it
Diese Reise wurde durchgeführt mit freundlicher Unterstützung durch Trentino Marketing
www.trentinomarketing.org
Text & Bilder: Copyright Philip Duckwitz