Vor dem neuen Urlaubssommer

Trotz Nachfrageausfällen in Krisenländern – die Studienreise ist weiterhin sehr beliebt! Studiosus blickt optimistisch in die Zukunft. Und: Die Sicherheit spielt eine ausgesprochen WICHTIGE Rolle!

Text + Interview: Henno Heintz

Von den rund 50 Millionen Deutschen, die jährlich in Urlaub fahren, zieht es die meisten nach wie vor an den Strand. Doch rund ein Viertel wollen in den Sommerferien nicht faulenzen; sie bevorzugen denErlebnisurlaub, viele eine Studienreise. Bekannt gemacht hat diese Reiseart Werner Kubsch, der Gründer von Studiosus Reisen. 1954, als der Münchner Student Kubsch erstmals eine Touristengruppe im Bus zu den klassischen Stätten Griechenlands führte, sprach  sich das schnell rum. Vor allem unter

Interview mit Peter-Mario Kubsch, Studiosus-Chef
Peter-Mario Kubsch, Studiosus-Chef

seinen Kommilitonen und bildungsbegierigen Lehrern. Die wurden dann auch zu seinen ersten Stammkunden, nachdem er mit seinem “Reisedienst Studiosus” nach Griechenland weitere Länder – wie er es gern formulierte – “geöffnet hatte, um seinen Gästen in einer Rundreise mit festgelegtem Reiseverlauf unter Führung eines erfahrenen, landeskundigen und qualifizierten Reiseleiters ein umfassendes Bild des bereisten Landes zu bieten und Verständnis und Liebe für das besuchte Volk zu wecken.” 1962 kam erstmals ein eigener Katalog heraus. Die Zahl der Teilnehmer klettert rasch nach oben – von 500 im ersten Geschäftsjahr bis auf mehr als 100 000, die heute auf Studienreisen mehr als 100 Länder weltweit entdecken können.

Doch das Geschäft ist schwieriger geworden. Es gibt wohl nur wenige Unternehmen, die so vom Weltgeschehen abhängig sind, wie ein Studienreisen-Veranstalter. Nicht nur in Griechenland – dem Mekka für Bildungsurlauber – ging bei Studiosus in den letzten Jahren die Zahl der Kunden stark zurück. Auch in die arabischen Länder und insbesondere in die Türkei zieht es derzeit weniger Menschen. Peter-Mario Kubsch, der 1983 in die Firma eingetreten war und 1992 von seinem Vater die Leitung von Studiosus übernommen hatte, ist jedoch trotz vieler krisenhafter Ereignisse und anhaltender Nachfrageausfälle sehr zufrieden. Im Gespräch mit reise-stories.de erläutert der Studiosus-Chef kurz vor der aktuellen Sommersaison die augenblickliche Situation und wieso er trotz vieler Hemmnisse optimistisch in die Zukunft blickt.

Herr Kubsch, im letzten Jahr hat Ihr Unternehmen überraschend gut abgeschnitten. Eigentlich erstaunlich bei diesen vielen Krisenherden gerade in den Ländern, die zu den Zielen klassischer Studienreisen zählen

Kubsch: Andere Länder, um die wir uns sehr bemüht haben, sind in die Bresche gesprungen. Ich möchte da besonders die Länder rund um das westliche Mittelmeer erwähnen, in denen wir ein deutliches Buchungsplus erzielt haben. Dies gilt vor allem für Spanien und Portugal

Interview mit Peter-Mario Kubsch, Studiosus-Chef
Südafrika, Simons Town

mit einem Buchungsplus von zehn Prozent und mehr. Und auch in Nordeuropa ging es aufwärts, zum Beispiel in Island um 21 Prozent und in Skandinavien um 17 Prozent. Außerdem ist es uns gelungen, mehr Menschen in andere Weltgegenden zu locken, zum Beispiel nach Südafrika, Kuba und Japan.

Das klingt ja sehr gut und hat sich wirtschaftlich …..

Kubsch: … äußerst positiv ausgewirkt. Im letzten Geschäftsjahr hat unsere gesamte Unternehmensgruppe mit einem Umsatz von rund 262 Millionen Euro ein neues Rekordniveau erreicht. Die Umsatzerlöse stiegen um rund zwei Prozent. Erneut haben dabei 100 000 Reiseteilnehmer mit uns fremde Länder und Kulturen kennengelernt. Sie sehen, die Studienreise ist weiterhin sehr gefragt.

Aber nicht alle Ihre Kunden haben eine klassische Studienreise gemacht

Kubsch: Nein, diese Reiseform hat sich gewandelt. Es gibt viele Varianten, mit denen wir den Wünschen unserer Gäste folgen. Dazu gehört auch, immer wieder Neues zu erproben. Neue Produkte und Service-Leistungen sind für uns unerlässlich.

Können Sie ein paar Beispiele nennen

Kubsch: Gern. 1979 haben wir die Wander-Studienreise in den Markt eingeführt. Mit dem Angebot “Young Line Travel” sprechen wir seit 1995 junge Reisende zwischen 20 und 35 Jahren an; seit 2005 unter

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Die Mezquita von Córdoba

der Marke Marco Polo. 1996 haben wir den Katalog “me and more” für Singles und Alleinreisende erstmals veröffentlicht. Und im selben Jahr als erster deutscher Reiseveranstalter das Rail-and-
Fly-Ticket in den Reisepreis integriert.

Mit dem man ohne Extragebühren mit der Bahn zum Flughafen fahren kann

Kubsch: Ja, so ist es. 2004 kam der erste Katalog “Familienurlaub” heraus für Eltern mit Kindern zwischen sechs und 14 Jahren. Und etwas ganz Besonderes – seit 2010 bieten wir unseren Kunden im Rahmen der Studienreise die Möglichkeit, auf Extratouren individuelle, von Studiosus vorbereitete Programm-Alternativen wahrzunehmen.

In der Tat, das macht deutlich, wie Studiosus mit der Zeit geht und ….

Kubsch: ….. wie gut wir damit liegen. Dies zeigt im Übrigen auch unser Katalog „smart and small”, den wir vor zwei Jahren erstmals aufgelegt haben und der sich an alle richtet, denen ein reiner Badeurlaub zu langweilig und eine Studienreise zu intensiv ist. Wegen der großen Nachfrage mussten wir diesen Katalog für 2017 erneut ausbauen, und zwar um 32 Seiten. Im Angebot sind jetzt über 40 Reisen von Sizilien bis Südafrika, von Andalusien bis Vietnam.

Eine innovative Idee war ja auch die Einführung des Kultimers

Kubsch: Ganz genau. Dieser alle zwei Monate aktuell erscheinende Katalog in einem ungewöhnlich schlanken, also besonders auffallenden Format erfreut sich großer Beliebtheit. Beim Angebot, das vor allem aus Events und Kulturtrips besteht, orientieren wir uns vielfach an aktuellen Ereignissen.

Interview mit Peter-Mario Kubsch, Studiosus-Chef
Kuba – Straßenmusiker

Dabei denke ich jetzt gerade an die Reise auf den Spuren Luthers nach Wittenberg anlässlich des 2017er Gedenkjahrs „500 Jahre Reformation“. Sehr erfolgreich verkaufen wir derzeit auch Reisen mit Besuch der Elbphilharmonie in Hamburg.

Der Erfolg einer Studienreise hängt doch sehr vom Reiseleiter ab

Kubsch: Auf unsere erstklassigen Reiseleiter sind wir besonders stolz; sie gelten als die Besten in der Branche. Das liegt an unserem System der Auswahl, Aus- und Weiterbildung der Studiosus-Reiseleiter, das Teil des Qualitäts-Management-Systems und nach DIN EN ISO 9001:2008 zertifiziert ist. Jährlich unterzieht der TÜV Rheinland als unabhängige Institution diesen Prozess einer Qualitätsprüfung. Wir sind der einzige Studienreiseveranstalter in Europa, der ein solches Zertifikat zur Auswahl, Aus- und Weiterbildung seiner Reiseleiter vorweisen kann. Und das bereits seit 1998.

Interview mit Peter-Mario Kubsch, Studiosus-Chef
Indien -Taj Mahal in Agra
Die Qualität eines Reiseleiters zeigt sich aber doch erst in der Praxis, auf einer Reise

Kubsch: Ja, das stimmt. Und daher lassen wir die Qualität unserer Reiseleiter in erster Linie durch die beurteilen, die es am besten wissen müssen: unsere Kunden. Nach jeder Reise bitten wir unsere Gäste, uns ihre Zufriedenheit mit dem Reiseleiter mittels Fragebogen mitzuteilen. Seit Jahren sind bei mehr als 96 Prozent unserer Kunden die Erwartungen an die Qualität ihres Reiseleiters erfüllt, übertroffen bzw. erheblich übertroffen.

Herr Kubsch, Sie sprachen eingangs von der Studiosus-Unternehmensgruppe. Dazu zählt ja auch der Veranstalter Marco Polo ….

Kubsch: … den wir 2002 zu 100 Prozent übernommen haben. Das Programm ergänzt unser Angebot bestens. Die vier Marco Polo Kataloge mit ihren preisgünstigen Rundreisen sprechen den Kreis unserer Gäste an, die ebenfalls die wichtigsten Sehenswürdigkeiten eines Landes kennen lernen möchten, aber nicht so sehr an den Details interessiert sind, wie sie eine klassische Studienreise vermittelt.

Für Marco Polo gilt doch sicherlich auch die seinerzeit von Ihrem Vater festgelegte Zielsetzung, den Studiosus-Gästen fremde Länder und Kulturen näher zu bringen …

Kubsch: … ihnen ein umfassendes Bild des bereisten Landes zu bieten und Verständnis und Liebe für das besuchte Volks zu wecken. Als Gast in einem fremden Land kann man nur Gastfreundschaft erwarten, wenn man ein guter Gast ist. Dabei geht es vor allem auch um Verständigung.

Interview mit Peter-Mario Kubsch, Studiosus-Chef
Bilbao mit Guggenheim Museum
Was die wenigsten wohl wissen – Studiosus organisiert auch Gruppenreisen nach Maß

Kubsch: Das stimmt. Studiosus bietet neben den “Katalogreisen” auch maßgeschneiderte Reisen für Kunden an, die eine Gruppenreise planen. Bereits 1979 haben wir deshalb die Studiosus Gruppenreisen GmbH gegründet, die heute mit einem Team von 25 Mitarbeitern Gruppen- und Sonderreisen weltweit organisiert, egal wohin die Reise geht.

Herr Kubsch, nochmal zurück zur Studienreise, die ja vielfach in „kritische“ Länder führt. Wie halten Sie es mit der Sicherheit Ihrer Kunden?

Kubsch: Die ist uns sehr wichtig. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in New York haben wir mit dem Aufbau eines eigenen Sicherheits-Management-Systems begonnen.

Was heißt das? Und welche Rolle spielt dabei das Auswärtige Amt, dessen Informationen ja wichtig sind bei Umbuchungen

Kubsch: Das Auswärtige Amt ist sehr wichtig, genügt uns aber nicht. Mit unserem Sicherheits-Management nutzen wir viele weitere Quellen, um die Sicherheitslage in allen von Studiosus angebotenen Reiseländern und den dortigen Hotels zu gewährleisten. Auf dem Flugsektor haben wir eine eigene Sicherheitsliste erstellt, die weit über die Schwarze Liste der Europäischen Union hinausgeht; auf der sind sämtliche Luftfahrtunternehmen aufgeführt, deren Sicherheitsstandards durch die europäischen Luftfahrtbehörden als ungenügend eingestuft werden. Und in den Reiseländern kümmern wir uns darum, dass alle Busfahrer, die unsere Gäste transportieren, die strengen EU-Vorschriften bei den täglichen Lenk- und Ruhezeiten einhalten.

Und wenn Sie ihre Gäste kurzfristig erreichen müssen, weil beispielsweise ein gebuchte Reise nicht durchgeführt werden kann

Kubsch: Dafür haben wir unseren SMS-Notfall-Service, über den wir unsere Gäste per SMS-Versand auf’s Handy jederzeit erreichen.

Interview mit Peter-Mario Kubsch, Studiosus-Chef
Mexiko – Markt in Teotitlan
Kommt es denn oft vor, dass Sie Ihre Gäste erreichen müssen? Und was bieten Sie Ihren Gästen an, deren gebuchte Reise aus Sicherheitsgründen kurzfristig abgesagt werden muss?

Kubsch: Immer wieder gibt es Destinationen, in denen sich die Sicherheitslage unerwartet ändert und wir eine Reise absagen müssen. In solchen Fällen räumen wir unseren Gästen ein kostenloses Umbuchungsrecht ein. Im Übrigen – die Liste der aus „Sicherheitsgründen nicht bereisten Länder und Regionen“ wird regelmäßig von den Studiosus-Sicherheitsexperten aktualisiert und unter www.studiosus.com/Informationen/Reise-sicherheit im Internet veröffentlicht.

Wie kann ich mich sonst informieren?

Kubsch: Ein wichtiger Ansprechpartner bei Fragen zur Reise ist das Reisebüro, bei dem die Buchung erfolgte.

Dann spielt der Reisebürovertreib auch im Internet-Zeitalter bei Studiosus eine wichtige Rolle

Kubsch: Der steht bei unserem beratungsintensiven Produkt nach wie vor an erster Stelle. Wir arbeiten mit mehr als 6400 Reisebüros in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen.

Und online ….

Kubsch: … müssen wir natürlich im Auge behalten. Wir investieren deshalb entsprechend. Allerdings beschreiten wir diesen Weg so, dass unsere Reisebüropartner mit eingebunden sind. So haben unsere Gäste immer die Möglichkeit, ihre Buchung auch in dem Reisebüro ihrer Wahl abzuschließen.

Interview mit Peter-Mario Kubsch, Studiosus-Chef
Thailand – auf den Reisefeldern
Wie viele Reisen werden online gebucht?

Kubsch: Etwa  15 Prozent unsere Gäste buchen direkt, also online. Das heißt  aber auch, dass 85 Prozent immer noch ins Reisebüro gehen. Aber ganz gleich ob online oder stationär: Wesentlich ist, dass das Produkt stimmt. Das bedeutet, wie ich anfangs bereits ausgeführt hatte, die Wünsche unserer Kunden rechtzeitig zu erkennen und in jeder Hinsicht zu erfüllen. Bisher haben wir das immer geschafft, auch in Zeiten, in denen die weltpolitische Lage einen Studienreisen-Veranstalter vor neue Herausforderungen stellt. Mit unseren beiden starken Veranstaltermarken Studiosus und Marco Polo, der großen Angebotsbreite mit über 100 Ländern weltweit und unserer langjährigen Erfahrung im Sicherheitsmanagement sind wir bestens aufgestellt.

INTERVIEW: Henno Heintz


Informationen:
Das Gesamtangebot umfasst über 1000 Routen in mehr als 100 Ländern weltweit. Am Firmensitz in München sind derzeit 320 Mitarbeiter beschäftigt, davon 26 Auszubildende. Zudem arbeitet Studiosus mit 570 Reiseleitern weltweit zusammen. Gegründet wurde das Familienunternehmen am 12. April 1954. Internet: www.studiosus.com (die Bilder beziehen sich alle auf Reise von Studiosus und stammen größtenteils aus dem Foto-Archiv des Veranstalters).

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Hinweis: Dieser Beitrag wird regelmäßig von Mitgliedern der Reise-Stories Redaktion wie Heiner Sieger, Gerhard Fuhrmann und Jupp Suttner auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft. Falls Sie Anmerkungen zu diesem Beitrag haben, kontaktieren Sie bitte direkt hier die Redaktion.

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