Weinstöcke und Olivenbäume säumen die schroffen Hänge rund um den Gardasee. Sein Wasser glitzert wie ein Saphir im Sonnenlicht. Weiße Boote schaukeln sanft auf den Wellen. Die Zinnen der mittelalterlichen Festung recken sich an seinem Ufer empor. Sie gaben dem Örtchen den Namen: Torri del Benaco. Die roten Ziegeldächer drängen sich dicht an dicht entlang des schmalen Küstenstreifens. Oberhalb des malerischen Städtchens liegt der Olivenhain von Paolo Bonomelli. Er hat die 16 Hektar Land am Ostufer des Sees von seinem Großvater geerbt. In den 90er Jahren begann er, das Areal konsequent umzugestalten und systematisch neue Bäume zu pflanzen. Die knorrigen Stämme tragen alle ein farbiges Schild mit einer Nummer. Sie stellen sicher, dass sich die Früchte bei der Ernte nicht wahllos mischen.
Denn Paolo Bonomelli hat die Olivenöl-Produktion zur Kunst erhoben. Wie ein Winzer achtet er genau darauf, welche Früchte sich in der Flasche mischen. Er verfolgt den gesamten Produktionsprozess vom Baum bis zur Vermarktung. Die Ernte erfolgt per Hand, die hauseigene Mühle presst die Oliven kalt, in kleinen Edelstahltanks wartet das hochwertige Öl auf die Flaschenabfüllung. „Qualität ist das Credo des Familienunternehmens“, sagt Manager Riccardo Farabegoli. Fast ehrfürchtig entkorkt er die schlanken Flaschen für die Verkostung. Leicht sähmig rinnt die transparente gelb-grüne Flüssigkeit in die runden Gläser. „Nun bitte die Gläser mit der Hand anwärmen und dann das Öl zwischen die Zähne in den Rachen ziehen“, rät der Fachmann. Das Öl verströmt einen intensiven Geruch nach Mandeln und frisch geschnittenem Gras. Auf der Zunge ist es fruchtig mit einer leicht pikanten Note, im Abgang hinterlässt es einen scharfen Nachklang. Seine Wirkung als Speisenverfeinerer entfaltet es jedoch erst mit den frischen Antipasti. Knackige Karotten und Paprika, Pastasalat, Parmaschinken, Parmesan und Ziegenkäse aus der Region verleiht es einen intensiven Geschmack, ohne sich dabei zu sehr in den Vordergrund zu drängen. Die Olivenbäume ringsum, sie sich immer wieder lichten, um den Blick auf den See freizugeben, geben der Verkostung einen authentischen Rahmen und machen sie zu einem besonderen Genuss.
Die Gegend rund um Bardolino ist jedoch nicht nur für sein ausgezeichnetes Olivenöl, sondern auch für gutes Essen und vor allem seinen Wein bekannt. Besonders stolz ist die Familie Zeni auf ihren vollmundigen Amarone, dessen Trauben auf der hügeligen Nordseite Veronas wachsen. Die Weinberge des kleinen Unternehmens, das in der fünften Generation Reben kultiviert, reichen bis an den Betrieb am Ufer des Gardasees heran. In schnurgeraden Reihen wachsen die Pflanzen auf dem kargen Boden aus Basalt und Geröll. Die niedrigen Gebäude mit der gelbroten Fassade im mediterranen Stil beherbergt nicht nur die Kellerei, sondern auch ein kleines Weinmuseum. Dort sind Gerätschaften der Weinproduktion von Urgroßmutters Zeiten bis heute zu sehen. Hölzerne Pressen, Kiepen und Fässer geben ein Eindruck vom Winzerhandwerk vor Traktoren und Edelstahltanks.
Angenehm kühl ist es im Keller. Die Wände des Schankraums sind bunt bemalt, der Boden mit Terrakotta gefliest, im Hintergrund lagert der Wein in neuen und alten Eichenfässern. Als Aperitif entkorkt Erica Fedrigo zunächst einen Bardolino Chiaretto Spumante. Der fruchtige Sekt in leuchtendem Rosé perlt mit prickelnder Leichtigkeit auf der Zunge. Sein duftig, blumiger Geschmack wirkt erfrischend und belebend. Deutlich schwerer heben sich davon die Rotweine ab. Der Bardolino superiore, der zwölf Monate im Eichenfass gereift ist, hat eine robinrote Farbe und verströmt einen intensiven Duft. Er schmeckt weich und rund nach roten Beeren mit würzigem Aroma. Fast Barock wirkt dagegen der Amarone della Valpolicella. Er ist fast zwei Jahre in französischen Eichenfässern gereift. Mit seiner schweren Würze abgerundet von einer flüchtigen Vanillenote ist er ein Wein für lange Winterabende am prasselnden Kaminfeuer oder ein gehaltvolles Weihnachtsessen mit Wild und üppigen Beilagen. Ein Kontrast zur lauen Luft, die vom See heran weht, den bunten Blumen im Sonnenschein und den zahlreichen Cafés in den kleinen Gassen des malerischen Örtchens, die ihre Tische auf das Kopfsteinpflaster gestellt haben und den Gästen Kaffee und Eis servieren.