Bayern hat viele mystische Orte, etwa Ramsee am Ammersee, das von reise-stories bereits vorgestellt wurde, vor allem aber Niederkaltenkirchen, das durch den Franz-Eberhofer-Kreisel auch im nördlichsten Preußen berühmt geworden ist, der aber eigentlich in Frontenhausen liegt, das wiederum bei Marklkofen liegt. Niederkaltenkirchen gibt es nur im Film. Aber das ist den Fans der Eberhofer-Krimi-Serie egal.
Was es aber gibt, trotz des lustigen Namens, ist Huglfing. Und dieses Dorf mit nicht einmal 3.000 Einwohnern ist als “schönstes Dorf Europas” ausgezeichnet worden. Grund genug, es für eine Vorstellung bei reise-stories zu besuchen.
Der putzige Ort im oberbayerischen Landkreis Weilheim-Schongau ist nicht leicht zu finden. Man kann von München über die B 2 und Weilheim oder über die A 95 und Penzberg anreisen. Nutzt man einen Routenplaner, etwa den des ADAC, wird man gefragt, ob man nicht nach Egglfing fahren wolle. Nein, Huglfing ist das Ziel, und plötzlich ist man da, auch ohne Hinweisschilder in der näheren Umgebung. Dieses Huglfing hat so etwas wohl nicht nötig oder will es nicht. Es liegt beschaulich und klein in der Voralpenlandschaft. Und setzte sich doch im europäischen Wettbewerb souverän durch und erhielt in Slowenien die Gold-Medaille für herausragende Dorfgestaltung, Nachhaltigkeit und Gemeinschaft. Silber gab es für das oberfränkische Zedtwitz im Landkreis Hof.

Wir finden im Gasthaus “Zum alten Wirth” Quartier. Und werden, bevor wir uns im Ort umsehen können, direkt belehrt. Die Medien hätten das falsch verstanden und falsch rübergebracht. Es wäre im Rahmen des internationalen Wettbewerbs Entente Florale Europe (EFE) nicht um Schönheit gegangen, sondern darum, „lebenswerte Orte Europas“ auszuzeichnen, also eher Schönheit, die von Innen kommt. Der Bürgermeister Markus Huber hatte sich so geäußert: „Huglfing ist meiner Meinung nach nicht nur das schönste Dorf Europas, sondern auch das lebenswerteste.“ Er war mit seiner Meinung nicht allein. Huglfing wurde mit der Goldmedaille plus ausgezeichnet und der Preis wurde feierlich in Slowenien übergeben. Es sei um Huglfings Engagement in Sachen Ortsentwicklung, Nachhaltigkeit und bürgerschaftliches Miteinander gegangen. Huglfing erhielt nicht nur die Gold-Medaille, sondern erreichte laut Jury 90 der 100 möglichen Punkte. Im alten Wirth wird uns die Begründung der Jury vorgelegt:
Generationengerechte Ortsgestaltung
Umwelt- und Naturschutzprojekte
Bürgerbeteiligung & Gemeinschaftssinn
Attraktive öffentliche Räume
Wir machen einen ersten Rundgang. Der Friedhof ist weit über 100 Jahre alt, aber gepflegt, die spätgotische St. Magnuskirche wirkt nüchtern und streng. Ist das eine generationengerechte Ortsgestaltung? Der Gemeindesaal sieht von außen nicht einladend aus, die Bücherei schon eher. Drei Kinder erzählen, dass sie sich hin Huglfing wohlfühlen und freuten sich, in die Zeitung zu kommen. Wir mussten sie enttäuschen. Ein Bach, der Hungerbach, der aus dem nahen Riegsee kommt, fließt malerisch durch den Ort, viele Häuser sind in Holz gebaut und mit Blumen umfasst. Aber das haben andere bayerische Dörfe auch. Da Zweifel bleiben, zurück ins Wirtshaus.
Wir erfahren: Bevor Huglfing den internationalen Wettbewerb gewann, hatte die Gemeinde bereits national eine Goldmedaille errungen. Das war Bedingung, um ins europäische Rennen einzusteigen. Aber das war doch eine Formalie.
Zur Preisverleihung reiste eine Delegation von rund 70 Huglfingern in Tracht nach Slowenien. Unter den Mitbewerbern befanden sich Orte aus ganz Europa — etwa Nizza und Nantes in Frankreich.
Was also ist das Besondere? Von den 2.900 Menschen sind fast alle engagiert in Vereinen, Nachbarschaftsprojekten und pflegen so die Dorfgemeinschaft. Da gibt es einen Laden “Happy Secondhand”, einen Spielmanns- und Fanfarenzug, einen Obst- und Gartenbauverein, einen Zukunftsgarten, einen Trachtenverein, einen Arbeitskreis Kultur und Geschichte, ein Ausstellwerk für moderne Kunst, die Böllerschützen, einen Schützenverein, einen Verein de Schiachn, was wohl ein Verein für die Alten ist, die Feuerwehr, einen Frauenbund, einen Kleingartenverein, einen Kirchenchor, einen Reservistenverein, einen Maschkeraverein, was wohl ein Verein ist, mit Masken den Winter auszutreiben, Musik- , Gesangs- und Kapellenvereine. Ein Theater gibt es auch. Und wer jetzt in der Aufzählung vergessen wurde, verzeih. Bürgermeister Huber hatte betont, dass der Preis weit über gepflegte Blumenbeete und hübsch renovierte Häuser hinausgehe, da hatte er wohl recht. „Man darf auch richtig stolz sein. Wir haben irrsinnig viel für das Dorfgesicht getan, aber hier kommt es auf mehr an, als reines Pflanzen und Renovieren.“ Für Huber war klar: “Entscheidend ist das Herz.”
Was wir nicht erfahren haben war, wie lange sich die Jury der Entente Florale Europe in Huglfing aufgehalten hat, um das Herz zu finden. Aber wir haben – “obacht!” -eine Einladung zu den Huglfinger Festtagen und zum 62. Bezirksmusikfest vom 13.- bis 17. Mai 2026 aus Hugfing mitgenommen. Und das ist sicherlich schöner als 10 mal um den Franz-Eberhofer-Kreisel zu rasen, wo der auch immer sein mag.