Das VR-Erlebnis Himmelsburg hat in Weimar seine Tore für Publikum geöffnet. Benannt nach der ehemaligen Weimarer Schlosskapelle Himmelsburg, die 1774 in einem Brand zerstört wurde. Mit moderner Technik ist es nun gelungen, den Innenraum der Kapelle in einer virtuellen Rekonstruktion wieder erstehen zu lassen.
NEWS: Himmelsburg-Container: Zum Atlantis der Bachwelt
Die Reise beginnt in Weimar, auf dem Goetheplatz. Unweit der Bushaltestelle, von der aus sich die Besucher der Stadt aufmachen zu den Zielen ihrer zumeist klassischen Sehnsucht, zu Goethes Wohn- und Gartenhaus, zum Frauenplan, zum Schillerhaus, zu Franz Liszt, zu Herder oder Nietzsche, zum Nationaltheater, zum Bauhaus oder oder. Unsere Reise hingegen endet, wo sie beginnt, in einem Container, der allerdings selbst später auf die Reise gehen wird, nach Deutschland und Europa, auch die USA haben schon Interesse angemeldet.
Zur Himmelsburg
Die Einladung zu dieser Reise kam von der Thüringer Tourismus GmbH, deren Geschäftsführer Franz Hofmann die Gäste mit den Worten begrüßte, „hier wurde Luthers Schreibkunst in die Musik transponiert.“ Und dann ging es los zu diesem „Hier“, zur Himmelsburg, in einer siebenminütigen „Anwendung“, „zur Musik einer Orgel in einer Kapelle, die es nicht mehr gibt“, zum „Atlantis der Bachwelt“, wie es im Gleichklang Martina Maaß, Leiterin der Abteilung Marke und Kommunikation der Thüringer Tourismus GmbH, und Christoph Drescher, Mitglied der Festleitung Thüringer Bachwochen e.V. , betonten, denen man die Erleichterung förmlich ansah, dass sie nun, heute am 9. April 2022, nach 1000 Arbeitsstunden und ewiger Warterei, die audio-visuelle Rekonstruktion der Weimarer Schlosskapelle, der Himmelsburg, in der Johann Sebastian Bach seine 25 Weimarer Kantaten schrieb, die ihn zum Großmeister der lutherischen Kirchenmusik machten, dass sie dieses virtuelle Oeuvre nun auf den Weg schicken durften.
Zu dritt auf Reisen
Jeweils drei Probanden durften sich gleichzeitig auf die Reise machen, auf drei Stuhlreihen in besagtem Container. Ein Headset mit einer gigantischen Brille entfernte uns von der profanen Welt des Goetheplatzes und schickte uns zur Weimarer Schlosskapelle, die plötzlich ihr tristes Schicksal, abgebrannt zu sein im Jahre 1774, abstreifte und zu einem Sehnsuchtsort wurde, zu dem man plötzlich Zutritt gefunden hatte. Und tatsächlich, man sah es und man fühlte es, die Architektur folgte dem Meister, sie öffnete sich. Man stand vor der Orgelempore in großer Höhe, eine weitere, eine neue Perspektive öffnete sich per Knopfdruck, dazu erklang die Kantate 182 – mit der Akustik der Himmelsburg.
Die Himmelsburg war die Kapelle des im 17. Jahrhundert erbauten Weimarer Stadtschlosses. Die architektonische Gestaltung der Schlosskapelle war einzigartig: Über dem Kirchenschiff erhob sich, durch ein Oberlicht mit dem Kirchenraum verbunden, eine Capella. In 20 Metern Höhe, über einem verlängerten Altar in einer offenen Musikgalerie, stand die eigens für Bach umgebaute Orgel. Entlang der umlaufenden Emporenbrüstung waren Sänger und Instrumentalisten platziert. Man sah sie als weiße Schablonen. Die gespielte Musik war Teil eines Aufstiegskonzeptes zwischen Erde und Himmel, das den Namen „Weg zur Himmelsburg“ architektonisch und akustisch verständlich machte. Die außergewöhnliche Architektur der Schlosskapelle beeinflusste den Raumklang und hatte zugleich erheblichen Einfluss auf das musikalische Schaffen Johann Sebastian Bachs. Der begnadete Komponist war 1714 in Weimar zum Konzertmeister ernannt und damit verpflichtet worden, alle vier Wochen eine Kirchenkantate auf den jeweiligen Sonntag zu komponieren. Fast 25 sind es geworden.
„Himmelskönig, sei willkommen“
Für den ungewöhnlichen Kirchenraum mit der Orgelempore schrieb Bach als erstes die Kantate „Himmelskönig, sei willkommen“ (BWV 182). Sie wurde am Palmsonntag, 25. März 1714 in der Weimarer Schlosskapelle uraufgeführt. 1774 brannte das Schloss bis auf die Umfassungsmauern nieder. Für den 1789 begonnenen Wiederaufbau berief Herzog Carl August eine Schlossbaukommission unter Leitung und maßgeblicher Beteiligung Johann Wolfgang Goethes ein. Es entstand eine neue Residenz. Die Schlosskapelle nicht, aber es gibt Stimmen, die anhand von Gemälden, historischer Grundrisse und Vergleichsobjekten aus dieser Zeit eine Rekonstruktion fordern.
Was wir im Container erleben, ist keine Hexerei, auch die Elbphilharmonie entstand zuerst als virtuell reality Version, um die Akustik zu schaffen, für die sie heute berühmt ist. Es gibt sogar Kritik, sie sei zu perfekt, in der Elfie und in der Himmelsburg.
Jedenfalls haben die Thüringer Bachwochen 2022, die am 1. Mai mit einem Requiem von Bach, dem Et Lux, zuende gehen, einen Höhepunkt, für den Rolf Kruse, Florian Scharfe, Luzius Koelling, Stefan Weinzierl, Christoph Böhm, Tobias Kirchner, Jörg Arnold, David Ackermann, Cantus Thuringia & Capella, Bernhard Klapprott und viele andere zu lobpreisen sind.
Für 7 Minuten in einem Container
Gut, für 7 Minuten in einem Container-Besuch, auch wenn der Eintritt in die virtuelle Himmelsburg frei ist, fährt keiner nach Weimar. Zumal die Inszenierung auf Reisen geht. Aber Weimar in diesem Frühling ist nicht nur Himmelsburg, ist nicht nur Bachfest, das immerhin das größte Festival für klassische Musik in der Mitte Deutschlands ist. Weimar ist der Inbegriff deutscher Kultur, und an allen Ecken spürt man die Begeisterung für einen Corona-freien Neustart. Ein Besuch im E-Werk, um Anna Windmüller vom Deutschen Nationaltheater mit „Black Bird“ ihrer nachdenklich machenden Collage über den Tod zu sehen, oder im Theater im Gewölbe, um eine oder mehrere Vorstellungen zu sehen, die sich um Goethe oder Schiller, oder um beide drehen, das ist Weimar, und es ist mehr als Sehnsuchtsort älterer Klassikfans, es ist jung, man muss nur in die Bauhaus-Universität oder in die Musikhochschule Franz Liszt gehen, und es ist Avantgarde, ob Galli-Theater oder E-Werk, oder eben der Himmelsburg-Container.
Und wer nun wirklich sich nicht aufmachen kann. Eine Streaming-Plattform BACHFROMHOME.live bringt zehn Orte, drei Festivals, hunderte Künstler ins heimische Wohnzimmer. Die Thüringer Bachwochen, die Bachfesttage Köthen und das Bachfest Leipzig präsentieren so ihre Konzerte direkt bei zu Hause als Livestream oder in der Mediathek.
Nur die Reise zur Weimarer Himmelsburg, sie ist zwar virtuell, aber nur im Container, im „Bach-Ufo“ erlebbar.
DETAILS ZUM Himmelsburg-Container
Himmelsburg-Container (10.04.2022 – 01.05.2022)
Das VR-Erlebnis Himmelsburg hat in Weimar seine Tore geöffnet. Benannt nach der ehemaligen Schlosskapelle Himmelsburg, die für Ihre besondere Akustik und Architektur bekannt war. Die Musik schallte von einer Orgelempore in 20 Meter Höhe - nun wird das spektakuläre Erlebnis in einem umgebauten Überseecontainer mit moderner Technik virtuell rekonstruiert.
- 99423 Weimar, Goetheplatz
- Mo-So 12:00-18:00 Uhr
- Freier Eintritt
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