Kreuzfahrt mit der MS Deutschland in der Ostsee
Bild ganz oben: In den Ostsee-Schären auf der Kommandobrücke
Bremerhaven, Kreuzfahrt-Terminal: An der Gangway der MS Deutschland begrüßt uns nicht Heide Keller alias Chef-Stewardess Beatrice aus der ZDF-Traumschiffserie, sondern Kreuzfahrtdirektor Chris Schädel von Phönix-Reisen.
Der deutsche Reiseveranstalter hat das Schiff für fünf Jahre von einem US-Investor gechartert, der es aus der Pleite herausgekauft hatte. Monatelang war es vorher in Gibraltar an der Ankerkette gehangen – seit Mai 2016 kreuzt es wieder in den Sommermonaten zwischen Ostsee und Grönland.
Frisch renoviert, weiterhin elegant eingerichtet im Stil der Goldenen Zwanzigerjahre mit Elementen des Jugendstils.
Diesmal dreht die MS Deutschland eine 13-tägige Ostseerunde. Pünktlich um 18 Uhr legt sie vom Pier ab. Über die Außendecks schallt die altbekannte Traumschiff-Melodie von James Last.
Ein Seetag folgt. Denn das Schiff umrundet Dänemark über den Skagerrak. Wir gehen auf die Suche nach einem stillen Sonnenplätzchen – es findet sich leicht. Denn im Gegensatz zu den neuen Megalinern mit 3000 bis 6000 Passagieren nimmt die MS Deutschland, Baujahr 1998, höchstens 590 Passagiere mit.
Erstes Reiseziel ist Kopenhagen. Nach einem Bummel durch den Strøget, einer Fußgängerzone voller Atmosphäre, machen wir eine Kanalrundfahrt. Mit charmant dänischem Akzent erklärt die Fremdenführerin die imposanten historischen Backsteinbauten. Vom Boot aus besonders eindrucksvoll: das moderne Opernhaus, dessen Vordach sich kühn-elegant aufs Wasser hinaus schwingt.
Letzte Einschiffung: 16 Uhr. Wie wäre es am ruhigen Deck 7 oder 8 mit einem Päuschen? Auf den bequemen Massivholz-Liegen, in kuschelige Decken gehüllt, kann man dem leichten Seewind locker trotzen. Schräg über uns streckt sich an der Reling eine nackte Bronze-Schönheit. Kunstobjekte aus verschiedenen Epochen – großteils Originale – schmücken das ganze Schiff.
Darauf haben viele Passagiere gewartet: vom Kapitän persönlich begrüßt zu werden beim festlichen Cocktail im zwei Deck hohen Kaisersaal. Mit Samt und Seide ausstaffiert erinnert er an ein Varieté-Theater der 20er Jahre. Kapitän Elmar Mühlebach stellt auf der Bühne seine Offiziere vor und lobt die Crew: Die 297 Besatzungsmitglieder kämen aus 27 Nationen – dies klappe prima! Das anschließende Gala-Abendessen im gepflegten Restaurant „Berlin“ kann jeden Gourmet befriedigen – auch wenn er nicht am Kapitänstisch sitzt…
Beeindruckend die Fahrt durch den Stockholmer Schärengarten: Über 30000 Inseln und Inselchen umlagern die schwedische Hauptstadt. Auf Felsbuckeln und zwischen Kiefern- und Birkenwäldchen leuchten weiße Holzvillen und rustikale Häuschen im typischen Falunrot.
Stockholm erkunden wir allein zu Fuß. Die MS Deutschland kann als kleineres Schiff nahe an der Altstadt am Kai Statsgårdsleden anlegen.
Nach dem Bummel in den malerischen Gassen der Gamla Stan lassen wir uns die feierliche Wachablösung vor dem königlichen Schloss nicht entgehen. Dann sitzen wir pflastermüde gleich um die Ecke auf einer Café-Terrasse am beschaulichen Stortorget, vor den gelb-roten Steinfassaden der alten Giebelhäuser. Herüber klingt das Glockenspiel der nahen deutschen Kirche Tyska kyrkan mit alten Kirchenliedern.
Von Stockholm fährt die MS Deutschland über Nacht quer über die Ostsee zum Schärenmeer vor der Südwestküste Finnlands nach Turku. Der Ausflug ins nahe Naantali lohnt sich: Die pittoreske Altstadt mit ihren bunten Holzhäusern ist eine der ältesten Finnlands.
Auf dem Schiff spielt jeden Abend im Kaisersaal eine sechsköpfige Band zum Tanz und begleitet die Shows der Zauberkünstler und Bauchredner, Ballett-Ensembles und Artisten, Entertainer und Jazz-Pianisten. Auch eine Opernsängerin ist im Einsatz sowie die Schiffscrew mit einem kraftvoll schmetternden Shanty-Chor.
Weiter geht die Route hinein in den Finnischen Meerbusen nach Helsinki, wo das Schiff direkt neben dem Marktplatz festmacht. Schon vom Deck aus sieht man den strahlend weißen klassizistischen Prachtbau der Domkirche. Sie thront auf einer monumentalen Freitreppe über dem Senatsplatz, dem Herzstück der Stadt.
Helsinki wird an Eleganz und Pracht weit übertroffen von St. Petersburg mit seiner imperialen Großarchitektur: seinen Palästen, Kathedralen und Museen. Zwei Tage bleibt das Schiff hier. Eines der schönsten Erlebnisse ist die abendliche Kanalrundfahrt. Die goldenen Kuppeln glitzern in der tief stehenden Sonne. Die am Wasser liegenden Paläste strahlen orangefarben. Wenn sich in den Weißen Nächten am späten Abend alles mit einem lilafarbenen Hauch überzieht und die Konturen verschwimmen, ist man von der Magie dieser Inszenierung verzaubert.
Eine ganz andere Romantik entwickelt die alte Hansestadt Tallinn. Nähert man sich der estnischen Hauptstadt mit dem Schiff, fasziniert die
vieltürmige Stadtsilhouette. Wir durchwandern die Altstadt auf eigene Faust: Man fühlt sich ins Mittelalter versetzt mit dem Kopfsteinpflaster, den verwinkelten Gässchen und der wuchtigen Stadtmauer, den vielen Türmen und den schmucken Gildehäusern.
Nach all den Stadtbesichtigungen kommt ein besonderes Naturerlebnis. Vom litauischen Klaipeda geht es mit der Fähre auf die Kurische Nehrung. Wir spazieren am Haff entlang und in den Dünen, besuchen das verschlafene Nidden mit seinen alten Fischerhäusern. Am Ortsrand steht ein reetgedecktes Ferienhaus, das sich Thomas Mann 1929 bauen ließ. Im heutigen Museum genießt man vom Arbeitszimmer des Dichters seinen so geliebten Blick auf das Haff und den weißen Strand.
Die Kreuzfahrt-Runde schließt sich mit Besuchen auf Rügen und der dänischen Insel Ærø. Bei der genussvollen Reise wurde klar: Die MS Deutschland verkörpert weiterhin die Tradition der klassischen Kreuzfahrt und hat einen eigenen Charme mit maritim-nostalgischem Flair.
© Text und alle Fotos Norbert Linz
Info:
Ostsee-Kreuzfahrt mit MS Deutschland, 13 Tage VP, 2-Bettkabine pro Pers. innen ab 2399 €, außen ab 2899 €.
Buchung in allen Reisebüros:
www.PhoenixReisen.com