Abgefahren! Ski-Reporter unterwegs. Heute in: Ischgl. James Blunt und die nackte Lady im Schnee

ABGEFAHREN! Die Ski-Reporter von Reise-Stories.de unterwegs im Schnee. Jede Woche wieder! Um aktuell zu schildern, wie es auf den Pisten von ……. gerade aus sieht.  Dieses Mal: So war es beim Opening in Ischgl/Tirol am vergangenen Wochenende!

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Fotos:

Ganz oben: Das Plakat, das für das Abwedeln wirbt.

Bilder in der Mitte: Traum-Tage im Schnee – Traum-Abend mit James Blunt.

Ganz unten: Blunt beim Diven – und bei der Rückkehr vom Diven…

Fotocredit & Copyright für alle Fotos:

Jupp Suttner

Text:

Jupp Suttner

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Die Lady liegt nackt im Schnee. Und ist zugleich der Schnee selbst. Ihr Körper und die weiße Landschaft verschmelzen ineinander. Auf einem Plakat, das beim Einstieg der Silvretta Bergbahn von Ischgl die Kerle anlocken soll: „Abwedeln“, rät der Reklame-Text der Tabledance Bar Livingroom und verheißt eine „Après Ski Party mit der perfekten Frauenquote“.

RSFotoIschglTrickPlakatAls ob es denn in Ischgl auch nur irgendwann und irgendwo eine perfekte Frauen-Quote geben würde. Der Tiroler Jet-Set-Ort weist stets einen wahrlich beträchtlichen Männer-Überschuss auf. Was gut für die Wirte ist. Denn wenn zu wenig weibliche Wesen ihre Aura verbreiten, bleibt nichts anderes übrig als sich die einsame Welt schön zu saufen. Mit einem teuren Drink nach dem anderen. Bis in die Hucke.

Heißt es. Doch jetzt, kurz vor 9 Uhr morgens, am Samstag, den 29. November 2014 – erweckt kein einziger der Kerle hier in der Gondel den Eindruck, als habe er letzte Nacht zu viel des Alkohols erwischt. Im Gegenteil: Alle wirken hoch sportlich, enorm motiviert und heiß auf nichts anderes als: Schifoan!!!!! Gierig scharren die Testosteroniker mit den Stiefeln.

Ganz Europa ähnelt dieser Tage einer schneelosen Welt. Lediglich auf den Gletschern und ganz wenigen auserwählten hoch gelegenen Orten wie Hochgurgl etc. liegt genügend Schnee, um die Saison zu eröffnen. Und natürlich in Ischgl. Der Zusatz „natürlich“ ist absolut natürlich. Denn es scheint ein Naturgesetz: Egal, wie es anderswo aussieht – in Ischgl geht es IMMER. Wir hatten nicht einmal im Netz kontrolliert, wie es im Paznauntal aussieht mit dem weißen Gold. Wir waren einfach los gefahren. Weil es irgendwie gar keine Frage war, dass in Ischgl Schneemangel herrschen könnte.

Und schon schnallen wir oben, beim Ausstieg auf 2 320 m Höhe, an. Und düsen los. Auf echtem NATUR-Schnee! Denn: Zum Kunstschneemachen war es die letzten Wochen einfach zu warm. Was hier liegt, ist original Frau Holle vom vermutlich Oktober noch! Und um es kurz zu machen:

Die Schneedecke ist dünn und unser Guide Rudolf warnt, dass dadurch die Wellen und Buckel nicht geschluckt, sondern ihre vollen Konturen offenbaren würden. Dass man also auf der Hut sein müsse, um nicht überraschend in Rücklage zu geraten  – denn ein Sturz sei bei diesen harten Verhältnissen schmerzhaft.

Hart? Nun ja. Unser red nosed Rentier hat da ein wenig übertrieben, denn in den meisten Passagen offenbaren sich die Pisten eher griffig denn brutal. Und bereiten nicht nur Carvern, die gerne in de Eisen steigen, höchstes Vergnügen, sondern auch uns simplen Rutschern. Bei mindestens einem von zehn Schwüngen juchzen wir vor Vergnügen! Doch bei jedem hundertsten fluchen wir. Wegen der Begegnung unserer Kanten mit etwelchen Steinen. „Leihski“, seufzt einer, „wären jetzt halt recht!“.

RSFotoIschglTraumtagInsgesamt 26 von 45 Aufstiegshilfen sind geöffnet und 72 Pisten-km bis auf 2 870 m Höhe hinauf befahrbar – was etwa einem Drittel der gesamten länderübergreifenden Silvretta Arena Ischgl(Tirol)/Samnaun(Schweiz) mit ihren 220 Pisten-km entspricht. Wer klug ist, vergnügt sich vor allem auf den Schweizer Hängen – da dort sehr, sehr viel weniger Menschen als auf der Ischgler Seite herum kurven. „75 Duty Free Shops in Samnaun”, wirbt ein Poster unterwegs. Was den beiden Schweizern, die mit uns im Sessellift gerade nach oben schaukeln, völlig egal ist. „Wir wohnen im Urlaub trotzdem lieber in Ischgl.“

Warum?`

„Weil Samnaun so teuer ist im Vergleich zu Ischgl. In Ischgl möchten wir immer 1 Bier trinken. Aber weil es so billig ist, werden es immer 3 – das ist sehr gefährlich…“

Ischgl billig? Die spinnen, die Schweizer. Aber haben aus ihrer Franken-Sicht vermutlich recht.

Der Tagesskipass kostet an diesem Tag 60 Euro (2-Tages-Pass 88 Euro) und beinhaltet heute auch noch: den Eintritt zum großen Top of the Mountain Concert in Ischgl unten mit James Blunt. „Wäre Ischgl ein Planet“, hatte vorher das SkiMAGAZIN geschrieben, „so wohl eine Mischung aus Venus und Mars. Doch vorerst findet erst einmal eine Mondlandung statt:  Folk-Rockstar James Blunt tritt auf – um beispielsweise „Postcards“ und „Bonfire Heart“ aus seinem neuesten Album „Moon Landing“ dar zu bieten. Sicherlich jedoch wird der 40jährige Singer-Songwriter auch Stücke früherer Zeiten zelebrieren und etwa mit seinem 2005er-Welt-Hit „You’re Beautiful“ die Herzen und den Schnee zum Schmelzen bringen.“

Mit diesem Song schaffte der gefühlvolle Ex-Soldat es damals zur Nr. 1 der US-Charts – als erster Brite seit Elton John. Weitere Gemeinsamkeit der beiden: Auch Elton John trat bereits in Ischgl zum Saison-Opening auf – 1995 und 2008.

Wird JB abends sein legendäres Heej-heej-heej-heeeejjjjjj!!! von sich geben? Unter unserem Lift brüllen gerade geschätzte 50 Nikoläuse auf Ski: Hohohohoooo!!!! Teilnehmer der berühmten Klau-Wau-WM von Samnaun, die gleichfalls dieses Wochenende statt findet.

Klasse Skifahren den ganzen Sonnentag, zur Mittagspause im stylischen Pardorama-Restaurant den besten Scheiterhaufen seit der Kindheit verschlungen (wer nicht weiß, was das ist: http://www.lecker.de/rezepte/scheiterhaufen.htm ) – dann ins Tal. Mit der Bergbahn. Denn die Abfahrt ist nicht einmal bis zur Mittelstation möglich. In der Gondel singt eine Männer-Gruppe lauthals grölend:

„Wir lieben Schwänze und keine Buuuusen,
wir sind die Fans von Lever-kuuuuusen…“

Die Kerle kommen aus Köln, wie sich heraus stellt, und wissen noch nicht, dass ihr FC gegen die verhassten Leverkuuuuuuuusener in den nächsten 90 Minuten mit 1:5 eingehen wird.

Unten im Tal wummern bereits andere als Fußballschlachtgesangs-Töne über den Ort: Bass-Probe für Blunt. Der derweil auf einer Pressekonferenz auf die Frage, ob er denn nicht mal auch ein hübsches Weihnachtslied aufnehmen wolle, kühl kontert, X-mas-Songs seien (sinngemäß:) doch nur für jene, deren Karrieren bereits am Arsch seien.

Dann 18 Uhr – Blunts Auftritt. Er spreche nur drei Worte deutsch: „Danke. Danke schään. Vielään Dank!“. Die Mädels kreischen – DREI Worte deutsch! Suuuuper! Die Burschen im Publikum hingegen – voller Skepsis. Blunt, der Schmalzbruder – nichts für sie.

Doch spätestens nach 20 Minuten zucken auch sie mit Armen und Beinen, denn: der eigentliche Softsong-Typ liefert eine derart klasse Show ab, wie wirklich niemand es erwartet hätte. Reißt die mehr als 20 000 mit, brüllt zwischendurch immer wieder das vierte deutsche Wort, das er gelernt hat: „Iiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiischgl!!!!!!!!!“ Und fragt schließlich:

„Iiiiischgl – are you with me?“

Yeeeah, we are.

RSFotoIschglBluntAufBuehne1

Blunt fordert alle auf, in die Hocke zu gehen. Und geschätzte 19 999 kauern sich tatsächlich nieder (einer nicht, „Knieprobleme“, ich) – und springen dann auf Kommando in die Höhe. Die Freiluft-Arena tobt.

RSFotoIschglCarina

Bei You’re beautiful

http://www.youtube.com/watch?v=J43Z9XKj4DA

singen alle Pärchen mit, sich dabei gegenseitig tief in die Augen blickend. You are beautiful. Nun gut, es ist dunkel und man sieht nicht so gut.

RSFotoIschglBluntAufBuehne2

Bei Goodbye my lover

http://www.youtube.com/watch?v=H_Pnxl_hb20

blicken alle Liebeskummergeplagten zu Boden, doch das Zucken ihrer Schultern verrät sie trotzdem.

Weiter, weiter, die nächsten Songs.

Der Tiroler neben uns fragt seinen Spezi, der mit geschlossenen Augen die Hände nach oben reckt und sie wiegt, als vollführe er Tai Chi: „Ja Markus, wos ischn mit Dir los?“

„In bin net do.“

„Wo bischt’n?“

„In Trance.“

„Und wos siegscht?“

„Die Frau, mit der wo i letzts Johr doa war!“

„Und wo is die jetzt?“

„Jetz ist sie neeet do!“

RSFotoIschglBluntFans

Und schließlich der Höhepunkt: James Blunt gibt den Diver! Lässt sich über den Köpfen des Publikums von deren Händen (die sie mindestens zwei Wochen lang nicht mehr reinigen werden) durch die Arena transportieren.

RSFotoIschglBluntDiver

Die Security-Typen drehen schier durch vor Aufregung über Blunts Alleingang.

RSFotoIschglBluntDiverRueckkehrNach dem Konzert – Jubel, Jubel, Jubel, Jubel – fährt der Pop-Star mit der neuen 3-S-Pardatschgrat-Bahn von Ischgl zum VIP-Dinner ins Pardorama-Restaurant auf 2 624 m Höhe. Die neue Aufstiegshilfe (31 Gondeln zu je 28 Personen, höchster Bodenabstand 138 Meter) überwindet dabei 1 251 Höhenmeter – was 3S-„Weltrekord“ bedeutet. Darunter tut es Ischgl nicht. Weltrekord – das passt.

Wenn der Weltrekord-Ort nun clever ist, machen deren Macher es wie jene von Kitzbühel. Dort erhält jeder Gewinner eines Hahnenkamm-Weltcup-Rennens eine Gondel, die seinen Namen trägt. Könnten sie mit der neuen 3 S in Ischgl auch machen. Jede Gondel-Kabine, die von einem der Konzert-Stars benutzt wird, heißt künftig nach ihm. James Blunt wäre ein guter Beginn. Er bleibt bis 22.30 Uhr, ehe er sich wieder in den Ort hinab begibt. Längst hat dort das heiße Nachtleben begonnen.

RSFotoIschglBluntAugen

Sonntag Vormittag. Die große Ruhe nach dem Samstags-Sturm. Alles ist und alle sind sehr viel gedämpfter. Bei vielen ist es mindestens halbvier Uhr morgens geworden. Unweit der Silvrettabahn wird gerade ein Kleinbus mit dem deutschen Autokennzeichen ME  voll bepackt. Heimreise. Drei der sechs Jungs, die gleich den Weg nach Nordrhein-Westfalen antreten werden, sind so grün im Gesicht, als bewohnten sie den Mars und nicht ME-ttmann. (Wobei der Unterschied nicht so drastisch ist.) Hoffentlich haben sie einen Kübel an Bord.

Die Wunden der Nacht, die viele noch im Bett verharren lassen, sorgen dafür, dass es an diesem Vormittag im Gegensatz zum gestrigen Gewimmel heute geradezu paradiesisch menschenleer auf den Pisten ist. Ein sehr, sehr schöner Skitag. Der Tag nach dem berühmtesten Ski-Opening der Welt. Jenem von Ischgl.

Am späten Nachmittag, bei der Talfahrt, singen drei Frauen in der Gondel:

„Danke, für diesen schöööönen Skitag,

danke, für diese Riiiiiiesen-Abfahrt,

danke…“

Ihre Performance soll natürlich eine Parodie auf das Gutmensch-Lied

http://www.youtube.com/watch?v=vIGlT2LhZmw

sein. Aber es klingt so authentisch wahr. Manche summen mit.

Die Jungs aus ME werden inzwischen wohl bereits auf Höhe Frankfurt oder so sein. Und den Kübel bereits einige Male geleert haben.

Jupp Suttner

Infos:

Spezielle Ischgl-Ski-Packages via www.ischgl.com

Region und Land: www.tirol.at , www.austria.info

NOSTALGIE:

SIE MÖCHTEN WISSEN, WIE ES BEIM

ISCHGL-OPENING 2013

MIT NICKELBACK WAR?

Bittesehr – hier der Originalbericht vom letzten Jahr:

FUHREN DIE NICKELBACK-BOYS SKI?

Von Jupp Suttner

Die Jungs von Nickelback, jener legendären Rockband, die bisher 50 Millionen Alben absetzte, wissen ziemlich genau, wie Winter geht. Denn sie stammen aus dem kanadischen Westen. Jetzt traten sie erstmals im Tiroler Westen auf. In Ischgl. Heizten dort am Samstagabend 21 000 ausflippenden Fans mit einem beeindruckend engagierten Open Air-Konzert ein – und behaupteten voller Unschuldsmiene auf die Frage, wie sie denn die Pisten hier so fänden: „Wir dürfen leider nicht Skifahren – stellen Sie sich vor, wenn unseren Händen etwas passiert und die Show abgesagt werden muss!“.

Dabei hatten Menschen, welche in Ischgl die VIP-Skipässe verteilen, uns schon längst verraten, dass zwei Kerle der Band am Freitag heimlich Skifahren (sagten die einen) bzw. Snowboarden (behaupteten die anderen) waren. Wer flunkert da? Ehrlich gesagt schenken wir unseren Ischglern Gewährsmännern größeres Vertrauen. Schließlich existierte ein untrügliches Zeichen dafür, dass ein paar der Nickelback-Boys tatsächlich downhill gezischt waren: das immer noch vorhandene Glitzern in ihren Augen am Samstagmittag!

Denn dieses verräterische Mal trugen nicht nur sie, sondern sämtliche Menschen, die am Wochenende in Ischgl carvten oder wedelten: Weil man sich in einer Art Winterwunderland bewegte – Schnee, Hänge und Präparierung der allerfeinsten Art! Wobei bereits rund 80 % der insgesamt 218 Pisten-km geöffnet waren. Am 20. Dezember kommen 3 000 weitere Meter hinzu – wenn die brandneue Piz Val Gronda E5-Pendelbahn eröffnet wird, die zugleich einige exzellente und bisher nur Insidern vorbehaltene Freeride-Runs offenbaren soll.

Der Name Nickelback rührt daher, dass Band-Boss Chad Kroeger (39 Jahre, im bisherigen Leben 28 Tage in Gefängnissen verbracht) einst bei Starbucks arbeitete und an der Kasse jeweils „Here’s your Nickel back! („Hier ist Ihr Nickel“, ein 5 Cent-Stück, „zurück!“) brüllte. Eine Rückgabe mehrerer Nickels würde man sich auch in Ischgl wünschen – angesichts des Skipass-Preises von 43,50 Euro. Am Samstag freilich war die Tageskarte jeden Nickel wert. Erstens wegen der unbändigen Super-Skifahr-Verhältnisse. Und zweitens – weil in diesem Ticket bereits der Eintritt in das Konzert inbegriffen war. Am 3. Mail folgt das nächste. Angeblich soll Robbie Williams kommen. Der muss mehr auf die Stimme als auf die Hände achten.

 

 

 

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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