Irland hat seine touristischen Brennpunkte: Dublin, Ring of Kerry, Cliffs of Moher, Connemaras Küste… Aber es verzaubert auch mit einer großen Stille und magischen Orten so wie rund um den Lough Corrib.
Jetzt reisen sie wieder, die Schafe des Bauern Davoren! Sie werden im flachen Boot von Inishmacatreer auf eine kleine Insel gefahren. Am Kai gibt es einen Treibgang, auf dass die Wollknäuel das Boot geordnet verlassen mögen. Heute ist Davoren der letzte, der den Schafen diesen Inselurlaub als Landschaftspfleger ermöglicht. Schade eigentlich, früher hat man sogar Kühe und Pferde schwimmend auf die Inseln gebracht, heute verbuschen die Eilande. 365 davon liegen im 200 Quadratkilometer großen Lough Corrib, „alle sind westseitig vom Wind rasiert“ sagt Burkhard Hobler. „Die Hälfte der Insel kenn ich“, lacht er, gut einige sind auch nur wie ein großer Kohlkopf, der aus dem Wasser ragt. Hobler ist Deutscher, der lange in Galway gearbeitet hat, wo es ihm zu städtisch wurde und so zog er nach Inishmacatreer, was selbst eine Insel ist, aber mit einem abenteuerlich engen Steindamm mit dem Festland verbunden. Er kaufte ein altes Cottage mit Ställen, das heute Gäste beherbergt, die vor allem eins wollen: Angeln und raus auf den See!
Es ist ein ungewöhnlicher Tag, nahezu windstill, ein schwerer grauer Himmel liegt wie Blei darüber, eine eigentümliche Stimmung voller Melancholie. Heute können die speziellen Lakeboote mit dem stabilen Kiel, der die seetypischen langen Wellen abfängt, ihre Zuverlässigkeit gar nicht unter Beweis stellen, keine einzige Welle kräuselt den See. Das Boot schnürlt durchs Wasser und landet auf der Insel Inchagoill. Manchmal legen hier Ausflugsboote von Cong oder Oughterard an, heute ist es ein exklusives Erlebnis auf Urwaldpfaden ins Innere zu schlendern, zu den Klosterruinen und den verfallenen Cottages. Irland ist voll von Orten der Kraft, die umso mehr betören, je stiller sie sind. Der Stone of Lugnad trägt nach Ansicht vieler Archäologen eine der ältesten christlichen Inschriften der Welt eingehauen in Altgälisch. Wikinger überfielen die Insel im 13. Jahrhundert und dann kam eine Name ins Spiel, der untrennbar zu Irland gehört: Die Insel kam 1852 in den Besitz der Guinnessfamilie, die den Stoff brauen. Ist er zu stark, bist du zu schwach! Guinness ist ein Stout, wo das Malz mit gerösteter Gerste vermengt wird – das gibt die dunkle Farbe. Seine Brauer wurden in den Adelsstand erhoben, waren Politiker, Gönner, Magnaten. Auf der Insel gab es den legendären Verwalter Tommie Nevin, der bis 1948 allein auf der Sine wachte, aber einen Hund und ein Radio besaß. Und bis heute steht ein Turm, wo die ganz feinen Herren mit weniger feinen Damen „feierten“…
Ashford Castle ist auch ein Streich der Guinnessfamilie. Sie kauften das Gebäude, das im Kern aus 1228 datiert, 1852 und bauten viktorianische Flügel an. Es ist umso imposanter, wenn man sich vom See her nähert. Es wird immer größer, grauer, gewaltiger. Tea Time im Schloss gehört zu den Erlebnissen, die man sich einmal gegönnt haben sollte. Feine Tees auf edlen Services, dazu Scones von erlesener Qualität, dazu Clotted Cream, tiefe Fauteuils – Schlossherrenherrlichkeit auf Zeit. Teatime steht für jedermann offen, man muss kein Hausgast sein, um die heiligen Hallen betreten zu dürfen. Fürs hauseigene Kino aus knatschrotem Plüsch, den üppig ausstaffierten Zimmern und das Spa schon. Zwei Irish Wolfhounds liegen vor der Rezeption und blicken aus unergründlichen Augen auf das internationale Treiben.
Apropos Augen: Lima sieht einen so an, das der Blick durch einen hindurch geht. Sie legt den Kopf schief und es ist, als könne sie in Seelen sehen. Dann hebt sie ab. Und kommt retour, landet und bekommt – nun ja darin liegt eine gewisse Entzauberung – einen Hühnerfuß. Lima ist ein Harris Hawk, neben anderen Greifvögeln hat die Ireland´s School of Falconry die meisten Harris Hawks in Europa. Die Falknerei liegt am Rande des gewaltigen Landschaftsparks von Ashford. Gäste dürfen mir den Falken arbeiten, aber erst, wenn sie gewogen wurden, jeden Morgen wird ihr Gewicht bestimmt. „Sie brauchen das exakte Fluggewicht“, erklärt Guide Ryan. Wenn sie zu schwer sind, bleiben sie am Boden. Wenn sie zu leicht sind, kann es sein, dass sie zu weit entschwinden.“ Bei solch einem Ausflug ist die Tagesration des Falken auch genau berechnet, jedesmal wenn man den Arm hebt – erst zögerlich, dann mutiger – schwebt sie ein, die stolze Lima. Auf der breiten Parkallee mag das ja angehen, aber nun mitten im Urwald? Sie sitzt weit oben und dann stürzt sie sich in die Tiefe, genau auf zwei Bäume zu. Da passt sie doch niemand hindurch! Doch tut sie, sie klappt für einen Sekundenbruchteil die Flügel zusammen und landet punktgenau!
Am Ende des Parks liegt das entzückende Städtchen Cong, das vor allem wegen des Oskargekrönten Films „The Quiet Man“ berühmt wurde. 1952 gedreht, besetzt mit John Wayne und Maureen O’Hara, der temperamentvollen Rothaarigen, die mit stolzen 95 Jahren letztes Jahr in Idaho starb. Neben der Abbey aus dem 12. Jahrhundert, ist es das Museum zum Film, das anzieht. Der eilige Gast ist dann auch gleich wieder weg, Insider hingegen entdecken am Sträßchen in Richtung Ballinrobe einen prähistorischen Steinkreis inmitten von Farmland. Bei Headford liegt Ross Abbey behäbig in den Wiesen. Wunderschön und doch wenig besucht, kann man hier durch die imposante Ruine klettern – sogar das Becken für den Frischfisch, den die Franziskaner Mönche im Black River fingen, ist noch zu sehen.
Keine Frage, einen Ausflug ans Meer muss man machen. Zu Malachy Kearns, dessen Mutter ein B&B und ein Pub hatte, in dem er die deutschen Touristen bewirtete. Die kamen mit den beliebten Pferdwagen, er machte Irish Coffee für verfrorene „German Gipsys“.
Damals schon wurde ihm klar: Alles geht, wenn es mit Herzblut gemacht wird. Als er dann begann in Roundstone wieder die Bodhran (sprich Bau-rohn) zu bauen, hielten ihn nicht wenige für komplett verrückt. Aber Freunde von der legendären irischen Band „The Chieftains“ bestärkten ihn und heute ist Malachy der einzige Fulltime Bodhran-Bauer der Welt. Alle großen irischen Bands kaufen bei Malachy, die Instrumente von Riverdance beispielsweise stammen von ihm. Bodhranbau ist das älteste irische Handwerk und sehr aufwändig: Die Haut für das Instrument stammt im Idealfall von Ziegen: „Vier Jahre sollte die Ziege alt sein und dann ist es eben die Kunst, die Haut zu enthaaren. Das darf man nur sehr sorgfältig machen und ohne Chemikalien!“, sagt Malachy. Die Haut wird mit einer Kalklösung behandelt und mit Zusätzen – aber das ist Malachys Geheimnis. Dann wird die Haut auf einen Birkenholzrahmen sowohl aufgeklebt als genietet. Jeder Schritt ist Handarbeit, jeder Schritt ein Seelenprozess. Nur so erhält das Instrument seinen Klang!
Und natürlich muss man durch die Maamturk Mountains fahren, wo die Licht-und Schattenspiele auf kahlen Bergen wie Dinosaurierrücken tanzen, man muss durch das bunte Küstenstädtchen Clifden schlendern, aber ein einsames Vergnügen ist die touristische Rennstrecke der Coast Road und der Sky Road nicht gerade! Zurück am Lough Corrib ist Stille und Burkhard Hobler hat noch etwas ganz Spezielles im Sinn. Eine Wanderung am Fuße des Mount Gable auf einem Pfad zum Lough Coolin, der in einer kahlen und stillen Landschaft liegt, an seinen Gestaden verfallene Cottages. Sie sind Zeugen der großen Hungersnot zwischen 1845 und 1852, als die Kartoffelfäule die Ernten vernichtete. Da die armen Bauern aber fast ausschließlich auf den Anbau der Kartoffel gesetzt hatte und eine durchgehende Monokultur nun mal anfällig ist, starben rund eine Million Menschen, zwei Millionen konnten nach Übersee flüchten. An den steilen Hängen sieht man noch die Terrassen, wo die Menschen dem Berg Anbaufläche für Kartoffeln abgerungen hatten. Überall ragen die Wurzeln der Vergangenheit ins Hier und Heute und überall holt sich die Natur stoisch und stetig das ihre zurück. Von irgendwoher kommen Schafe und beginnen in den überwucherten Häusern zu fressen….
ANREISE:
Flüge nach Dublin und Shannon, die meisten Flüpge mit Aer Lingus,
www.aerluingus.co
Fähren ab NL, B und F, Direktfähre über Nacht nach Rosslare mit Irish Ferries
Anreise kann man alle Anreisevarianten durchspielen
www.irlandfaehre.de
www.ireland.com
Übernachten:
Inismac Outdoors
einfache Cottages bei Burkhard Hobler
www.inishmac.com
Nymphsfield House
nettes B&B außerhalb von Cong
www.nymphsfieldhouse.com
Ashford Castle
opulenter Luxus in Sensationslage
www.ashfordcastle.com
The Lodge at Ashford Castle
feines Hotel, gutes Essen
www.thelodgeac.com
Dooroy Lodge
Selbstversorger Ferienhaus am See bei Clonbur
www.selfcateringcong.com
Erlebnisse:
The Bodhran
Firma, Shop und Cafe
www.bodhran.com
Irlands School of Falconry;
Heritage Trail in Cong, Guide Booklet bei dortigen Tourist Office erhältlich
www.falconry.ie
die mystischen Insel Inchagoill erleben:
www.congtourism.com/inchgll
Infos:
Irland Information-Tourism Ireland, Gutleutstr. 32, 60329 Frankfurt/Main.
Infotel: 069-66800950,
www.ireland.com
regionale Infos:
www.clonbur.galway-ireland.ie
www.congtourism.com
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