Die verrückteste Busfahrt der Welt

So etwas gibt es nur in New York City: Eine interaktive Tour in einem Hightech-Bus, die einer Broadway Show gleicht.

„It’s show time, let’s start!“ Mit Musik aus einem alten Broadway-Musical setzt sich der Bus in Bewegung. Alle Blicke sind auf die „Bühne“ gerichtet. In der 42nd Street am Times Square stehen leibhaftig der Navy-Soldat und die Krankenschwester aus dem Foto mit dem berühmtesten Kuss der Welt: Alfred Eisenstaedts „V-J Day in Times Square“. Der Soldat küsste am 15. August 1945 die Nächstbeste aus Freude über den Sieg der USA über Japan. Moderator Scott, ein professioneller Comedian, erzählt die Hintergrundgeschichte und was aus den beiden „Protagonisten“ wurde mit viel Witz.

The Ride ist fast immer ausgebucht. Copyright: Cornelia Lohs

Die 49 Sitzplätze im Bus sind nicht hintereinander, sondern seitlich über drei Reihen montiert, genau wie in einem Stadion oder Theater. Wir fahren parallel zum Bürgersteig, so dass wir volle Sicht auf das Spektakel haben, dass sich vor den riesigen Panoramafenstern abspielt. Rings um die Fenster sind 40 Plasma-Bildschirme angebracht. Dazwischen und am gläsernen Dach blinken mehr als 3000 LED-Lichter. Mehr Glamour geht nicht! Lautsprecher befinden sich sowohl in- als auch außerhalb des Busses – man sieht sie nicht.

Die Technik im Bus. Copyright: The Ride

„Seht euch mal den an“, ruft Scott in sein Mikrofon und zeigt auf einen UPS-Lieferanten in Uniform, der vor dem Guggenheim-Museum in der 5th Avenue einen akrobatischen Breakdance hinlegt. Passanten bleiben stehen, sehen aber keineswegs überrascht aus. Warum sollte ein UPS-Fahrer zwischen seinen Lieferungen nicht schnell mal seine Breakdance-Kunststücke vorführen? New York ist schließlich voller Verrückter! Der Mann in der braunen Uniform ist Schauspieler, wie die Krankenschwester und der Soldat, und Teil der Show. Die Performer sind an der Kleidung mit einem Mikrofon ausgestattet, sodass ihre Stimmen und Geräusche in den Bus übertragen werden. Über das Mikro hören sie die Kommentare von Scott und die Jubelschreie der Passagiere.

Times Square. Copyright: Cornelia Lohs

Während der Fahrt wird unser Wissen über New York mit einem Quiz auf die Probe gestellt. „Wofür ist die Madison Avenue berühmt?“, will Scott wissen. Ich weiß, dass sich dort viele Verlage befinden und antworte mit fragendem Unterton: „Publishing?“ Falsch. „Advertising“ wäre die richtige Antwort gewesen. Die fast 10 Kilometer lange Straße, die parallel zwischen der 5th Avenue und der Park Avenue verläuft, ist seit dem 19. Jahrhundert das Hauptquartier der Werbung. Wofür die Prachtmeile 5th Avenue bekannt ist, wissen wir dagegen alle: Shopping!

Der Saxofonspieler gehört zu den Protagonisten von „The Ride“. Copyright: Cornelia Lohs

In der West 42nd/8th Avenue begleitet ein Rapper eine Weile den Bus, der nun im Schritttempo fährt. Sein Sprechgesang dringt aus den unsichtbaren Lautsprechern. Er zeigt auf ein paar Zuschauer hinter den Busfenstern und fragt rappend „Wo kommt ihr her?“ „Aus Chicago“, antworten sie und rappen mit. „Hey, I love your hat!“ heißt plötzlich eine neue Zeile in seinem Rap, und er winkt mir dabei zu. Ich winke zurück. Wenige Minuten später ruft Scott: „Augen zu!“ Es fängt an zu ruckeln und es ertönen die typischen Geräusche der New Yorker Subway. Hinten im Bus steht ein großes Mischpult, an dem ein Mitarbeiter hantiert und den Lärm erzeugt. Mit geschlossenen Augen hat man hat tatsächlich das Gefühl, in der U-Bahn zu sitzen. Selbst der typische Geruch ist da. Der Lärm wird von klassischer Musik abgelöst. Am Columbus Circle tanzt eine Ballerina in rosa Tütü mit ihrem Partner rings um die 20 Meter hohe Grantisäule, auf der die Statue des Entdeckers steht. Nur Touristen bleiben verwundert stehen und zücken ihre Kameras.

Copyright: Cornelia Lohs

„Wie unterscheidet man einen Touristen von einem New Yorker?“ fragt Scott und gibt auch gleich die Antwort: „Touristen sehen immer glücklich aus. Wir New Yorker dagegen gucken unfreundlich, sind immer furchtbar in Eile und tippen bei einem Gehtempo von 100 Meilen die Stunde Nachrichten in unsere Smartphones“.

Entlang des Central Parks erzählt er, was es mit der grünen Lunge der Stadt auf sich hat schließt mit den Worten „So, das war die Wikipedia-Version“. Das Petrossian-Gebäude, das nun in Sicht kommt, war Filmschauplatz für den Polanski-Film „Rosemary’s Baby“. Fast erwarten wir, ein Mia Farrow Double mit dem teuflischen Baby zu sehen, aber nichts passiert. In dem prächtigen 12-stöckigen Apartment-Gebäude besaßen James Dean, Marilyn Monroe, Marlon Brando und Katharine Hepburn mal eine Wohnung. Die durchschnittliche Wohnung im Gebäude hat 14 Zimmer und fünf Bäder.

5th Avenue. Copyright: Cornelia Lohs

In der 7th Avenue steht ein Saxofonspieler, der ein wunderbares Jazz-Stück spielt, eine Sängerin taucht wie zufällig aus der Menge auf und begleitet ihn. Auch sie gehört zur Show. „Die knapp sieben Kilometer lange Tour endet mit einem ohrenbetäubenden „New York, New York“. Wir stimmen alle mit ein in Frank Sinatras Jahrhundertsong. Was für ein Finale!

Die rollende Show „The Ride“ wurde 2012 von Unternehmer Richard Humphrey gegründet, der für innovative Technologien im Show Business bekannt ist. Die Idee dahinter war, die Straßen während einer Stadtrundfahrt zur Bühne zu machen. Das ließen sich die Macher einiges kosten. Das Fahrgestell der Busse wird von Prevost/Volvo geliefert, den restlichen Bau übernehmen Experten im Auftrag von „The Ride“. Mit 14 Metern Länge, einer Höhe von über vier Metern und einer Breite von knapp drei Metern sind die patentierten Busse die größten in New York. Der Preis des hoch technisierten Busses beläuft sich auf 1,5 Millionen Dollar. Die Firma verfügt derzeit über vier Fahrzeuge. There’s no business like show business!

The Ride. Copyright: Cornelia Lohs

Info:

Abfahrtsort: Northeast Corner of 42nd Street and 8th Avenue, vor dem mexikanischen Restaurant Chevy’s. Tipp: Tickets vorab online buchen („experiencetheride.com“).

Dauer: 75 Minuten

Ticket für The Ride Experience Tour: 75 $

Beitragsfoto: Mit freundlicher Genehmigung von The Ride.

 

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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