Es ist kurz nach sieben an diesem Wintermorgen, als sich eine Handvoll Skifahrer der Talstation in Jerzens nähert. Schnell nehmen sie noch einen Kaffee und einen Happen in der Zirbenbäckerei zu sich, ehe sie die Gondelbahn zur Mittelstation in 2.000 Metern Höhe bringt. Noch vor Sonnenaufgang werden sie die unberührten Pisten hinabwedeln.
Bild oben:
An seine Olympiasiege in Turin 2006 erinnert dieses Foto in der Dauerausstellung im Zeigerrestaurant.
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ABGEFAHREN! Die Ski-Reporter von Reise-Stories.de unterwegs im Schnee. Jede Woche wieder! Um aktuell zu schildern, wie es auf den Pisten von ……. gerade aus sieht. Dieses Mal: So war es im Skigebiet Hochzeiger des Tiroler Pitztals.
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Mit 40 Pistenkilometern zählt das Skigebiet Hochzeiger im Tiroler Pitztal nicht zu den größten und bekanntesten der Alpenrepublik. Dank breiter und bestens präparierter Hänge kommen hier rasante wie Genussfahrer und Familien auf ihre Kosten.
Die Aussicht darauf, vor allen anderen ihre Spuren im meterhohen Schnee zu hinterlassen, hat das gute Dutzend Freizeitsportler zu früher Stunde aus den Federn getrieben. „Pitzis Morgenrunde” nennt sich das neue, exklusive Angebot in dieser Saison. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.
Alle freuen sich vor allem auf die Begegnung mit einem der bekanntesten und erfolgreichsten Tiroler Sportler, Slalom-Ass Benjamin Raich. Gemeinsam mit Bergbahnchef Thomas Fleischhacker nimmt er die Frühaufsteher mit in sein Schneeparadies. Nur wenige Kilometer vom Heimatort seiner Familie entfernt trainierte er in seiner Zeit als Profisportler regelmäßig im Skigebiet Hochzeiger und am nicht weit entfernten Gletscher.
Mit einem zünftigen „Gebst ma gscheit Gas” fährt der gebürtige Leinser mit der Gruppe in der Rotmoosbahn bis auf 2.450 Meter Höhe. Der einzige, der sich mit Gymnastik vor der ersten Abfahrt erwärmt, ist der Ex-Profi. Die anderen lauschen wie gebannt seinen Worten oder zücken die Handys, um zu fotografieren. Dann geht es zunächst eine blaue, also leichte Piste, die Familienabfahrt, hinab.
In seinem Revier ist der Ski-Star allgegenwärtig. Es gibt die Benni-Raich-Abfahrt – natürlich eine schwarze Piste. Vier Gondeln der Bergbahn sind mit seinem Foto und seinen Erfolgen verziert: Olympia-Gold Riesentorlauf Turin 2006 steht auf einer davon. Eine andere zeigt ihn gemeinsam mit seiner Ehefrau Marlies, die unter ihrem Mädchennamen Schild mit 35 Weltcup-Slalomsiegen in dieser Disziplin die erfolgreichste Skirennläuferin aller Zeiten wurde.
Dem Ehepaar ist eine kleine, aber feine Dauerausstellung im Zeigerrestaurant gewidmet. Sie zeichnet die überragende Karriere der beiden Ausnahmeathleten nach, lässt sie in Videos zu Wort kommen, zeigt Ausrüstungsgegenstände und Trainingsgeräte, die der Besucher gern testen darf. Natürlich fehlen auch Medaillen und Pokale nicht.
Nicht mehr täglich, aber regelmäßig ist der Doppelolympiasieger von Turin auf den Pisten um den Hochzeiger unterwegs. Meistens am frühen Morgen – so wie heute auf der gut 90-minütigen gemeinsamen Tour. Und freut sich jedes Mal, wenn er dort oben seine kleinen Neffen im Rennanzug vorbeisausen sieht. Er selber stand im Alter von zwei Jahren das erste Mal auf Brettern. Auf dem Hang hinterm Haus brachte ihm der Opa das Einmaleins dieser Sportart bei.
„Ich fahre sehr gerne hier Ski. Das Gebiet ist schneesicher und übersichtlich, die breiten Pisten sind gut präpariert. Es gibt eine sehr gute Skischule und viele schöne Restaurationen“, bricht Benjamin Raich eine Lanze für seine Heimatregion.
Im Sommer fährt er hier Rad oder wandert von Alm zu Alm – auch in Familie. Eine Hängebrücke in der Nachbargemeinde Arzl, in der er lebt, trägt seinen Namen und wird auch fürs Bungee Jumping genutzt.
Auf die Frage nach dem Erfolgsrezept in seiner Aktiven-Zeit antwortet er: „Du musst dich trauen zu gewinnen, was riskieren.“ Ein Schlüsselerlebnis hatte er 1999 mit 20 Jahren beim Weltcuprennen in Schladming: 23. nach dem ersten Lauf, aber nur 1,2 Sekunden Rückstand auf Platz 1. Vieles ging ihm vor dem zweiten Lauf durch den Kopf. 50.000 Zuschauer und die Journalisten unten am Ziel beeindruckten auch ihn.
Da fragte er sich: „Willst du gewinnen?“ Die Antwort lautete: „Ja“ – und es funktionierte. Wie bei den weiteren 35 Weltcupsiegen, die noch folgen sollten. Dreimal wurde er Weltmeister und 2005/2006 Sieger im Gesamtweltcup. Nach 444 Weltcup-Rennen zog der „Blitz aus Pitz” den Schlussstrich unter eine überaus erfolgreiche sportliche Karriere.
Heute ist Benni Raich als Experte bei Liveübertragungen des Österreichischen Rundfunks und gemeinsam mit Ehefrau Marlies in der Immobilienbranche tät
ig. Am 28. Februar feiert der Vater von zwei Söhnen seinen 40. Geburtstag.
Die Chance, ihm auf „Pitzis Morgenrunde” immer mittwochs zu begegnen, gibt es noch bis Ende März.
Infos über das Skigebiet:
www.pitztal.com/de/hochzeiger-im-winter
Infos über die Region:
www.tirol.at
Infos über das Land:
www.austria.info