Fulda gilt als Hessens schönste Barockstadt. Eine bewegte Geschichte mit fürstbischöflichem Glanz und ein Schatten des Mittelalters gehören dazu.
Gestatten, mein Name ist M. B. Nein, nicht die bekannte Automarke, ich komme auch nicht aus der kanadischen Provinz Manitoba, obwohl es dort in früheren Zeiten auch jede Menge Geister und Wunderheiler gab. Okay, noch einen Versuch haben sie: Was, Megabyte? Hören sie, wollen sie mich auf den Arm nehmen? Auch wenn ich heute nur noch als Gespenst durch die Gassen dieser schönen barocken Altstadt, um Dom, Schloss und Frauenberg wehe, auch das Immaterielle besteht aus mehr als Null und Eins. Also gut, einen Hinweis gebe ich noch, dann ist aber Schluss mit den Hilfestellungen und sie brauchen auch nicht zu googeln, ich sehe alles: Ich wurde gegen Ende der 1560er Jahre in Uulthaha geboren und bin 1603 ebenda gestorben. Keines natürlichen Todes, das sei nur nebenbei bemerkt. Nein, Uulthaha ist kein finnischer Ort in den Weiten Lapplands, so nannte man in grauer Vorzeit unser schönes Fulda an der Fulda. Ich sehe schon, sie kommen nicht drauf. Macht auch nichts. Folgen sie ganz ohne Kopfzerbrechen jetzt meiner Führung, dann sind sie am Ende schlauer und wissen, warum sie mit ihrer Familie unbedingt wiederkommen müssen. Und das werden sie, das ist so sicher wie der Scheiterhaufen, Verzeihung, ich meinte natürlich das Kaminfeuer im Winter.
Stadtschloss – Barocke Highlights
In solch einem wunderbaren Prachtbau hätte ich auch gerne geheiratet, aber den gab es zu meiner Zeit noch nicht. Ganze drei Mal ging ich den Bund fürs Leben ein, sie waren allerdings mehr vom Tod gezeichnet. Mein erster Gatte starb, ebenso mein zweiter und meine zwei Kinder. Hungersnöte, die Pest und Cholera waren zu jener Zeit ständige Begleiter. Und einer musste ja schuld sein. Aber jetzt genug davon. Schauen sie sich die höfische Pracht an, das Stadtschloss mit seinen historischen Räumen. Das äußere Erscheinungsbild des barocken Schlosses trägt die Handschrift von Johann Dientzenhofer, der auch den Dom zu Fulda gebaut hat. An der Stelle des heutigen Schlosses stand einst die um 1300 errichtete mittelalterliche Abtsburg. Im 17. Jahrhundert wurde diese erweitert zu einer imposanten, vierflügeligen Renaissanceanlage. Dientzenhofer schließlich gestaltete im Auftrag von Fürstabt Schleiffras das Schloss von 1708 bis 1714 zur barocken Vierflügelanlage mit zwei Seitenflügeln und Ehrenhof um. Historische Räume wie der Fürstensaal werden heute als Festsaal und für Lesungen und Konzerte genutzt. Besonders sehenswert sind das Spiegelkabinett, das mit 420 Spiegeln in verspielten Rocaille-Rahmen, roten Seidentapeten und Gemälden von Hofmaler Johann Andreas Herrlein sowie die exquisite Sammlung von Porzellan aus der einstigen Fuldaer Manufaktur.
Musical-Sommer 2020
Eine Weltpremiere unter den Musicals wird es im Jahre 2020 hier in Fulda geben, wenn auf der Bühne des Fuldaer Schlosstheaters „Robin Hood“ vom 19. Juni bis 30. August 2020 zu sehen sein wird, ein neues Stück komponiert von keinen Geringeren als Chris de Burgh und Dennis Martin. Nachdem im Stadtjubiläumsjahr so erfolgreich „Bonifatius – das Musical“ hier vor dem Dom aufgeführt wurde, sind Robin von Loxley, Little John und seine Gefährten schon eher etwas für mich. Das verrät meine Gesinnung, gell? Also merken sie sich das fürs nächste Jahr vor.
Schloss Fasanerie
Schloss Fasanerie, südlich von Fulda gelegen, gilt als Hessens schönstes Barockschloss und ist ein beliebtes Ausflugsziel. Die großzügige Barockanlage entstand Mitte des 18. Jahrhunderts als Sommerresidenz der Fürstbischöfe von Fulda. In 60 Schauräumen wird höfische Wohnkultur des 18. und 19. Jahrhunderts gezeigt. Vom 16. Juni bis 14. Oktober 2018 widmet sich das Schloss anlässlich des 100. Todestags von Landgräfin Anna mit der Sonderausstellung „Landgräfin Anna und ihr Schloss“ seiner letzten Bewohnerin, die nach ihrem Tod am 12. Juni 1918 als einzige Frau im Fuldaer Barockdom beigesetzt wurde. Schloss Fasanerie beherbergt darüber hinaus eine der größten privaten Porzellansammlungen mit höfischem Tafelservices des 18. und 19. Jahrhunderts sowie figürliches Porzellan aus den königlichen Manufakturen Berlin, Meißen, Kopenhagen und Sèvres. Diese Sammlung wird 2018 nach umfangreichen Renovierungsarbeiten wieder zugänglich sein. Zum Schloss gehört auch ein rund 30 Hektar großer Landschaftspark, der wild wachsende und gestaltete Natur vereinigt.
Kloster und Garten
Bitte haben sie Verständnis, wenn ich sie jetzt erst einmal alleine durch die Klosteranlage streifen lasse, sakrale Architektur und Klostergärten sind nicht so wirklich mein Ding. Aber es lohnt sich auf jeden Fall, und ich warte hier auf sie, versprochen. Denn es gibt zum Abschluss unserer Fulda-Tour noch einen kleinen Besichtigungspunkt, mit dem ich sie dann verabschieden möchte. Und er wird ihnen dann auch endgültig die Augen öffnen, wer M. B. ist beziehungsweise war. Nur eine viertel Stunde Fußweg von der Innenstadt entfernt finden sie den Garten des Franziskanerklosters auf dem Frauenberg. Dort liegt das ebenfalls barocke Franziskanerkloster, das seit dem vergangenen Jahr Kirche, Kloster, Gärten und Gastronomie für Besucher geöffnet hat. Ein weiterer Blick hinter Klostermauern ist hier möglich: die Schwestern der Fuldaer Benediktinerinnenabtei zur Heiligen Maria öffnen ihren Klostergarten während der Gartensaison samstags von 14 bis 16 Uhr für Besucher. Jeweils einmal im Monat erläutert Schwester Christa während spezieller Führungen Geschichte und Besonderheiten des 2000 Quadratmeter großen Areals.
Werfen sie zum Schluss ihres Fuldabesuches noch einen Blick auf den Hexenturm in der Kanalstraße, der während der Hexenverfolgung um 1600 als Gefängnis diente und den Gedenkstein auf dem Alten Dompfarrlichen Friedhof, der an die 270 Frauen und zwei Männer erinnert, die im Hochstift Fulda diesem Wahn zum Opfer fielen. Ich war eine davon. Also was haben wir gelernt? Fulda ist ein Ort für die Seele, die man bei uns in barocker Pracht so richtig baumeln lassen kann. Und verbrannt wird hier auch schon lange keiner mehr, wir leben ja schließlich in zivilisierten Zeiten hier im Osthessischen. Fehlt noch etwas? M. B., ja ja, ist schon gut. Also dann, wenn sie nicht drauf gekommen sind, aber Hexenwerk wäre es nicht gewesen, es grüßt sie herzlich bis zum nächsten Mal im schönen Fulda, ihre Merga Bien.
Informationen
Übernachten: Maritim Hotel am Schlossgarten Fulda, www.maritim.de
Hotel Esperanto Kongress- & Kulturzentrum Fulda, www.hotel-esperanto.de
Hotel Fulda Mitte, www.hotel-fulda-mitte.de
Text/Fotos: ©Jörg Berghoff