Agrotourismus mit Slow Food und Slow Travel sind Komponenten, die immer mehr Reisende nutzen. Raus aus dem Hamsterrad und in Ruhe genießen, im niederländischen Achterhoek in der Provinz Gelderland gelingt das ausgezeichnet.

Es ist an der Zeit, sich auf den Weg zu machen. In einer Welt, die uns mit ihrer Vernetzung, ihrer Schnelligkeit und einer unaufhörlichen Flut an Reizen ständig und ohne längere Pausen mit Informationen, emotionsgeladenen Bildern und letztlich Aktionsaufforderungen bewirft, wächst bei vielen Menschen der Wunsch, häufiger abzuschalten. Und wenn es auch nur ein paar Tage sind, Entschleunigung, Entspannung und Erlebnistiefe sind zu Reisemotivationen geworden, die nicht mehr nach immer mehr, immer weiter und höher streben. Die Entdeckung der Langsamkeit, der Schönheit der Natur in der näheren Umgebung und die Konzentration auf das Wenige anstatt der ständigen Ausweitung jener Liste, die uns immer mehr Länder als erstrebenswertes Reiseziel offerieren will, sind angesagt. Ein neuer Weg zu reisen, zu genießen, sinnstiftende Nachhaltigkeit und das Loslassen zu üben, verändert auch die Auswahl der Reiseziele. Näher, kürzer, häufiger, aber intensiver: Auf neuen Wegen Erholung finden in einer veränderten Art, das ist für viele Reisende Ansporn und Ziel zugleich geworden. Dabei spielt die uns umgebende Natur eine tragende Rolle, zumal auch immer mehr Reisende großen Wert darauf legen, unseren ökologischen Fußabdruck möglichst klein zu halten. Die Sehnsucht, in der Natur Ruhe zu finden, ja sogar sich selbst wiederzufinden, wächst stetig. Ob in den Bergen, im Wald oder am Wasser, machen wir uns auf den Weg, langsamen Schrittes und mit Muße im Herzen, die kleinen Dinge am Wegesrand schätzen zu lernen.

Meditative Auszeit

Eine Auszeit vom Alltag nehmen, wird in unserer schnelllebigen Zeit immer wichtiger, um neue Energie aufzunehmen und einer Reizüberflutung zu entgehen, die uns leider immer häufiger auch gereizt macht. Um dem Alltag einmal zu entfliehen, gibt es heute eine Vielzahl an Möglichkeiten. Je nach Veranlagung kommt eine mehr oder weniger aktive Erholung in Frage, die vom einfachen Spazierengehen in der Natur bis zu entspannenden Wandererlebnissen reicht, die nicht unternommen werden, um einen neuen persönlichen Streckenrekord aufzustellen, sondern um der frischen Luft und dem Gefühl von Freiheit in der Natur nachzuspüren. Mancher, der in seiner Auszeit dennoch einen Kick braucht, segelt als Drachenflieger über Täler und Wiesen oder paddelt über Flüsse und Seen. Es gibt allerdings immer mehr Menschen, die eher in einer Form des Nichtstuns neue Energie finden. Damit ist nicht das Sofasitzen und Fernsehen schauen gemeint, selbst in Ruhe ein Buch lesen gehört nicht dazu. Hier ist eher eine Form des Innehaltens gemeint, die mit dem weiten Begriffsfeld „Meditation in Bewegung“ beschrieben wird. Die verschiedenen Formen von einfacher Auszeit über Yogakurs bis zu Zen-Wochenenden kann man inzwischen als Komplettpaket bei spezialisierten Reiseveranstaltern buchen, doch es geht auch einfacher und praktischer für Jedermann und ganz individuell. In der niederländischen Region Achterhoek zum Beispiel.

Disziplin und Dahinfließen

Allerdings ist eine Grundeinstellung dazu notwendig, die uns immer schwerer fällt: Nichts zu tun, loszulassen, Langsamkeit und Stille nicht nur zu ertragen, sondern zu genießen. Am Anfang ist dazu Disziplin notwendig, um nicht schon nach zehn Minuten Fluchtreflexen nachzugeben. Wenn dann aber langsam ein Gefühl der Befreiung sich breit macht, kann man auch die anstrengende Disziplin in ein ruhiges Dahinfließen verwandeln und ganz im hier und jetzt aufgehen. Dann braucht man nicht mehr weit zu reisen, sondern findet in dem nächstgelegenen Wald bereits faszinierende Baumformationen, Details, Düfte und Landschaftsbilder, die wir ganz natürlich in uns aufnehmen können, als seien sie ein Teil von uns. Dann verschwinden alle Gedanken an Aufträge und Projekte, Termine und To-do-Listen, der Kopf wird leer, der Atem und der Puls werden ganz unbewusst regelmäßiger und das Herz füllt sich mit angenehmen Eindrücken und Bildern, die auftauchen und wieder vergehen. Esoterik? Keineswegs, probieren sie es einfach aus, fahren sie ins Achterhoek und haben sie Geduld mit sich, denn die betriebsame Welt in unserem Kopf lässt sich nicht so schnell abschalten. Nach ein paar Versuchen wird das Jedem Gelingen, der sich zudem daran erfreuen kann, dass seine Umwelt an ihm eine Veränderung feststellt: Du bist ja so ausgeglichen in letzter Zeit, wo warst Du nur? Achterhoek ist das Zauberwort, mehr als nur eine „hinterste Ecke“, ein wahres Slowland eben, in dem Genuss und Langsamkeit zum lebensnahen Alltag gehören.

Tee und Wein im Achterhoek

Dabei ist die Auswahl der Genussstationen groß. Da ist zunächst das Teehaus De Busker bei Lochem, bekannt für seinen herrlichen High Tea und seine Gastfreundschaft. Bei schönem Wetter sitzt man hier idyllisch unter Bäumen oder am Wasser und genießt Tee und leckeres Gebäck. Hier startet auch eine E-Bike-Weintour rund um Lochem. Die „Wijnroute Lochem“ führt durch abwechslungsreiche Naturlandschaften, vorbei an den Lochemse Bergen, und passiert das Silo-Art-Kunstwerk „Verbonden“, das die Geschichte der Heuernte-Helfer erzählt. Danach erreicht man das Weingut Kunneman, das zur Verkostung der Weine einlädt, bevor es wieder zurück zum Teehaus De Busker geht.

Landgut und Camping

Das Landgut Lentelandboerderij ’t Gagel ist ein wunderschön gelegener Lern-und Erlebnisort für regenerative, naturinklusive Landwirtschaft. Hier kann man übernachten, am Wochenende den Hofladen besuchen und alles über zukunftsfähige Landwirtschaft erfahren. Die Farm mit reicher Geschichte, alten Buchen und Blick auf den Lochemse Berg ist Heimat von vier „Zukunftsbauern“, die sich der Bewahrung der Natur und der Erzeugung von gesunden Lebensmitteln verschrieben haben. Wem nach Camping zumute ist, findet mit dem Schoneveld Kleine eine naturnahe Familien-Campinganlage bei Ruurlo, umgeben von Vogelgezwitscher, Blumenwiesen und weitem Blick. Eine ideale Anlage für komfortables, naturnahes Camping mit Abenteuerfaktor. Auch das Landgoedhotel Woodbrooke liegt mitten im Wald am Fuße des Kalenbergs, in diesem historischen Hotel kann man besonders gut Entspannen auf dem sonnigen Terrassenplatz oder im weitläufigen 17 Hektar großen Naturpark. Darüber hinaus ist es ein geeigneter Standort für Rad-und Wanderausflüge.

Bjorn Massop und Mascha Smit betreiben das charmante Hotel Villa Ruimzicht in Doetinchem.
Käse und Wein
In Westendorp sollte man ComBIJn besuchen, ein Selbsterntehof mit Blumen, Obst und Gemüse sowie Honig und anderen Bienenprodukten. Neben Workshops und Kursen rund um Bienen, Biodiversität und Naturpflege ist ComBIJnTeil der „Lekker Lokaal“-Route und fördert bewusstes, nachhaltiges Leben mit Genuss. Ganz in der Nähe findet man im Camping Nessst Naturcamping mit Weitblick mitten in den Wiesen, mit Feuerstelle, Lichterketten und tierischen Begegnungen, ein ruhiger Ort zum Durchatmen. In der alten Justizvollzugsanstalt von Doetinchem findet man einemn Betrieb, der zeigt, dass Stadt und Land kein Gegensatz sein müssen. In der Stadsboerin Stadtlandwirtschaft mit Gemüsegarten, Bienen, Hühnern, Schafen und eigenem Lokal wird der Gaumen verwöhnt mit frischen Zutaten aus dem Garten.

Gleiches gilt für De Brömmels, ein Ziegenkäsehof mit einer seltenen Milchziegenrasse. Hier wird regelmäßig Käse hergestellt, man bekommt Einblick in den Stall und kann die hofeigenen Käsesorten verkosten. Wein und Käse harmonieren perfekt, dass weiß man auch im Wijngaard Hesselink, ein Weingut mit mediterranem Flair. Mit Ausblick auf die Reben, stehen hier 15 prämierte Weinsorten zur Auswahl, serviert auf der schönen Terrasse.

Wild und Villa

Bei der „Wild Kiek’n Safari“ geht es auf leisen E-Buggys durch die Natur Winterswijks mit spannenden Infos über Wildtiere und nachhaltige Jagd. Hier hat man beste Chancen, Wildtiere in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. Abgerundet wird der erlebnisreiche Tag dann in der Villa Ruimzicht und einem Abendessen im Restaurant Lokaal. Die stilvolle Villa von 1853 liegt in Doetinchem mit Park, Charme und einem vielfach ausgezeichneten Restaurant: das mit dem Grünen Michelin-Stern prämierte Lokaal serviert kreative, regionale Küche.

Bronkhorst, Vierakker und Ruurlo

Das beschauliche Bronkhorst ist die kleinste Stadt der Niederlande, hier spaziert man durch die Geschichte: Mit nur rund 60 Gebäuden, von denen 38 denkmalgeschützt sind, ist Bronkhorst ein wahres Paradies. Das malerische Ortsbild mit Kopfsteinpflaster, alten Bauernhäusern und historischem Flair ist seit 1482 nahezu unverändert geblieben. Und in Vierakker zeigt Jerom mit Leidenschaft in seiner Nougaterie, wie mit Leidenschaft und regionalen Zutaten seine handgefertigte „Noga“ in liebevoll abgestimmten Geschmacksrichtungen entsteht. Seit 1928 baut Familie Horstink auf dem Obsthof bei Bronkhorst Äpfel, Birnen und Kirschen an, inzwischen auch mit eigener Ciderei De Groote Wei. Im Hofladen gibt es frisches Obst, Gemüse und regionale Produkte. Der Hof liegt idyllisch auf einer Warft mit weitem Blick auf die IJssel und die Obstgärten. Zum Abschluss einer Genussreise durch Achterhoek eignet sich der Besuch von Schloss Ruurlo. Umgeben von einem englischen Landschaftspark, beherbergt es die Sammlung von Carel Willink, zusammengetragen vom Sammlerehepaar Melchers. Das denkmalgeschützte Schloss ist eines der schönsten Schlösser der Region.

Entschleunigung zwischen Wäldern, Schlössern und Weinbergen

Die Achterhoek ist also das ideale Reiseziel für alle, die zur Ruhe kommen und in die Natur eintauchen möchten. Die Slowlands sind perfekt dafür geeignet: Kein Stress, sondern das bewusste Erleben einer Region, in der das Leben noch in angenehmem Tempo verläuft. Nach jeder Kurve eröffnet sich ein neues Panorama mit sanften Hügeln, malerischen Obstgärten, geheimnisvollen Wäldern oder stattlichen Landgütern. Diese auch als Kulissenlandschaft bezeichnete Gegend bietet ständig wechselnde Ausblicke und lädt dazu ein, wirklich hinzuschauen und zu genießen. Wandern oder Radfahren durch diese vielfältige Natur fühlt sich an wie ein Spaziergang durch ein lebendiges Gemälde. Auch kulinarisch lässt sich Slowlands in der Achterhoek wörtlich schmecken. Die Region ist reich an handwerklich arbeitenden Produzent/innen und Hofläden. Frisch gepresste Obstsäfte aus dem eigenen Garten, prämierte Weine oder Wildgerichte, die im Herbst aus den Wäldern der Achterhoek stammen, hier verbindet sich Regionalität mit Genuss.

Weitere Informationen
Niederlande Tourismus, https://www.holland.com
Achterhoek Tourismus, https://achterhoekferien.de

Übernachtung
Camping Schoneveld, Barchemseweg77, Ruurlo, www.campingschoneveld.nl
Camping Nessst, www.nessst.nl
Landgoedhotel Woodbrooke, Woodbrookersweg, Barchem,www.woodbrookebarchem.nl/de
Villa Ruimzicht, Ruimzichtlaan 150, Doetinchem, www.hotelvillaruimzicht.nl/de
Attraktionen/Aktivitäten

Theehuis De Busker,www.facebook.com/people/Theehuis-de-Busker/100063614288877/
Weinroute Lochem, https://achterhoekferien.de/Weinroute-Lochem
Wijngaard Hesselink, Vredenseweg168, Winterswijk/Hexel, www.wijngaardhesselink.com
comBIJn, Veldkamperstraat 32, Westendorp, https://combijn.eu
Stadsboerin, Klootsemastraat 1, Doentichem, https://stadsboerindoetinchem.nl
De Brömmels, Meerdinkweg 5, Winterswijk Woold, https://brommels.nl/de-boerderij
Nationaler Landschaftspark Winterswijk, www.100procentwinterswijk.nl
Restaurant Lokaal, Ruimzichtlaan 150, Doetinchem, www.restaurantlokaal.com
Nougaterie Jerom´s, Vierakkersestraatweg 37, Vierakker, www.jeroms.nl
Obsthof Horstink, Rha/Steenderen, www.fruitbedrijfhorstink.nl
Schloss Ruurlo, Museum More, www.museummore-kasteelruurlo.nl