Ein Scherz nur. „Ich gebe eine Ronda“, sagt der Wirt in der Laurins Lounge oben an der Bergstation der Sesselbahn König Laurin, die zugleich mit 2337 Meter der höchste Punkt im Skigebiet ist. Lounges sind in in den Alpen, von der Kölner Hütte nebenan spricht niemand mehr, und Rondas auch. Sella Ronda, Gröden-Seiser-Alm-Ronda, Gebirgsjäger-Runde, Hexenrunde, der Giro delle Cime. Fast hätte es noch eine Latemar-Ronda gegeben. Aber es ist um sie stumm geworden. Und während wir von der Terrasse im Rosengarten auf den Latemar schauen, auf dessen markante Linie langsam die Sonne Kurs zu nehmen beginnt, stoßen wir darauf an, dass Georg Eisaths Plan doch noch aufgehen möge, mit Skiern wenigstens in einer Richtung das stolze Gebirge im Herzen der Dolomiten und des UNESCO-Naturerbes zu umrunden und zugleich die beiden Gebiete Obereggen und Carezza zu verbinden.
Ohne den umtriebigen Eisath, den die einen ehrfürchtig „Prinz“ nennen, die anderen „Kulturverbrecher“, weil er für das Skigebiet Karersee den undeutschen Namen Carezza erfand, würde sich hier vermutlich nichts mehr drehen. Wo Kaiserin Sissi und Winston Churchill nach guter Luft schnappten, war Verfall und Tristesse eingezogen, bis der Schneekanonen-Hersteller die Düsen aufdrehte. Und nun kann man sich nicht nur in Laurins Lounge gutes Essen und edle Weine servieren lassen, den Blick gibt es kostenlos, sondern man kann es die Steilpiste herab jetzt in zwei Variationen, schwarz und rot, richtig krachen lassen. Was früher, als die Piste noch nach der Kölner Hütte, die jetzt im Schatten der Laurin Lounge dahindämmert, benannt und unbehandelt war, ein je nach verzehrten Runden gefährliches Unternehmen war, ist jetzt – dank Eisaths Schneekanonen – Vergnügen, das man beliebig wiederholen und dann auf der Abfahrtspiste bis hinab nach Welschnofen abschließen kann.
Ob mit oder ohne Latemar-Ronda, das Skigebiet mit dem umstrittenen Namen ist auch jetzt schon eine Klasse für sich und braucht sich vor der einst übermächtigen Schwester Obereggen nicht mehr zu verstecken. Laurins Reich hat den Dornröschen-Schlaf hinter sich, hochgelobte Köche wie Michael Seehauser in der Fallmur Alm sind ins Land gekommen. Kaiserin Sissi wird als Erinnerungsstück gepflegt, wie Luis Trenker, Leni Riefenstahl, und eben Churchill, die hier kurten. Auch Georg Eisath könnte zufrieden sein. Die alten Aufstiegsanlagen sind weitgehend ersetzt, neue sind hinzugekommen. Heute kann man von Welschnofen bis zum Karerpass fahren und sich dort mit einer Abfahrt vom Pra dei Torri belohnen. Inzwischen kann man 41 bestens präparierte Pistenkilometer verschiedener Schwierigkeitsgrade unter die Bretter nehmen, was ein abwechslungsreiches Sporttreiben erlaubt, auch wenn man keinen Kreis fahren kann. Für Abwechslung sorgen ein gutes Loipennetz, Winterwanderwege, Rodelbahnen, der Snowpark Carezza und ein umfangreiches Abendprogramm. Für Sonnenanbeter ist Carezza sogar der geheime Treffpunkt: Mit durchschnittlich acht Sonnenstunden pro Wintertag zählt es zu den sonnigsten Skigebieten Südtirols. Auszeichnungen hat das Skigebiet auch für seine Familienfreundlichkeit eingesammelt. Es gibt zwei „Kinderländer“ mit „Nani“-Liften für die Zwerge.
Eisath hatte also recht, an die Wiedererweckung des Skigebietes zu glauben. Es hakt eigentlich nur noch an zwei Punkten. “Der Schnee lebt von der Kälte”, wie Georg Eisath, inzwischen Präsident von Carezza Ski, sagt. “Und wir brauchen Kältefenster, um die Pisten gut zu beschneien.” In dieser Saison war die Wetterlage gut, es gab wenig Naturschnee, aber die Pisten sind in perfektem Zustand. “Aber mehr Gäste müssen ins Gebiet, wenn Carezza und mit ihm das Tal leben soll.” Obwohl wir in der Faschingszeit die Pisten besuchten, war es angenehm leer. “Angenehm” indes nur für die Gäste, nicht für die Betreiber. Daher plante und plant Eisath auch den Verbund mit dem Fasstal und die Latemar-Runde. Dies brächte die Verbindung nach Moena und Soraga, später über Predazza mit dem Skigebiet Obereggen, mit dem Carezza im Tourismusverband Eggental und im Skipassverbund Dolomiti Superski verbunden ist. Dieses Projekt hatte als “Mobilitätsprogramm” einen 1. Preis der Arge Alp gewonnen. Aber im Trentino will man Carezza im benachbarten und mithin feindlichen Ausland Südtirol nicht unterstützen. Daher denkt der umtriebige Präsident nun an einen Link mit Tiers, St. Zyprian und Nigerstraße per Gondel, der auch im Sommer von Interesse wäre. Eine Ronda wäre das indes auch nicht. Aber ein leichterer Weg zu vielen Lounges, wo man eine ausgeben und ausgegeben bekommen kann.
Information: Ski Area Carezza, I – 39056 Karersee (BZ), Tel. +390471619520, www.carezza.itInformation: Ski Area Carezza, Tel.: 0039-0471612527, Fax: 0039-0471618684; www.carezzaski.it. Mail: info@carezzaski.it; www.dolomitisuperski.com
Georg Eisath