Mühlhausen und Frankenhausen waren vor 500 Jahren wichtige Schauplätze des Deutschen Bauernkrieges. Beide Städte teilen sich die Thüringer Landesausstellung zum Jahrestag.
Kirchen, Klöster und Burgen gingen in Flammen auf, als vor einem halben Jahrtausend die einfache Landbevölkerung aufbegehrte. Mitte 1524 brachen Bauernaufstände im schwäbischen Raum aus, die sich wie ein Lauffeuer auch nach Thüringen und Sachsen ausbreiteten.
Zentren des Aufruhrs waren Frankenhausen und Mühlhausen, die Reichsstadt an der Unstrut. Beide Orte teilen sich nun die umfangreiche Thüringer Landesausstellung „Freiheyt 1525 – 500 Jahre Bauernkrieg“, die noch bis Mitte Oktober läuft.

Panorama von Mühlhausen
Historische Schauplätze des Bauernkrieges
Allein der Ausstellungsteil in Mühlhausen umfasst 400 Objekte von 80 Leihgebern auf 1500 Quadratmetern. Drei Orte sind einbezogen, nur durch kurze Fußwege in der mittelalterlichen Innenstadt voneinander entfernt. Der Beginn empfiehlt sich in der Marienkirche, wo einst der Reformator Thomas Müntzer von der Kanzel predigte. Hier kann der Besucher in die bäuerliche Lebenswelt des 16. Jahrhundert eintauchen. Reproduktionen von historischen Gemälden und Dokumenten veranschaulichen das ländliche Leben im Jahresablauf.

Das Dürer-Denkmal in Mühlhausen
Zahlreiche Armbrüste, Lanzen und Messer sind zu sehen, gehörte doch Gewalt in der frühen Neuzeit zum Alltag. Auch Mistgabeln oder Dreschflegel wurden als Waffen zweckentfremdet. In einer Seitenkapelle liegt der Nachbau des legendären Runen-Schwerts, das lange als Besitz Thomas Müntzers angesehen wurde.
Umfangreiche Landesausstellung in Mühlhausen und Bad Frankenhausen
Weiter geht es in der Kornmarktkirche, vor der das kürzlich eingeweihte Denkmal nach einem Entwurf von Albrecht Dürer steht. Es zeigt einen in sich zusammengesunkenen Bauern, in dessen Rücken ein Schwert steckt. Erst dieser Ausstellungsteil widmet sich direkt den Ereignissen des Krieges; anhand von archäologischen Zeugnissen, historischen Drucken und Flugblättern, und abermals Unmengen von Waffen.
Highlights sind ein Brief aus der Feder Müntzers, die Eiserne Hand des durch Goethe verewigten Ritters Götz von Berlichingen oder Figuren von Tilman Riemenschneider, dem berühmten Bildhauer. Riemenschneiders
„In der Landesausstellung von Mühlhausen stehen aber die Ereignisse im mitteldeutschen Raum nicht im Vordergrund“, betont die Kuratorin Nora Hilgert „Wir wenden uns an Gäste aus ganz Deutschland und betrachten die Gesamtheit der Aufstände, auch im süddeutschen Raum, wo etwa die Bauern in Memmingen ihre Forderungen in den Zwölf Artikeln niederlegten.“
Der Besucher erfährt, wie die Ideen der Reformation die Bauern ermutigten, die als gottgeben betrachtete Ordnung zu hinterfragen. Der Protest richtete sich gegen Frondienste und hohe Pachtabgaben. Die Bauern wollten ihre Pfarrer selbst wählen und auf den Ländereien ihrer Herrscher jagen oder fischen.
Waffen und Gewalt in der frühen Neuzeit
Um die Deutung des Bauernkrieges im Laufe der Jahrhunderte dreht sich schließlich alles im Kulturhistorischen Museum von Mühlhausen. Künstler griffen das Thema immer wieder auf. Von Albrecht Dürer, dessen Skizze zum neuen Denkmal gezeigt wird, bis zu Käthe Kollwitz, deren Bauernkriegs-Zyklus, die Schrecken des Krieges in schonungsloser Direktheit zeigt. Auf einem Bildschirm laufen Ausschnitte mehrerer Defa-Filme, die sich dem radikalen Reformer Thomas Müntzer widmeten.
Während Martin Luther die Fürstenherrschaft beibehalten wollte und gegen „die mörderischen und räuberischen Rotten“ wetterte, machte sich Müntzer das Anliegen der Bauern zu eigen und musste sich von Luther gar als Satan beschimpfen lassen.

Müntzer-Denkmal in Mühlhausen
Kein Wunder, dass Müntzer in der DDR als revolutionärer Held verehrt wurde. Das Kulturhistorische Museum zeigt Briefmarken, Münzen, Biergläser und natürlich den Fünfmarkschein mit seinem Konterfei. Als 1975, zum Jubiläum „450 Jahre Bauernkrieg“, die Müntzer-Begeisterung ihren Höhepunkt erreichte, zog ein riesiger Festumzug durch Mühlhausen.
Künstlerische Darstellungen des Bauernkrieges
Komplett wird der Gang durch die Mühlhäuser Museen mit einem Abstecher in die Divi-Blasii-Kirche, wo einst Johann Sebastian Bach als junger Mann wirkte. Hier zeigt man Druckgrafiken zum Thema Krieg; kleine Werke von großen Künstlern wie Marc Chagall oder Emil Nolde.
Weiter geht es nach Frankenhausen, das heute als Sole-Kurort das „Bad“ im Namen trägt. Vor den Toren der Stadt fand am 15. Mai 1525 die entscheidende Schlacht statt: Städter und Bauern verbündeten sich im Aufruhr gegen die hiesigen Grafen von Schwarzburg. Sie baten Thomas Müntzer um Beistand, der mit einem Haufen von 300 Mann aus dem 60 Kilometer entfernten Mühlhausen anrückte. Das Fürstenheer siegte; Müntzer wurde auf der Festung Heldrungen eingekerkert und dann enthauptet.
Bad Frankenhausen beteiligt sich mit einer eigenen Schau an der Thüringer Landesausstellung. Im hiesigen Regionalmuseum gibt es durchaus einen innigen Lokalbezug. „Wir zeigen, wie die Bauernschlacht die Stadt und die Region prägte“, sagt Museumsdirektor Ulrich Hahnemann. „Eigentlich war das keine Schlacht, sondern ein Abschlachten, das binnen weniger Stunden sechstausend tote Bauern hinterließ. Das Blut floss in Strömen den Berg hinab.“
Thomas Müntzer: Pfarrer oder Revolutionär?
Wie die DDR den Bauerkrieg als Vorboten der Arbeiterrevolution wahrnahm, zeigen zahlreiche Wimpel, Medaillen, Zeitschriften und Müntzer-Souvenirs aus DDR-Beständen. Ein Prunkstück des Sozialistischen Realismus ist Wilhelm Schmieds Gemälde „Bauernkrieg und sozialistische Landwirtschaft“.
Aus der DDR stammt auch das mit Abstand größte Exponat der gesamten Landesausstellung: das Bauernkriegspanorama, das sich in einem eigenen Rundbau außerhalb Frankenhausens befindet. Der Leipziger Künstler Werner Tübke opferte dem kurz vor der Wende vollendeten Riesenrundbild ein Jahrzehnt seines Lebens und seine Gesundheit. Mit 30.000 Figuren auf 1700 Quadratmetern bettet Tübke die Schlacht von Frankenhausen in ein Zeitpanorama rund um die Ereignisse der Reformation ein.

Das Panorama Museum in Bad Frankenhausen
Das Bauernkriegspanorama von Werner Tübke
Die Sonderausstellung „Der Welt Lauf“, die bis 17. August zu sehen ist, zeigt Tübkes Vorbilder. „Tübke beschäftigte sich mehrere Jahre mit historischen Bildern und Texten, die er in seine eigene Bildsprache übersetzte“, erklärt der langjährige Museumsdirektor Gerd Lindner, der den Maler selbst viele Male getroffen hat. „Tübke bezog historische Ereignisse, antike Mythen und Bibelzitate in seine Darstellungen ein. Er nutzte dafür die sehr guten Editionen aus DDR-Verlagen, die historische Gemälde und Grafiken als Faksimiles herausgaben.

Gedenkstein auf dem Schlachtenberg von Bad Frankenhausen
Frankenhausen und die entscheidende Schlacht
Die blutigen Ereignisse der entscheidenden Schlacht bei Frankenhausen werden am 6. und 7. September in einer Inszenierung zu neuem Leben erweckt. Hunderte von kostümierten Darstellern spielen das historische Ereignis nach. Bad Frankenhausens Bürgermeister Matthias Strejc, der selbst daran teilnimmt, rechnet mit 10.000 Besuchern pro Tag vor. Sogar ein neuer Parkplatz wurde dafür gebaut.
Titelbild: ©Panorama Museum
Beitragsfotos: ©Antje Rößler